"Lou Deprijck ('Ça plane pour moi') ist tot", meldet das Grenzecho. "Die Hitmaschine dreht nicht mehr", trauert Gazet van Antwerpen. "Lou Deprijck hatte noch mehr Frauen als Welthits", hebt Het Laatste Nieuws hervor. "Belpop-Legende Lou Deprijck: Abschied vom 'hedonistischen Schreck der Vernünftigen'", titelt De Morgen. "Ruhe in Frieden, Lou: 'ein genialer Clown, der das Leben geliebt hat'", so La Dernière Heure auf Seite eins.
In den Leitartikeln geht es aber erneut vor allem um die Flüchtlingsproblematik: Uns steht keine Flüchtlingskrise bevor, wir stecken schon mittendrin, kommentiert La Dernière Heure. In wenigen Tagen sind 11.000 Migranten auf Lampedusa angekommen, für 2023 reden wir für die italienischen Küsten schon von 125.000 Flüchtlingen – doppelt so viel wie 2022. Die Zahlen spiegeln das Versagen der europäischen Flüchtlingspolitik wider. Belgien leistet dabei schon mehr als andere Länder. Aber auch Belgien ist überfordert mit der Zahl der ankommenden Flüchtlinge, was zu Panikfußball führt wie bei der Unterbringung alleinstehender männlicher Flüchtlinge. Kriege und die Klimaerwärmung werden noch mehr Menschen nach Europa treiben, wir brauchen endlich einen effizienten Flüchtlings- und Migrationspakt, fordert La Dernière Heure.
Schlechte Nachrichten für von der Leyen und de Moor
De Standaard blickt auf eine der Schlüsselfiguren der aktuellen EU-Flüchtlingspolitik, den tunesischen Präsidenten Kais Saied. Laut Medienberichten hat Saied seinen Sicherheitsbehörden den Befehl gegeben, 2.000 afrikanische Flüchtlinge, die sich in Tunesien aufhalten, zusammenzutreiben und an die Küste zu bringen, von wo aus sie nach Europa aufbrechen sollen. Wahrscheinlich tut Saied das, um die EU unter Druck zu setzen, damit sie ihm die im Migrationsdeal vorgesehenen Millionen zahlt. Saied hat außerdem gerade erst durch antisemitische Verschwörungstheorien im tunesischen Fernsehen für Aufsehen gesorgt. Der Mann, der uns mit unseren Flüchtlingsproblemen helfen soll, ist also ein mental labiler Erpresser, das sind schlechte Nachrichten sowohl für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen als auch für Asylstaatssekretärin Nicole de Moor, hält De Standaard fest.
De Standaard und Le Soir veröffentlichen heute auch einen offenen Brief von rund 30 belgischen Juraprofessoren. Darin kritisieren die Rechtsexperten scharf die Reaktion von Asylstaatssekretärin Nicole de Moor auf die Entscheidung des Staatsrats, dass es illegal ist, alleinstehenden männlichen Flüchtlingen die Unterbringung zu verweigern. Das passiert nicht im illiberalen Ungarn, nicht im von Rechtsextremen regierten Italien, nicht in Polen, das seinen Richtern Maulkörbe verpasst, erinnert Le Soir in seinem Leitartikel. Das passiert auch nicht in einem Belgien, das von der N-VA regiert wird mit einem Asylstaatssekretär Theo Francken, der internationale Abkommen ignoriert hat. Nein, es ist eine CD&V-Staatssekretärin, die die Justiz unseres Landes mit so viel Herablassung behandelt. Eine Staatssekretärin in einer föderalen Regierung, die nur linke und gemäßigt rechte Parteien umfasst. Die Regierung sollte in den Spiegel schauen, wir sind ein Schurkenstaat geworden. Die Regierung hat hier eine brandgefährliche Bresche geschlagen und sich in eine Position manövriert, in der sie weder anderen belgischen Parteien noch anderen Ländern noch Vorhaltungen machen kann, wettert Le Soir.
Gefängnisse: "Auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch"
L'Avenir befasst sich mit dem neuen Bericht des Zentralen Aufsichtsrats für das Gefängniswesen. Erste Feststellung: Die Zahl der Gefängnisinsassen in Belgien wächst weiter. Zweite Feststellung: Die Haftanstalten leiden nach wie vor unter Überbelegung. Neue Elemente enthält der Bericht also nicht – und gerade das macht betroffen. Obwohl Belgien bereits mehrfach deswegen verurteilt und angeprangert worden ist, ändert sich nichts. Wie schon das lateinische Sprichwort sagt: "Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch." Die Gefängnisse reihen sich ein in den Reigen der Mängel und des Versagens unserer Gesellschaft, beklagt L'Avenir.
Het Nieuwsblad greift die Nachricht auf, dass vorerst keine Kameras zum Einsatz kommen werden, um Handy-Sünder am Steuer zu erwischen: Still und heimlich ist der Plan beerdigt worden, wegen angeblicher Datenschutzbedenken. Dabei gibt es in Belgien doch zehntausende Überwachungskameras, die uns auf Schritt und Tritt verfolgen und ausspionieren. Das wäre ein Grund, um sich Sorgen zu machen, gerade auch, weil viele dieser Kameras ohne triftigen Grund installiert worden sind, um den Bürgern ein falsches Gefühl der Sicherheit zu geben. Aber daran stört sich kein Politiker. Laut dem Verkehrssicherheitsinstitut Vias verursachen Handys am Steuer pro Jahr 4.500 Verkehrsunfälle mit Personenschaden, 50 Menschen sterben dabei. Kameras können dabei helfen, das zu verhindern – in anderen Ländern tun sie das auch schon, ohne dass die Privatsphäre der Autofahrer dadurch gefährdet wird. Aber in Belgien hört man die gleiche alte Leier, sind die Freiheit und die Zufriedenheit der Autofahrer wieder mal wichtiger als Menschenleben. Beim nächsten Verkehrstoten wegen Handy-Nutzung am Steuer kann die Regierung dann ja wieder eine neue Sensibilisierungskampagne starten, die auch wieder nichts bringen wird, empört sich Het Nieuwsblad.
Das abschreckende Beispiel Siegfried Bracke
Gazet van Antwerpen beschäftigt sich mit Siegfried Bracke: Der ehemalige Kammervorsitzende ist streng genommen ja kein Politiker mehr, 2024 wird er für die N-VA auf keiner Liste stehen – was seine Partei wohl erleichtert aufatmen lässt. Denn Bracke verfügt ganz offensichtlich nicht einmal über das Mindestmaß an Empathie, das notwendig ist, um Politiker zu sein. Als herauskam, dass er als Ex-Kammervorsitzender zwei Jahre lang eine höhere Rente bekommen hat, als gesetzlich erlaubt ist, hat er das vehement verteidigt und tut das noch immer. Er hat sich auch immer geweigert, das Geld zurückzuzahlen. Jetzt geht er aber noch einen Schritt weiter: Er will die PTB-PVDA vor den Richter zerren, weil sie ihm eine Selbstbedienungsmentalität vorgeworfen haben. Womit er ja Recht haben mag, aber er fügt der Politik, dem Parlament und den Wählern damit großen Schaden zu. Bracke hat der Politik sicher keinen Dienst erwiesen – jetzt kann er nur noch als abschreckendes Beispiel dienen, so das gnadenlose Urteil von Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt