"N-VA und Open VLD isolieren CD&V im Stickstoff-Dossier“, titelt De Morgen. "CD&V wieder gegen die Wand gedrückt“, heißt es im Aufmacher bei Het Laatste Nieuws. "Notmaßnahme von N-VA und Open VLD ist vor allem ein Zeichen von Ohnmacht“, so die Schlagzeile bei De Standaard.
Fast alle flämischen Zeitungen machen mit der neuesten Wendung im Stickstoff-Dossier auf. Bei diesem Dossier geht es darum, den CO2-Ausstoß aus der Landwirtschaft zu verringern. Die Regierungsparteien N-VA und OpenVLD wollen die neuen Regeln schnell verabschieden. Der Regierungspartner CD&V steht auf der Seite der Landwirte und möchte möglichst wenig Auflagen für die Bauern.
Gazet van Antwerpen erklärt in ihrem Leitartikel den neuen Aufreger: Die CD&V wird im Stickstoff-Dossier immer mehr in die Zange genommen. In einem überraschenden Manöver haben N-VA und Open VLD das Stickstoff-Dekret jetzt im Parlament eingereicht. Damit wollen sie Zeit sparen. Mit der CD&V war das nicht abgesprochen. Die Christdemokraten sind darüber verärgert und haben das gestern auch so gesagt. Die Tatsache allerdings bleibt. In einer Regierung müssen die Koalitionspartner Rücksicht aufeinander nehmen und im Konsens handeln. De facto gibt es keine flämische Regierung mehr, urteilt Gazet van Antwerpen.
CD&V im Abseits
Het Belang van Limburg sieht das ähnlich: Flandern geht mit einer Minderheitsregierung in die Sommerpause. Die Regierung Jambon I ist geschrumpft zu einem Bündnis aus N-VA und Open VLD. Die CD&V wurde vor die Tür gesetzt. Ihr bleibt jetzt nichts anderes mehr übrig, als dem Stickstoff-Dekret zuzustimmen, das vom Parlament bearbeitet wird. Die Frage ist, ob die CD&V dieses Spiel mitspielt. Wenn sie es nicht tut, dann wird es auch kein Dekret geben. Für die Bauern wäre das keine gute Nachricht, meint Het Belang van Limburg.
Het Nieuwsblad stellt fest: Das politische Gerangel um das Stickstoff-Dossier war schon eine Blamage. Die ist jetzt noch größer. Das einzig Positive, was die CD&V aus dem Schritt gestern ziehen kann, ist die Erkenntnis, dass sie Recht hatte. Die Bauern werden von N-VA und Open VLD benachteiligt. Für die Bauern soll das Stickstoff-Dossier so schnell wie möglich verabschiedet werden. Bei der Industrie hingegen lassen sich die beiden Parteien Zeit. Gerade die Chemieindustrie im Hafen von Antwerpen profitiert davon. Es ist eine Schande zu sehen, wie sehr sich N-VA und Open VLD von der Industrielobby beeinflussen lassen, kritisiert Het Nieuwsblad.
Landwirtschaft kämpft mit Nachwuchssorgen
In Libramont beginnt heute die Landwirtschaftsmesse. Dazu kommentiert Le Soir: Seit Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich viel geändert in der Landwirtschaft in der Wallonie. Neue Technologien, der Kapitalismus und die Globalisierung haben den Agrarsektor umgewälzt. Zurzeit geht der Trend wieder zu einer Landwirtschaft, die sauber, ökologisch und nachhaltig ist. Das passiert nicht von selbst, darum muss man sich kümmern. Der Agrarsektor ist ein Schatz, den man unbedingt erhalten muss, betont Le Soir.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo zeigt dazu Wege auf und notiert: Die große Herausforderung besteht darin, mehr junge Menschen wieder für die Landwirtschaft zu gewinnen. Von 18 Bauern ist zurzeit nur einer jünger als 35 Jahre. Um das zu ändern, ist die öffentliche Hand gefragt. Sie muss Anreize schaffen. Es muss einfacher werden, landwirtschaftliche Flächen zu erwerben. Die Bürokratie muss entschlackt, die finanziellen Starthilfen für junge Landwirte müssen aufgestockt werden, fordert L’Echo.
L’Avenir berichtet: Die N-VA hat vor wenigen Tagen einen Gesetzesvorschlag im Föderalparlament eingereicht, durch den die Eisenbahn regionalisiert werden soll. Die Motivation dafür ist klar: Die flämischen Nationalisten wollen damit noch mehr Kompetenzen von der föderalen Ebene auf die Regionen übertragen. Außerdem stehen bald Wahlen an - die N-VA handelt aus ihrer Sicht logisch. Objektiv betrachtet ist die Regionalisierung von Kompetenzen allerdings nicht immer ein Segen. Als Beispiele können der Führerschein, die Verkehrssicherheit und die Dienstleistungsschecks angeführt werden. Die frankophonen Parteien müssen Acht geben, dass nicht noch mehr unsinnige Kompetenzverlagerungen erfolgen, die letztlich nur das Ziel haben, Flandern als eigenständig funktionierende Region zu etablieren, warnt L'Avenir.
Der Ball rollt wieder
La Dernière Heure schreibt zum Beginn der neuen Fußballsaison: Das Brüsseler Derby zwischen Saint-Gilles und Anderlecht wird heute Abend die 121. Ausgabe der belgischen Fußballmeisterschaft eröffnen. Es wäre schön, wenn die Saison genauso spannend verlaufen würde wie die abgelaufene. Schön wäre es auch, wenn die Fans seltener für Negativschlagzeilen sorgen würden, man weniger über Ausschreitungen, beleidigende Spruchbänder, rassistische Gesänge und abgebrannte Feuerwerkskörper berichten müsste. Denn bei aller Begeisterung für den Sport: Letztlich geht es nur um Fußball, unterstreicht La Dernière Heure.
Kay Wagner