"Weltmeister – Luca Brecel, der Eden Hazard des Snookers", jubelt La Dernière Heure. "'Frechheit siegt' – Luca Brecel genießt seinen Titel bei der Snooker-WM in vollen Zügen", titelt das GrenzEcho. "Der Snooker in Belgien hofft auf den Brecel-Effekt", schreibt De Morgen. "Wird der Triumph von Luca Brecel das Snooker in Belgien wieder in Mode bringen?", fragt L'Echo.
Während das Land und auch die Titelseiten seit Montagabend im Luca-Brecel- beziehungsweise Snooker-Fieber zu sein scheinen, beschäftigen sich die Leitartikel mit ganz anderen Themen. De Tijd etwa blickt auf potenziellen neuen Ärger für Bpost: Es gibt ja viele Möglichkeiten, um Lobby-Arbeit zu betreiben, kommentiert die Zeitung – aber das, worauf der börsennotierte Staatsbetrieb Bpost gekommen ist, ist schon extrem: Seit 2020 arbeiten zwei Personalmitglieder von Bpost im Kabinett von Föderalministerin Petra De Sutter von Groen. Ihres Zeichens zuständig unter anderem für öffentliche Unternehmen, Telekommunikation und Post. Allerdings sind die zwei Experten nicht auf die übliche Art und Weise für diese Aufgabe abgestellt worden, nein, sie sind von Bpost weiterbezahlt worden. Und das, obwohl ihr Aufgabenbereich auch die Verhandlungen zwischen dem Kabinett und Bpost über den neuen Geschäftsführungsvertrag beinhaltete. Dass Kabinette Expertise nutzen wollen, ist ja verständlich. Aber dass die Bpost-Experten der Regierung durch Bpost selbst bezahlt werden, ist schlicht nicht hinnehmbar. Der einzige Weg vorwärts für Bpost ist, mit solchen Zuständen aufzuräumen und zu beweisen, dass der Betrieb auf eigenen Füßen stehen kann. Allerdings scheint dieser Weg nun länger denn je, beklagt De Tijd.
Schöne neue Welt
Le Soir befasst sich mit der zunehmenden Digitalisierung öffentlicher Dienstleistungen: Jeder zweite Belgier zwischen 16 und 74 Jahren hat Probleme, seine Behördengänge per Computer zu erledigen. Was als administrative Vereinfachung angepriesen wird, hat das Leben vieler Menschen in Wirklichkeit schwieriger gemacht und zu mehr Diskriminierung geführt. Und entgegen allen Klischees sind es nicht nur die "Armen" und "Alten", die darunter leiden – viele Menschen haben mit Bugs, Verbindungsproblemen, Zugangsdaten, Downloads und Co. zu kämpfen. Für die Schwächsten der Gesellschaft kann es dabei um sehr viel gehen, sie können deswegen sogar Einkommen und Unterkunft verlieren. Die Folgen sind Angst, Scham und Wut, was zu einer Ablehnung des Staates und seiner Institutionen führen kann. Physische Alternativen und ein universelles Recht auf einen Internetzugang sind also eine demokratische Notwendigkeit, unterstreicht Le Soir.
Mit Erfindungen ist es wie mit Zahnpasta, schreibt De Morgen: Was erst mal draußen ist, lässt sich nicht zurück in die Tube befördern. Deswegen sind die Warnungen prominenter Vertreter der High-Tech-Welt vor Künstlicher Intelligenz auch etwas sinnfrei: Die Uhr wird sich nicht zurückdrehen lassen. Uns bleibt also nur ein anderer Weg, um den Missbrauch dieser neuen Technologien zu verhindern oder doch zumindest zu begrenzen: eine solide Gesetzgebung, die den Umgang mit und den Einsatz von KI regelt. Der Gesetzgeber muss die Spielregeln festlegen, nicht die Tech-Riesen, fordert De Morgen.
L'Avenir verweist in seinem Leitartikel auf eine konkrete Gefahr durch Künstliche Intelligenz: Je weiter ihre Entwicklung fortschreitet, desto mehr werden wir uns Zuständen wie in "1984" nähern. Selbst Millionen Menschen wären nicht in der Lage, alle Bereiche einer Gesellschaft zu überwachen, alle Telefongespräche mitzuhören, alle Nachrichten zu lesen und zu verfolgen, was in den sozialen Netzwerken vor sich geht. Für Computer hingegen wird das kein Problem sein. Gestern noch hat Geoffrey Hinton, einer der Pioniere der KI-Forschung, Google verlassen und erklärt, dass er seine Arbeit bereue, dass er bei der Erschaffung eines "Monsters" geholfen habe, das die Menschheit bedrohen könne. Die Wahrheit ist aber: Es ist schon zu spät, so düster L'Avenir.
Arbeitslosigkeit darf kein Tabuthema sein
La Dernière Heure kommt derweil auf die politischen Reden zum 1. Mai zurück: Die Parteien sind also in den Startblöcken für die Wahlen nächstes Jahr. Ihr Hauptthema am "Tag der Arbeit" war dabei nicht die Arbeit, sondern die Arbeitslosigkeit, genauer gesagt insbesondere die zeitliche Begrenzung der Arbeitslosenbezüge. Nun sollte man natürlich weder in die Klischees von Rechts noch in die von Links verfallen, sollte man Arbeitslose weder als Profiteure noch als Opfer des Systems darstellen. Aber die Arbeitslosigkeit darf auch kein Tabuthema sein, es gibt einfach zu viele Menschen, die sich in ihr einrichten. Gegen sie müssen auch Sanktionen möglich sein. Die einzige Lösung ist, so leid es uns auch tut, Arbeit - nach Möglichkeit eine sinnvolle. Aber so lange Arbeiten oder Nicht-Arbeiten für viele Menschen einen so geringen finanziellen Unterschied macht, wird sich nichts ändern, befürchtet La Dernière Heure.
Mehr als Bewunderung gibt es oft nicht
Het Nieuwsblad greift die schwere Belastung auf, die die Pflege von Angehörigen für Menschen darstellen kann. Niemand ist auf so etwas vorbereitet, es ist eine unerwartete Zwangslage, mit der viele nicht fertig werden und die leider immer wieder zu Dramen und Verzweiflungstaten führt. Denn die Pflege von Angehörigen kann eine schwere Belastung darstellen, sowohl für das eigene Leben als auch finanziell. Und die komplizierten Prozeduren, um irgendwann unzureichende staatliche Unterstützung zu bekommen, helfen auch nicht. Und dann ist da noch der gesellschaftliche Druck: Wer seine Angehörigen nicht pflegen will, wird schief angeschaut. Bewunderung – das ist alles, was pflegende Familienangehörige oft bekommen. Damit müssen sie über die Runden kommen. Was nicht immer gelingt, unterstreicht Het Nieuwsblad.
Boris Schmidt