"Ein 1. Mai im Zeichen des Wahlkampfs: Die Arbeitslosen gegen die Millionäre", fasst La Dernière Heure die politischen Reden zum gestrigen Tag der Arbeit zusammen. "Eine politische Front, um die Arbeitslosigkeit zeitlich zu begrenzen", greift L'Echo den Vorstoß der flämischen Sozialisten Vooruit auf, der von den Liberalen beider Landesteile begeistert aufgenommen worden ist. "Polemik: Magnette riskiert Bruch mit De Croo – PS-Chef zieht 'rote Linie' bei Arbeitslosenunterstützung", titelt in diesem Zusammenhang das GrenzEcho. "Die Vivaldi erneut unter Spannung", kann Le Soir nur feststellen.
An sich ist es wenig überraschend, dass der Vorschlag, die Arbeitslosenunterstützung einzuschränken, gestern erneut auf den Tisch gekommen ist, kommentiert L'Echo. Bemerkenswert ist dieses Mal allerdings, das Conner Rousseau, der Vorsitzende der flämischen Sozialisten, die Idee unterstützt. Sehr zum Leidwesen der frankophonen Sozialisten und Gewerkschaftsführer. Und sicher, eine zeitliche Begrenzung wäre kein Allheilmittel. Aber trotz aller berechtigten Einwände und Warnungen vor möglichen Konsequenzen sollte man den Vorstoß nicht ohne echte Diskussion vom Tisch fegen. Wie so oft darf es hier nicht um Ideologie gehen, sondern nur um Ergebnisse. Wer bis 2030 einen Beschäftigungsgrad von 80 Prozent erreichen will, darf sich nicht weigern, Hindernisse anzugehen. Alle müssen die typischen 1. Mai-Slogans hinter sich lassen, fordert L'Echo.
Über notwendige Reformen und Botschaften an neue Freunde
Es ist schwer zu sehen, wie der Beschäftigungsgrad ohne eine umfangreiche Reform des Arbeitsmarktes merklich steigen soll, schreibt La Libre Belgique. Von der Ausbildung junger Menschen über die Begleitung älterer Arbeitnehmer und eine Berücksichtigung schwerer Berufe bis hin zu einem Abbau von Hindernissen und einer Wiedereingliederung von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind, sind viele kleine Schritte notwendig. Und wir wollen daran erinnern, dass im Regierungsabkommen steht, dass Arbeitssuchende so schnell wie möglich dem Arbeitsmarkt zugeführt werden sollen. Und dass die Wiedereingliederung von Langzeitkranken weiter verstärkt werden muss, unterstreicht La Libre Belgique.
Für L'Avenir war der 1. Mai mal wieder ein Tag, an dem große Reden geschwungen worden sind, mit wenig Neuem und den altbekannten, abgenutzten Slogans. "Die Reichen besteuern", schallt es von links, "die Arbeitslosigkeit reformieren" von rechts. Überraschend war vor allem die Positionierung von Vooruit. Aber statt einer Botschaft der flämischen Sozialisten an die Arbeitnehmer sollte man darin eher eine an die angeblichen neuen Freunde von der N-VA sehen angesichts der Wahlen 2024, meint L'Avenir.
Ein bitterer Nachgeschmack wird bleiben
Die flämischen Leitartikel befassen sich derweil lieber mit der illegalen Mega-Rave-Party, die am langen Wochenende auf einem Militärgelände bei Sint-Truiden in der Provinz Limburg stattgefunden hat. Einige Tage lang hat es hier einen Freistaat gegeben ohne Verbote und Gebote, hält Het Nieuwsblad fest, haben die Raver Polizei und Behörden eine lange Nase gedreht. Nicht, dass die Feiernden wirklich eine Gefahr für die öffentliche Ordnung dargestellt hätten, höchstens für sich selbst. Außer einige Nachbarn und Tiere zu stören haben sie auch keinen allzu großen Schaden angerichtet. Hatten Bürgermeister, Gouverneur und Minister Recht, die Party ihren natürlichen Gang nehmen zu lassen? Vielleicht schon. Aber ein bitterer Nachgeschmack wird dennoch bleiben. Denn es ist so bemerkenswert wie beunruhigend, dass trotz tausender Teilnehmer niemand gemerkt hat, was im Busch war. Und welche Lehre sollen Menschen daraus ziehen, die sich immer strikt an alle Regeln halten? Welche Botschaft sendet die Untätigkeit der Behörden an Konzertveranstalter, die sich an Unmengen von Auflagen halten müssen?, fragt Het Nieuwsblad.
Was hätten die Behörden denn genau machen sollen?, wirft Het Belang van Limburg ein. Die 15.000 Feiernden in Polizeikombis zum Revier fahren? Wasserwerfer einsetzen? Auf den 400 Hektar wäre es selbst für Leute, die nicht mehr geradeaus laufen konnten, ein Leichtes gewesen, zu entwischen. Hätte man Menschen auf den Heimweg schicken sollen, die noch unter dem Einfluss von Drogen, Alkohol oder Lachgas standen? Aus anderen Ländern kennen wir schon genug Beispiele, in denen in solchen Fällen mit Kanonen auf Spatzen geschossen worden ist, hebt Het Belang van Limburg hervor.
Weder "failed state" noch das Ende der Welt
Nein, wir leben nicht in einem "failed state", einem gescheiterten Staat, nur weil eine große illegale Rave-Party nicht mit harter Hand aufgelöst worden ist, so Het Laatste Nieuws. Ein gut funktionierender Staat hat andere Mittel als nur Repression, man kann auch besonnener und schlauer reagieren auf einige tausend unter Drogen stehende Partygänger. Ja, es stimmt, dass ihr Verhalten egozentrisch war und rücksichtslos gegenüber den Anwohnern, den Bauern und ihren Rübenackern. Das soll auch kein Plädoyer sein, so ein Verhalten einfach zu tolerieren oder schön zu reden. Die Organisatoren der Party müssen verfolgt werden, Drogenhandel und -konsum bestraft werden. Aber man sollte auch festhalten, dass nach den Beats und all dem politischen Geschrei die Hippies des aktuellen Jahrhunderts schneller als gehofft ihren Müll selbst eingesammelt und alles sauber und ordentlich hinterlassen haben, betont Het Laatste Nieuws.
Illegale Feste hat es immer gegeben und wird es immer geben, erinnert Gazet van Antwerpen, das ist schlicht unvermeidlich. Es wird immer Menschen geben, die aus der Reihe tanzen wollen. In diesem Fall waren es eben junge Menschen, getrieben von Adrenalin und dem Glück, noch jung zu sein. Natürlich war es nicht erlaubt, aber das Ende der Welt war es trotzdem nicht. Schade nur, dass das Eigentum anderer in Mitleidenschaft gezogen worden ist, findet Gazet van Antwerpen.
Boris Schmidt