"Septembererklärung: Einigung bringt erst einmal Ruhe", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Septembererklärung von Jambon: Wohlstand ist der rote Faden im Haushalt", titelt das GrenzEcho. "Die flämische Regierung schlägt ein Loch von 2,6 Milliarden, Sparen ist vor allem für die nächste Regierung", so der Aufmacher bei Het Nieuwsblad.
Die Septembererklärung von Ministerpräsident Jan Jambon klang vor allem nach einer Zusammenfassung zusätzlicher Ausgaben, deren Sinn nicht immer ersichtlich ist, kommentiert De Standaard. Die Liste der Einsparungen war hingegen unerwartet kurz. In einem Wahljahr will die Regierung dem Wähler ganz eindeutig keine zusätzlichen Steuern oder Sparmaßnahmen zumuten. Dass die Septembererklärung dieses Jahr ohne größere Dramen zustande gekommen ist, ist aber auch keine Garantie für ein erfolgreiches letztes Jahr der aktuellen Regionalregierung. Denn Geld verteilen ist ja immer einfach.
Das eigentliche Problem, über das aber niemand sprechen will, ist das Stickstoffabkommen, das noch immer wie ein Damoklesschwert über der Regierung Jambon hängt. Um aus dieser Bredouille herauszukommen, wird es auch mehr brauchen, als Rechenspiele um alle glücklich zu machen. Es wird zum Beispiel Mut nötig sein, um zu tun, was getan werden muss, und Einsichten, was die Flamen wollen für ihre Natur, Landwirtschaft und Industrie. Das Gutachten des Staatsrats wird für Anfang Oktober erwartet, dann wird die flämische Regierung das Stickstoff-Dossier nicht länger ignorieren können. Dann werden wir auch sehen, was diese Regierung wirklich noch wert ist, schreibt De Standaard.
Übervolle Gefängnisse und um sich greifende Gewalt
La Libre Belgique greift in ihrem Leitartikel die Überbelegung der belgischen Gefängnisse auf: Belgien gehört zu den europäischen Ländern mit den schlimmsten Überbelegungszahlen. Eigentlich würde man also erwarten, dass die Behörden so stark wie möglich auf alternative Strafen setzen, um den Druck auf die Gefängnisse zu verringern – so wie es der Zentrale Aufsichtsrat für das Gefängniswesen und zahlreiche internationale Institutionen empfehlen. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall: Die Regierung besteht darauf, dass selbst kürzeste Strafen verbüßt werden.
Es ist zwar richtig, dass Gefängnisse die Gesellschaft schützen und Verbrecher bestrafen sollen. Es ist aber nicht ihre Aufgabe, die Insassen durch unzumutbare und eines zivilisierten Landes unwürdige Zustände kaputtzumachen. Ein Gefängnisaufenthalt soll Straftäter auch auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft vorbereiten und Rückfälle verhindern. Das wird aber nicht gelingen, indem man drei Menschen in eine Zelle sperrt, die für einen vorgesehen ist. Ist das denn so schwer zu verstehen?, ärgert sich La Libre Belgique.
La Dernière Heure beschäftigt sich mit der Gewalt, der sich immer mehr Menschen im Rahmen ihrer Arbeit ausgesetzt sehen, zum Beispiel in Restaurants, Krankenhäusern oder bei Hilfsdiensten: Dieses Problem darf nicht ignoriert werden. Gleichzeitig muss die Antwort auf das Phänomen aber gut durchdacht werden, um die Spirale der Gewalt nicht noch weiter anzuheizen. Verschiedene Parteien haben sich des Themas auch schon angenommen für den Wahlkampf. Die frankophonen Liberalen von der MR etwa fordern ein hartes Durchgreifen mit mehr Überwachungskameras, mehr Polizeipatrouillen und strengeren Strafen. Das mag zwar kurzfristig einige Probleme lösen, langfristig könnte diese Strategie aber zu weiteren gesellschaftlichen Konflikten führen und schon schwierige Situationen noch schwieriger machen. Gleichzeitig muss man aber auch eine gewisse linke Naivität vermeiden, die glaubt, alles mit Erziehung und wohlwollendem Zuhören lösen zu können. Es ist gut, dass sich die Parteien mit dem Problem beschäftigen. Aber hoffen wir, dass sie das gemessen und nuanciert tun werden, so La Dernière Heure.
Die Verantwortung des Zuschauers
Le Soir befasst sich mit der vorläufigen Einigung im Streik der Hollywood-Drehbuchautoren: Die Streikbewegung illustriert eine Welt im Wandel und die Probleme, die die digitale Revolution gerade im Unterhaltungssektor mit sich bringt. Dieser Streik ist auch der längste in der Geschichte Hollywoods und er zeigt, wie weit die Glamourwelt der Stars von der Realität vieler Menschen in der Industrie entfernt ist.
Die Traumfabrik, die 440.000 Personen direkt beschäftigt, verbraucht Menschen und spuckt sie wieder aus, sie "uberisiert" die Arbeit der Drehbuchautoren, zwingt sie zu Fließbandbandarbeit und zahlt niedrige Pauschalbeträge trotz des Erfolgs der Produkte. Auch wir als Zuschauer tragen hier eine Verantwortung: Sind wir wirklich bereit, uns zu jedem Preis unterhalten zu lassen?, kritisiert Le Soir.
Kaum Lärm um Lärm
De Morgen lanciert heute gemeinsam mit der Universität und dem Universitätskrankenhaus Antwerpen eine große Umfrage unter seinen Lesern zur Lärmbelastung. Denn laut der Weltgesundheitsorganisation ist Lärm nach Luftverschmutzung die zweithäufigste umweltbedingte Ursache für Gesundheitsprobleme, kommentiert die Zeitung. Pro zehn Dezibel mehr Verkehrslärm steigt etwa das Risiko, an einem Herzanfall zu sterben, um 4,3 Prozent. Die Europäische Umweltagentur schätzt, dass pro Jahr 12.000 Menschen in Europa vorzeitig sterben durch Lärm.
22 Millionen Europäer sollen außerdem durch den ständigen Krach unter Stress leiden, bei 6,5 Millionen Personen soll er für chronische Schlafprobleme verantwortlich sein. Die Zahlen sprechen also für sich. Aber trotzdem steht Lärm nicht besonders weit oben auf der politischen Agenda. Höchste Zeit also, sich damit zu beschäftigen, fordert De Morgen.
Boris Schmidt