"Israel rückt mit Bodentruppen in den Gazastreifen ein", meldet Gazet van Antwerpen. "Vor möglicher Bodenoffensive: Israel ruft zur Flucht nach Süden auf – Debatte um Umgang", so das GrenzEcho. "Israel bereitet sich auf Invasion des Gazastreifens vor – Armee ruft eine Million Palästinenser auf, dringend in den Süden zu gehen", liest man bei De Tijd. "Die unmögliche Evakuierung", schreibt Le Soir dazu. "Auf der Flucht, aber wohin?", fragt Het Belang van Limburg auf Seite eins.
Wenn die Bewohner des Gazastreifens tatsächlich in den Süden des Gebiets flüchten, dann könnte das auf eine ethnische Säuberung hinauslaufen, schreibt De Morgen in seinem Leitartikel. Falls sie nicht flüchten, droht allerdings die gleiche Gefahr. Israel bereitet eine Bodenoffensive vor und treibt die Palästinenser in Richtung Ägypten. Ägypten aber lässt die Grenze zu Gaza geschlossen und ruft die Palästinenser zum Bleiben auf – genauso wie die Hamas. Dadurch bleiben die Bewohner des Gazastreifens ein menschlicher Schutzschild.
Wenn es tatsächlich zu einer neuen Vertreibung der Palästinenser kommen sollte, dann haben die politisch Verantwortlichen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Europa den Weg dafür geebnet. Sie haben Israel im Prinzip eine "carte blanche" gegeben. Von Staatenlenkern sollte man doch eigentlich erwarten, dass sie große Krisen angehen, anstatt sie zu befeuern. Aber stattdessen entscheiden sich die Verantwortlichen oft bis hinunter zur lokalen Ebene deutlich für eine Seite, sprich für Polarisierung. Gestern hat Premier De Croo Israel dazu aufgerufen, das internationale Recht zu respektieren. Das hätte früher und deutlicher kommen müssen, kritisiert De Morgen.
Internationales Eingreifen und Frieden
Der Konflikt in Nahost muss international gelöst werden, fordert Le Soir, Israelis und Palästinenser haben oft genug bewiesen, dass sie dazu nicht in der Lage sind. Dafür wird es auch mehr als nur Worte brauchen: Europa darf nicht nur Präsenz zeigen und sich auf Geld und Hilfsgüter beschränken, es muss aktiv beim Wiederaufbau mitwirken – auch in Gaza. Wenn schon nicht aus Nächstenliebe gegenüber Palästinensern und Israelis, dann doch aus Eigeninteresse. Denn die Schockwellen aus Nahost erreichen auch die Nachbarländer und werden selbst die Straßen von Brüssel, Amsterdam und Paris nicht verschonen. Europa muss sich für den Frieden engagieren – das ist keine Frage der Solidarität, sondern der Verantwortung, meint Le Soir.
Dieser Teufelskreis aus Gewalt und Blut muss endlich durchbrochen werden, appelliert La Libre Belgique. Es führt kein Weg daran vorbei, dass sich die legitimen Vertreter beider Lager eines Tages an einen Tisch setzen müssen. Sie werden sich mäßigen und verständigen müssen. Der einzige mögliche Ausweg aus dem Konflikt ist eine Zweistaatenlösung, die zwei unabhängige und lebensfähige Länder hervorbringt und die Sicherheit beider Völker garantiert. Die internationalen Mächte müssen dabei helfen und Palästinenser und Israelis anspornen, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Dafür werden alle Beteiligten zurückstecken müssen. Aber wenn weiter auf Krieg statt Frieden gesetzt wird, werden sich die Gräueltaten der letzten Tage nur wiederholen, ist La Libre Belgique überzeugt.
Der Feind muss klar beim Namen genannt werden
Selbst wenn manche im linken politischen Spektrum Probleme haben, die Worte über die Lippen zu bringen: Der Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober muss auf Schärfste verurteilt werden, kommentiert La Dernière Heure. Diese Gräueltaten verlangen eine Antwort – und zwar eine militärische. Allerdings darf diese Antwort nicht unbegrenzt und wahllos ausfallen: Die totale Blockade des Gazastreifens und der Befehl, dass sich über eine Million Menschen in weniger als einem Tag bewegen sollen, ist schlicht eine Überreaktion, die den Hass nur noch weiter befeuern wird. Nach den Anschlägen vom 11. September haben die Vereinigten Staaten ebenfalls überreagiert, sie wollten sich rächen, die Nachwehen dieses Vorgehens sind bis heute im Nahen Osten zu spüren. Israel darf nicht die gleichen Fehler begehen, die internationale Gemeinschaft muss das dem Land auch klarmachen.
Der islamische Dschihad hat gestern aber auch viel näher wieder getötet, in einer Schule quasi vor unserer Haustür, im nordfranzösischen Arras. Von Hamas bis Arras können wir nur eine Schlussfolgerung ziehen: Die Barbarei ist zurück. Und der Feind muss klar beim Namen genannt werden: Es ist der radikale Islamismus, donnert La Dernière Heure.
L'Avenir betrachtet den neuen Gaza-Krieg im globalen, geopolitischen Kontext: Schon allein der Geiseln wegen hat Israel gar keine Wahl, es muss in den Gazastreifen einrücken. Die Hamas feuert im Gegenzug weiter Raketen auf Israel ab. Im Norden des Landes, an der Grenze zum Libanon, finden derweil bereits Artillerieduelle statt und wird ein Eingreifen der Hisbollah befürchtet. Und mit Syrien beginnt sich auch ein weiterer Erzfeind des Staates Israel zu rühren. Syrien ist natürlich mit dem Iran verbündet und auch mit Russland.
Wladimir Putin reibt sich derweil die Hände und wird zweifelsohne alles unternehmen, um den Hass zwischen Israel und seinen Feinden anzustacheln, wobei er vor allem die Verbündeten Israels im Westen im Visier hat. Niemand weiß, wie weit dieser Konflikt noch um sich greifen wird, aber mit dem Ukraine-Krieg im Hintergrund reicht eine falsche Bewegung, um einen Flächenbrand auszulösen, befürchtet L'Avenir.
Wissen, wofür man stimmt
Het Laatste Nieuws befasst sich mit einem ganz anderen Thema, nämlich mit der linksextremen PTB-PVDA und dem rechtsextremen Vlaams Belang: Bei der großen Debatte über Regierungserklärung und Haushalt hat die Fraktionsführerin der PTB, Sofie Merckx, angekündigt, dass sich Belgien bei einer Regierungsbeteiligung der PTB nicht mehr an die Haushaltsregeln der Europäischen Union halten wird. Die PTB werde öffentlich gegen die Regeln rebellieren, die Belgien die Zugehörigkeit zur Eurozone erlauben. Aber damit nicht genug: Die PTB werde bei Regierungsverhandlungen auch ein Ende der Mitgliedschaft Belgiens in der Nato auf den Tisch legen, so Merckx weiter.
Auch wenn beides eher nicht die großen Themen sein werden, die den Wahlkampf beherrschen werden, so sind sie langfristig doch von großer Bedeutung. Die Menschen müssen sich klarmachen, dass es schlecht bestellt sein wird um unseren Wohlstand und unsere Sicherheit, wenn Belgien nicht in größere Blöcke wie EU und Nato eingebunden bleibt.
Der Vlaams Belang gibt sich zwar etwas pragmatischer, ist aber mindestens genauso europaskeptisch wie die PTB. Glauben die vielen Wähler dieser Parteien wirklich, dass ihr Leben so viel besser und sicherer sein wird ohne die militärische Macht der USA und die Wirtschaftskraft der EU im Rücken? Wissen, wofür man eigentlich stimmt, das wird 2024 wichtiger werden denn je, warnt Het Laatste Nieuws.
Boris Schmidt