"Marokko: Der Geruch von Staub und Tod", titelt Le Soir. "Unendliche Trauer", schreibt Het Laatste Nieuws auf Seite eins. "Hunderte Menschen liegen noch unter den Trümmern", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen.
Die meisten Zeitungen blicken weiter nach Marokko, wo Rettungskräfte nach dem verheerenden Erdbeben immer noch nach Überlebenden suchen. "Die Not ist groß, aber die Hilfe kommt zu spät", beklagt Het Nieuwsblad. Marokko hat ja bislang nur Helfer aus vier Staaten ins Land gelassen. La Libre Belgique stellt sich auf Seite eins die Frage nach dem Warum. Offiziell heißt es dazu in Rabat, dass man ein Chaos vermeiden und entsprechend die Hilfen vernünftig koordinieren wolle.
"Ist Marokko zu wählerisch in Bezug auf internationale Hilfe?"
"Ist Marokko wirklich zu wählerisch in Bezug auf internationale Hilfe?", fragt sich auch Le Soir in seinem Leitartikel. Dass man in Rabat die Angebote zahlreicher Länder ausgeschlagen hat, das sorgt für ein Malaise. Und das vor allem in Frankreich, wo bereits wild über die Frage spekuliert wird, was wohl der Hintergrund für die Weigerung sein könnte. Nun, an der offiziellen Darstellung kann was dran sein: Es gibt zahllose Beispiele dafür, dass eine unkoordinierte Katastrophenhilfe für ein Riesenchaos sorgen kann. Und Marokko ist schließlich ein souveränes Land, das durchaus selbst entscheiden kann, was es für richtig hält. Dennoch mag angesichts des unendlichen Leids im Erdbebengebiet die Frage erlaubt sein, ob Marokko nicht doch auf die Hilfsangebote hätte eingehen sollen.
Willkommen in Absurdistan!
Die starre Haltung der marokkanischen Behörden sorgt in jedem Fall für enormen Frust, ist Het Belang van Limburg überzeugt. Dies auch innerhalb der marokkanischen Gemeinschaft in Frankreich und in Belgien. Für die Ablehnung ausländischer Hilfe mag es geopolitische Gründe geben: Marokko beansprucht das Gebiet Westsahara, und wird dabei von Spanien unterstützt, nicht aber von Frankreich. Es gibt aber auch Experten, die hinter alledem schlicht Unvermögen vermuten: Auch in Normalzeiten sind die Behörden im Atlasgebirge abwesend. Wie soll man da internationale Helfer koordinieren, wenn man das Gebiet selbst eigentlich gar nicht kennt?
La Dernière Heure nennt das Verhalten der marokkanischen Behörden schlicht und einfach lächerlich. In Bezug auf Belgien wird etwa ein angebliches diplomatisches Missverständnis vorgeschoben. Grob gesagt wird die Hilfe verweigert, weil das belgische Angebot nicht der gebotenen Form entspreche. Willkommen in Absurdistan! Bei einer solchen Tragödie sollte man vielleicht mal sein Ego beiseite lassen.
Mögliche "Nachbeben" nicht auszuschließen
La Libre Belgique plädiert ihrerseits für Mäßigung. Wer sagt denn, dass Marokko nicht in einer zweiten Phase durchaus auf die Hilfsangebote allen voran aus Frankreich oder Belgien eingehen wird? Wer sind wir, dass wir den Behörden in Rabat vorschreiben wollen, wie sie sich zu verhalten haben? Ist das nicht Ausdruck eines Kolonialdenkens, einer moralischen Bevormundung? Anders gefragt: Würden wir dieselbe Diskussion führen, wenn es sich hier um eine Katastrophe in Frankreich handelte?
In jedem Fall pokert das Regime in Rabat hoch, glaubt Het Nieuwsblad. Marokko mag hier seine Unabhängigkeit als Nation unter Beweis stellen wollen. Und wer weiß? Vielleicht reiht sich das Land damit nur ein in die anti-westlichen Tendenzen, die so ein bisschen überall auf dem Kontinent zu beobachten sind. In jedem Fall besteht die Gefahr, dass da andere in die Bresche springen. Konkret: Dort, wo westliche Hilfe nicht ankommt, könnten extremistische Gruppen die Lücke füllen. In der Vergangenheit hat man so etwas schon häufiger gesehen; die traurigsten Beispiele sind Länder wie Afghanistan, Somalia oder Jemen. Der Umgang mit der Krise durch das Regime in Marokko kann in der Zukunft noch für viele unerwartete Nachbeben sorgen.
Scheitern eines ideologisch motivierten Experiments
Einige Blätter beschäftigen sich mit dem Gehalt des neuen Postchefs Chris Peeters. Zählt man all seine Bezüge inklusive der Bonuszahlungen zusammen, dann wird Chris Peeters pro Jahr rund 1,2 Millionen Euro verdienen. Diese Summe ist fast doppelt so hoch wie der Lohndeckel, den die Regierung Di Rupo vor ziemlich genau zehn Jahren festgelegt hat.
Dass diese Obergrenze jetzt de facto endgültig Geschichte ist, das ist eine gute Sache, findet De Tijd in ihrem Kommentar. Spitzenkräfte haben nun mal ihren Preis. Bei Bpost und auch bei Proximus hat sich der Lohndeckel jedenfalls als Fehler erwiesen. Wenn da auch andere Faktoren mitgespielt haben können, so muss man doch feststellen, dass der Börsenwert beider Unternehmen seit der Einführung der Gehaltsobergrenze geschmolzen ist wie Schnee in der Sonne. Dieses ideologisch motivierte Experiment ist gescheitert. Was lernen wir daraus? Die Politik soll sich aus der Besoldung von Topmanagern in börsennotierten Unternehmen heraushalten.
Transparenz von vornherein nötig
De Standaard beklagt die mangelnde Transparenz in dieser Geschichte. Was der neue Postchef im Einzelnen verdienen wird, das wurde nur tröpfchenweise bekannt. Die zuständige Föderalministerin Petra De Sutter hat sich dazu nie klar geäußert. Gewiss: Über Sinn oder Unsinn millionenschwerer Managerbezüge kann man genüsslich streiten. Fakt ist aber auch, dass Bpost einen Mann wie Chris Peeters mit seinen unbestrittenen Qualitäten brauchen kann. Und das ist letztlich ja auch im Interesse der Anteilseigner, also vor allem des Staates, und auch des Personals. So sensibel das Thema für eine grüne Ministerin auch sein mag, Petra De Sutter hätte besser von vornherein Klartext geredet und offensiv kommuniziert.
Roger Pint