"Laut der SNCB ist die Situation am Südbahnhof dramatisch", meldet La Dernière Heure im Innenteil. "Auch die Bahn klagt die anhaltenden Probleme um den Bahnhof Brüssel-Süd an", schreibt La Libre Belgique. "Gare du Midi: Die SNCB ermahnt die Behörden, mehr für die Sicherheit und Sauberkeit zu tun", so Le Soir. "Die Drogenproblematik nimmt überhand in Brüssel: 'Obdachlose bekommen umsonst Crack, im Gegenzug gehen sie dealen'", liest man auf Seite eins von De Morgen.
Bahnhofsgegenden haben überall einen schlechten Ruf, kommentiert Het Laatste Nieuws. Aber selbst in Amsterdam oder der Gare du Nord in Paris kann man sich zumindest im Bahnhof relativ sicher fühlen. Brüssel-Süd ist in dieser Hinsicht aber zu einer weltweiten Ausnahme geworden. Es ist ein absoluter Schandfleck.
Deswegen schlägt jetzt auch die SNCB selbst Alarm. Jedes Jahr werden Millionen Euro investiert, um Touristen nach Belgien zu locken. Wenn sie dann aber per Eurostar, Thalys oder Shuttle vom Flughafen ankommen, erwartet sie eine Station, in der nicht der Bahnhofsvorsteher, sondern Dutzende Cracksüchtige das Sagen haben.
Dass Bahnchefin Sophie Dutordoir ihren öffentlichen Hilferuf an nicht weniger als fünf Minister richten musste, sagt eigentlich schon alles: Die Zuständigkeiten sind wieder mal so zersplittert, dass sich niemand verantwortlich fühlt und sich munter der Schwarze Peter zugeschoben wird. Diese schlechte Organisation macht es unmöglich, das Problem zu lösen – von den anderen Problemen des Landes ganz zu schweigen, wettert Het Laatste Nieuws.
Der schwierige Kampf gegen die Crack-Epidemie
Das Crack-Problem in Brüssel hat mittlerweile epidemische Ausmaße angenommen, hält De Morgen fest. Die gefährliche Kokainvariante hat sich zu einer echten Gesundheitskrise ausgewachsen.
Das hat auch besorgniserregende Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben und die Sicherheit in der Hauptstadt. Es ist nicht normal, dass Crack in aller Öffentlichkeit gedealt und in Metrostationen und auf Café-Terrassen geraucht wird.
Im Kern geht es dabei um ein wirtschaftliches Problem: Es gibt dank des Hafens von Antwerpen zu viel billiges Kokain. Viel zu viele Menschen sind außerdem viel zu lange zu tolerant mit dieser harten Droge umgegangen.
Brüssel und vor allem die Drogensüchtigen selbst bezahlen aber auch den Preis für das unmenschliche Missmanagement in der Asylkrise: Die vielen obdachlosen jungen Migranten werden zu leichten Opfern für die Droge. Der Kampf gegen das Crack hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn die vielen Verantwortlichen endlich über den eigenen Tellerrand hinausschauen, wenn Abhängige nicht als Kriminelle, sondern als Kranke behandelt werden. Und wenn hart durchgegriffen wird gegen die Drogenmafia, meint De Morgen.
Vergreisungs-Explosion und saure Bauern
Ganz anderes Thema bei Het Nieuwsblad: Die Altersheime sehen sich einer Explosion der Vergreisung gegenüber, warnt der Sektor. Die Zahl der Über-85-Jährigen wird in den kommenden Jahren spektakulär steigen und es gibt nicht genug Heimplätze, um für sie alle zu sorgen. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs.
Das Problem der Vergreisung unserer Gesellschaft ist so groß, dass Politiker eigentlich über nichts anderes mehr sprechen dürften. Aber seit 20 Jahren redet eine föderale Regierung nach der anderen hier nur um den heißen Brei herum. Die Vergreisung kostet die Staatskasse automatisch und jedes Jahr zwischen einer und anderthalb Milliarden Euro mehr.
Gleichzeitig wird die Zahl derer, die dafür aufkommen müssen immer kleiner, immer höhere Kosten verteilen sich also auf immer weniger Schultern. Wie lange kann das noch gut gehen?
Aber dennoch macht die Politik weiter wie bisher, Vergreisung wird zwar als Slogan missbraucht, aber das Problem an sich wird wie eine heiße Kartoffel weitergereicht. Dabei ist eigentlich kein Tag mehr zu verlieren!, appelliert Het Nieuwsblad.
Het Belang van Limburg greift den Stickstoff-Protest der flämischen "Farmers Defence Force" (FDF) gestern in Antwerpen auf. Bei der flämischen FDF handelt es sich um einen relativ jungen Ableger der gleichnamigen Bauernorganisation aus den Niederlanden. Politisch betrachtet stellen Bauern zwar keine große, aber doch eine sehr interessante Zielgruppe dar. Insbesondere für radikale Parteien, die ja darauf aus sind, Konflikte und Unzufriedenheit zu schüren.
Deswegen pflastert der rechtsextreme Vlaams Belang Flandern ja auch mit "Rettet unsere Bauern"-Plakaten voll, wohlgemerkt ohne sein Parteilogo zu zeigen. In den Niederlanden gelten die Jungs und Mädels von der "Farmers Defence Force" als "Terrorbauern". Sie blockieren Autobahnen, stecken Strohballen in Brand und bedrohen Minister an ihren Wohnorten. Ihre flämischen Kollegen haben sich da glücklicherweise gesitteter benommen gestern.
Es waren aber auffällig viele junge Menschen nach Antwerpen gekommen mit ihren Traktoren. Kein Wunder, denn ihre Zukunft ist ja besonders unsicher. Für die Betroffenen ist es eigentlich egal, unter welcher Flagge sie dagegen protestieren, sei es nun Boerenbond, Algemeen Boerensyndicaat oder eben FDF, sie sind einfach nur sauer, unterstreicht Het Belang van Limburg.
Wirtschaft: Wenig Grund für Optimismus
De Tijd befasst sich mit den Wirtschaftsaussichten: Verschiedene große Betriebe aus ganz unterschiedlichen Sektoren sind in letzter Zeit in die roten Zahlen gerutscht. Das zeigt, wie gefährlich der Cocktail aus schwachem Wirtschaftswachstum, hohen Zinsen und Inflation geworden ist. Was wir hier sehen, kann durchaus als Stagflation bezeichnet werden.
Es zeigt auch, dass unsere Betriebe schlechter durch die Corona-Pandemie und Energiekrise gekommen sind, als bisher angenommen wurde. Und die Politik hat nicht mehr viel Munition in ihrem Arsenal, um etwas dagegen zu unternehmen, das meiste Pulver ist schon verschossen worden, um die Wirtschaft während der Pandemie und die Kaufkraft der Familien während der Energiekrise zu schützen.
Die einzige Waffe zur Bekämpfung der Inflation, über die die Zentralbanken verfügen, sind die Zinsen. Aber ihr Einsatz tut Betrieben, Familien und dem Staat weh, die jahrelang enthusiastisch Schulden gemacht haben und sich nun einer immer drückenderen Zinslast gegenübersehen. Hinzu kommen weltweit zahlreiche weitere Krisen und Sorgenkinder.
Zusammengefasst muss man also sagen, dass das Wirtschaftsklima düster aussieht mit nur einigen wenigen Lichtpunkten dazwischen. Es gibt also wenig Grund für Optimismus, befürchtet De Tijd.
Boris Schmidt
Probleme, die nicht gelöst werden können, weil es zuviele politische Parteien gibt. Alles ist dermaßen zersplittert, daß nicht mehr effektiv regiert werden kann. Man hat es in Belgien mit vielen kleinen Partei-Häuptlingen zu tun, die sich gegenseitig das Leben schwer machen und erst danach an die Bevölkerung denken. In einer solchen Situation ist es normal, daß viele sich nach dem starken Mann sehnen, der mal mit eisernen Besen aufräumt.