"Die Emilia-Romagna steht unter Wasser", meldet Le Soir. "Sintflut durch Klimakrise: mindestens 13 Tote", zieht Het Belang van Limburg Bilanz. "13 Tote und Tausende Obdachlose nach Unwettern in Italien", so Gazet van Antwerpen. "Schlimmste Flutkatastrophe in Italien seit 100 Jahren", schreibt Het Laatste Nieuws. "Die nächsten fünf Jahre werden fast sicher die heißesten der Geschichte", blickt De Standaard in seinem Aufmacher voraus.
Nirgends ist der Klimawandel stärker zu spüren als in Europa, kommentiert Gazet van Antwerpen. Die jüngsten Überschwemmungen in Italien beweisen erneut, wie recht die Wissenschaft mit ihren entsprechenden Warnungen hatte. Dürre, Waldbrände, Fluten – wir kennen die Phänomene. Wir kennen ihre Ursachen. Und wir wissen auch, was dagegen unternommen werden kann. Katastrophen wie die jetzt in Italien zwingen uns mit ihrem menschlichen Leid und ihren riesigen wirtschaftlichen Schäden erneut dazu, diesen Tatsachen ins Auge zu blicken. Aber wird der Schockeffekt groß genug sein, um wirklich etwas in Bewegung zu setzen?, zweifelt Gazet van Antwerpen.
Die Digitalisierung nicht ausblenden
Die Bilder aus Italien rufen unweigerlich die schlimmen Überschwemmungen in Belgien in Erinnerung, schreibt De Standaard. Immer launischeres Wetter, höhere Temperaturen, längere Dürreperioden mit kurzen, aber verheerenden Regenfällen – all das ist die Folge der Erderwärmung, die der Mensch maßgeblich mitzuverantworten hat. Das Ganze wird in den nächsten fünf Jahren durch das Wetterphänomen El Niño noch verschärft werden. Das Einzige, was wir tun können, ist, so schnell wie möglich auf fossile Brennstoffe zu verzichten und unsere Wirtschaft zu dekarbonisieren. Ein großes Problem dabei ist allerdings, dass die globale Elektrifizierung und Vergrünung den Energiebedarf in die Höhe treibt – eine Entwicklung, die durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung noch zusätzlich befeuert wird. Auch dieses Problem muss bei den ethischen Grundsatzdiskussionen über die Evolution der Künstlichen Intelligenz berücksichtigt werden, fordert De Standaard.
Le Soir befasst sich in seinem Leitartikel aus einem ganz anderen Grund mit der fortschreitenden Digitalisierung der Gesellschaft: Wie will Europa in Zukunft garantieren, dass die Informationen, die wir bekommen verlässlich und wahr sind? Wie will es Meinungsmanipulation verhindern, Desinformation, die Vergiftung der öffentlichen Debatte oder den Missbrauch von Daten? Die traurige Wahrheit: 2023 gibt es noch immer keinen Plan B, keine Antwort auf die Algorithmen der sozialen Netzwerke, beklagt Le Soir.
Problemkind Arbeitsmarkt
De Morgen greift ein anderes Problem auf: Schon 2004 hat der Vorsitzende des belgischen Unternehmerverbands gewarnt, dass Migration von außen notwendig sein wird, um unseren Wohlstand langfristig zu erhalten. Seit vielen Jahren schon klagen Unternehmen, dass sie keine geeigneten Arbeitskräfte mehr finden, dass die Lücken nicht mehr auf dem heimischen Arbeitsmarkt gefüllt werden können. Aber auch fast 20 Jahre nach der Warnung des Unternehmerverbands gibt es noch immer keinen gesetzlichen Rahmen, der Arbeitsmigration von außerhalb der Europäischen Union regeln würde, kritisiert De Morgen.
Het Nieuwsblad blickt nach innen statt nach außen: Arbeiten ist der einzige Weg, um unseren Wohlfahrtsstaat zu erhalten. Wenn mehr Menschen arbeiten, bedeutet das höhere Einkünfte für den Staat und weniger Sozialausgaben. Und daran wird kein Weg vorbei führen angesichts der enormen Staatsschulden und der vielen zusätzlichen Milliarden für die Landesverteidigung, das Klima und die Renten. Einige zaghafte Schritte werden mittlerweile ja immerhin unternommen, um Langzeitkranke dem Arbeitsmarkt wieder zuzuführen. Aber es muss viel mehr getan werden und zwar auf allen Ebenen und auch in unseren Köpfen: Arbeit muss bewältigbarer werden, wir brauchen mehr flexible Jobs, mehr Teilzeitjobs, Hürden müssen abgebaut werden, wir brauchen zum Beispiel bezahlbarere Kinderbetreuung. Das Rentensystem muss endlich reformiert werden, es muss Schluss sein mit der Vorzugsbehandlung bestimmter Gruppen, dennoch müssen schwere Berufe berücksichtigt werden. Vor allem aber muss der finanzielle Unterschied zwischen Arbeiten und Nicht-Arbeiten endlich größer werden, wettert Het Nieuwsblad.
Herausforderungen in Hiroshima
De Tijd nimmt sich den gerade stattfindenden G7-Gipfel im japanischen Hiroshima vor: Ganz oben auf der Agenda stehen die Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges, für Japan ist die Bedrohung durch China mindestens genauso wichtig. Außerdem versuchen die G7, weitere Länder als Verbündete ins Boot zu holen, deswegen sind auch Australien, Brasilien, Indien, Vietnam und Indonesien zum Gipfel eingeladen worden. Die große Herausforderung ist, eine tatsächlich glaubwürdige Strategie sowohl gegen Russland als auch gegen China auf den Tisch zu legen, in der sich alle wiederfinden. Das aber wird schwierig werden: Deutschland hat deutlich zu verstehen gegeben, dass es strikt gegen ein totales Handelsverbot ist, Frankreich wiederum verhält sich im Taiwan-Konflikt sehr zurückhaltend. Und was neue potenzielle Alliierte betrifft, so sehen die nicht, was sie bei der ganzen Geschichte zu gewinnen haben, analysiert De Tijd.
Die scheinheilige Tabak-Politik des Staates
La Dernière Heure kommt auf den jüngsten Vorstoß der föderalen Parlamentsabgeordneten Catherine Fonck zurück: Die Politikerin von Les Engagés schlägt vor, das Rauchen auf Terrassen von Restaurants und Cafés zu untersagen. Fonck hat recht, der bisherige Plan zur Bekämpfung der Nikotinsucht ist zu schwach, meint das Blatt, selbst wenn man berücksichtigt, dass ab Januar 2025 das Rauchen in Vergnügungsparks, auf Lehrbauernhöfen und Spielplätzen verboten sein wird. Aber all das ändert nichts daran, dass die Haltung der Regierung grundsätzlich scheinheilig bleibt, so lange Drogen wie Tabak und Alkohol frei verkäuflich bleiben. Offensichtlich wiegen die Gesundheitsschäden, die sie anrichten, noch nicht die Einnahmen auf, die ihre Besteuerung dem Staat einbringt, giftet La Dernière Heure.
Boris Schmidt