"Polizeieinsatz: Tod eines Quadfahrers sorgt für Krawalle – Protest in Oupeye und Herstal", meldet das GrenzEcho auf Seite eins. "Der Tod eines Quadfahrers, der von der Polizei erschossen worden ist, setzt Oupeye und Herstal in Brand", titelt Le Soir. "Erschossener Mann in Oupeye: Das Komitee P ermittelt", so L'Avenir. "Die Untersuchung zum Tod von Domenico beginnt diesen Montag", ergänzt La Dernière Heure.
Einerseits reden wir von einem jungen Mann, der sich geweigert hat, einer Anweisung der Polizei Folge zu leisten und der einen Polizisten mit seinem Quad umgefahren hat, kommentiert La Dernière Heure. Andererseits aber auch von überstürzten Schüssen auf den Fahrer, Domenico ist mit einer Kugel im Kopf gestorben. Mehr steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest, die genaueren Umstände müssen noch untersucht werden. So oder so ist es ein Drama: Ein Mann ist gestorben. Wer trägt die Verantwortung daran? Ein junger Mann, der sich weigert, der Polizei Folge zu leisten? Oder die Polizisten, die vielleicht dazu neigen, zu schnell zur Waffe zu greifen? Kein Krawallmacher kennt die Antwort auf diese Frage. Kein angezündetes Auto, keine Zerstörung, keine Ausschreitung wird zur Lösung dieses grundsätzlichen Problems beitragen, das unsere Gesellschaft schon seit Jahren hat: dem Vertrauensverlust zwischen einem Teil der Jugend und der Polizei. Und niemand wird etwas daran ändern können, wenn sich nicht beide Seiten ihrer Verantwortung stellen, ist La Dernière Heure überzeugt.
Kein verantwortungsbewusster Bürger sollte sich weigern, einer Anweisung der Polizei nachzukommen, unterstreicht L'Avenir. Aber dennoch stellen sich erneut ernste Fragen nach der Verhältnismäßigkeit. Das Komitee P wird der Sache in den kommenden Monaten nuanciert und mit Umsicht auf den Grund gehen. Das wird den Tod des jungen Mannes aber nicht ungeschehen machen, genauso wenig wie die Krawalle der letzten drei Nächte. Bei der notwendigen Debatte darf es nicht darum gehen, für oder gegen die Polizei zu sein – die Polizei gehört zum Arsenal des Rechtsstaats, um geltendes Recht durchzusetzen. Aber man darf sich fragen, ob die Beamten gut genug geschult und ausgebildet sind im Umgang mit dem ständigen Stress und einer immer gewalttätigeren Gesellschaft, so L'Avenir.
Mobbing-Videos: Empörung ja, Eingreifen nein
Het Belang van Limburg greift die Polemik um brutale Mobbing-Videos unter Kindern und Jugendlichen in Flandern auf: Mobbing hat es immer gegeben – unter Kindern, Teenagern, Erwachsenen und älteren Menschen. Durch das Filmen ist es aber schwieriger geworden, dem jemals zu entkommen. Die Videos haben sogar eine Reaktion von Elon Musk provoziert – auf dem Umweg über einen auf rassistische Inhalte spezialisierten Account und Vlaams-Belang-Chef Tom Van Grieken. Angesichts der unzähligen Reaktionen und Ruhm bis nach Amerika dürften sich die Täter jetzt größer denn je fühlen. Aber auch die Mobbing-Opfer sind so vor den 153 Millionen Followern von Elon Musk weiter erniedrigt worden. Denn niemand hat sich die Mühe gemacht, ihre Gesichter unkenntlich zu machen – dann würde man ja nicht sehen, dass das Opfer aus Zelzate blond ist und seine Peiniger nicht. Musk mag sich auch entrüstet geben, eingreifen wird er aber nicht. Im Gegenteil: Bald wird man auf seiner Plattform "X", früher Twitter, nicht einmal mehr Gewalt- und Hass-Accounts blockieren können. Je roher, je mehr Fake News, je mehr Hass, je mehr persönliche Angriffe, desto mehr Klicks bekommt Musk. Diese toxische Atmosphäre wird dann zurück ins reale Leben kopiert, wo sie zu neuen Taten führt, die dann wieder ins Netz gestellt werden – eine unendliche Geschichte, schreibt Het Belang van Limburg.
Was für ein Land!
Het Laatste Nieuws befasst sich mit der allgegenwärtig scheinenden Politikmüdigkeit und Unzufriedenheit: Was für ein Land, in dem die Hälfte von allem, was wir erwirtschaften, an den Staat geht! In dem es nicht genug bezahlbare Krippen-, Altersheim- und Betreuungsplätze für Kinder mit Behinderungen gibt! In dem die Zuständigkeiten so zersplittert sind, dass nichts mehr geht! In dem Bahnhöfe Kriegsgebieten gleichen! In dem der Staat Langzeitkranke nicht zu packen kriegt, aber gegen Frauen gewettert wird, die sich um Kinder und Haushalt kümmern! Eine Liste, die sich endlos fortsetzen ließe… Aber wer würde wirklich lieber woanders leben? Wir Belgier beklagen uns gerne, aber auswandern wollen wir trotzdem nicht. Denn was für ein Land auch, in dem der großzügige Staat während der Corona- und Energiekrisen den Wohlstand am besten gesichert hat und die Inflation am effektivsten bekämpft hat! In dem das Vermögen am gerechtesten verteilt und das Median-Vermögen weltweit am größten ist! In dem wir unseren Arzt selbst aussuchen, kaum warten müssen und der Staat einen Großteil der Rechnung übernimmt! Was für ein Land, das bei der Sicherheit auf einem schönen 18. von 163 Plätzen steht! In dem man studieren kann, ohne sich bis zum Hals verschulden zu müssen. Ganz zu schweigen von unseren Bieren, Sterneköchen, Künstlern, Comiczeichnern, Fußballern, Radfahrern, Unternehmern und all den anderen! Unzufriedenheit ist wichtig, um Dinge zu verbessern, das sollte der Motor für die Politik sein. Aber zu wissen, was gut ist bei uns, das ist das Schmieröl, das diesen Motor am Laufen hält, meint Het Laatste Nieuws.
Wir werden immer mehr zur Kriegspartei
Die Ukraine bekommt die F-16-Kampfflugzeuge, die sie so lange gefordert hat, hält Het Nieuwsblad fest: Die Vereinigten Staaten haben ihre Zustimmung gegeben, die Niederlande und Dänemark werden die Maschinen liefern und unter anderem Belgien wird die ukrainischen Piloten ausbilden. Damit treten wir in eine neue Phase des Krieges ein, es wird endgültig ernst. Aufgrund der Evolution des russischen Angriffskrieges gibt es in Europa relativ wenige Diskussionen darüber, aber dennoch gibt es Risiken, bis hin zu einem offenen Krieg zwischen Russland und dem Westen. Die Verteidigung der Demokratie und damit die Unterstützung der Ukraine muss absolut sein und bleiben – aber es muss auch eine bewusste Wahl sein. Jetzt, da wir immer mehr zu einer Kriegspartei werden, müssen wir uns die Frage stellen, ob uns das bewusst ist und ob wir das wollen, mahnt Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt