"Deutschland: 2, Belgien: 3 – Die Roten Teufel überrumpeln die Mannschaft in der ersten halben Stunde", so die Schlagzeile von Gazet van Antwerpen. "Die Teufel verpassen den Deutschen eine Abreibung", schreibt sogar Het Belang van Limburg auf Seite eins. "Diese glänzende Generation hat Deutschland geschlagen", titelt L'Avenir. "Das Feuer der Teufel ist wieder da", notiert La Dernière Heure.
Die Roten Teufel haben am Abend Deutschland mit 3:2 geschlagen. Die beiden ersten belgische Tore fielen sehr früh in der Partie. Und das hat Het Nieuwsblad zu einer doch gewagten Schlagzeile verleitet: "Belgischer Blitzkrieg", schreibt das Blatt auf seiner Titelseite. Es war zwar nur ein Freundschaftsspiel. Und doch war es ein "historischer Abend für die Roten Teufel", wie es auch Le Soir formuliert. Belgien hat nämlich das Nachbarland seit 1954 nicht mehr besiegt. Erst recht nicht auswärts: "Zum ersten Mal seit rund 100 Jahren gewonnen in Deutschland", hebt Het Laatste Nieuws auf Seite eins hervor.
Ein weiteres großes Thema auf den Titelseiten sind die neuerlichen Festnahmen im Zusammenhang mit Anti-Terror-Ermittlungen. Am Montagabend waren acht Personen verhaftet worden, die offenbar einen Anschlag in Belgien geplant hatten. "Unter den acht Verdächtigen ist auch eine 24-jährige Frau", berichtet Het Laatste Nieuws. "Eupen im Visier der Terrorfahnder", titelt seinerseits das GrenzEcho. Denn eine Spur führt ja auch nach Ostbelgien.
Sozialkonflikt bei Delhaize – Nicht den Hauch einer Schnittmenge
Einige Leitartikler beschäftigen sich derweil einmal mehr mit dem Sozialkonflikt bei der Supermarktkette Delhaize. Gewerkschaften und Direktion haben sich jeweils in ihren Positionen eingegraben. Wegen der anhaltenden Blockade hat die Geschäftsleitung beim zuständigen föderalen Wirtschaftsminister Pierre-Yves Dermagne um die Einsetzung eines Sozialschlichters ersucht.
"Ein Schlichter, der schlichten soll, was nicht zu schlichten ist", so formuliert es La Dernière Heure in ihrem Kommentar. Denn: Die Haltung beider Seiten ist legitim. Auf der einen Seite: die Direktion. Natürlich hat das Management das Recht, den Betrieb umzustrukturieren, um seine Gewinnmargen zu erhöhen. Auf der anderen Seite: die Gewerkschaften. Natürlich ist der Frust der Personals nachvollziehbar. Manchmal jahrzehntelang hat man zum Erfolg eines Unternehmens beigetragen, um dann mit einem Mal einen gehörigen Teil seiner erworbenen Rechte zu verlieren: Klar hat man da das Recht, sauer zu sein. Das Problem: Zwischen beiden Seiten ist im Moment nicht der Hauch einer Schnittmenge zu erkennen.
Und jetzt droht sich der Konflikt auf den gesamten Einzelhandels-Sektor auszudehnen, konstatiert De Tijd. Die christliche und die liberale Gewerkschaften fordern ein Einheitsstatut für alle Supermarkt-Beschäftigten. Im Moment gibt es nämlich fünf verschiedene Lohn- und Arbeitsregelungen für den Einzelhandel. Gleicher Lohn und gleiche Arbeitsbedingungen für die gleiche Arbeit, das mag auf den ersten Blick einleuchtend und gerecht klingen. In der Praxis wäre eine solche Harmonisierung aber in vielen Fällen kontraproduktiv. De facto würden hier nämlich Multinationals und kleine selbständige Supermarkt-Betreiber über einen Kamm geschoren. Und die Verlierer wären die kleinen Unternehmen.
Dringende Regulierung von KI-Anwendungen nötig
Einige Leitartikler beschäftigen sich auch mit einer verstörenden Geschichte, über die die Zeitung La Libre Belgique gestern berichtet hatte. Demnach wurde ein junger Familienvater von einer Künstlichen Intelligenz zum Suizid ermuntert. Er hatte im Internet mit einem automatisierten Dialogsystem kommuniziert.
Mit der Künstlichen Intelligenz ist es wie so oft bei vielen technischen Neuerungen, meint La Libre Belgique. Erstmal ist man begeistert, fast berauscht von den neuen Möglichkeiten, die die Innovation eröffnet. Vier Monate nach der Vorstellung des bekanntesten KI-Dialogsystems ChatGPT mag der Enthusiasmus noch ungebrochen sein, doch tauchen auch erste sehr berechtigte Sorgen auf. Denn manche dieser Chatbots sind, um es mal so auszudrücken, "nicht ganz bei Trost", erweisen sich als regelrechte Produzenten von Desinformation und Manipulation. Hier bedarf es dringend einer Regulierung. Die Künstliche Intelligenz ist zu wichtig, um sie allein Ingenieuren und Konzernen zu überlassen.
Strafbar in der echten Welt, aber (noch) nicht im virtuellen Raum
Der Dialog mit dem Chatbot mag nicht der einzige Auslöser für die Verzweiflungstat gewesen sein. Und doch wirft der Fall Fragen auf, findet De Standaard. Denn in der Tat – ein kurzer, oberflächlicher Test befestigt die Feststellung: Solche Dialogsysteme können tatsächlich ganz nüchtern zur Selbsttötung raten. Das gilt freilich nicht für alle Systeme, die mit Künstlicher Intelligenz arbeiten. Große IT-Konzerne haben da durchaus Sicherheitsriegel eingebaut. Doch gibt es, wie so oft im Internet, auch in dieser Branche zu viele Cowboys. Und die müssen an die Leine gelegt werden. Der Ausgangspunkt ist unstrittig: Alles, was in der echten Welt strafbar ist, muss auch im virtuellen Raum verboten werden.
De Morgen sieht das ähnlich. Auf der einen Seite ist hier Weltuntergangsstimmung fehl am Platz. Alle großen Entdeckungen und Erfindungen – vom Feuer bis zur Kernenergie – hatten immer neben einer hellen, auch eine düstere Seite, trugen gleichzeitig den Fortschritt, aber auch ein gewisses Maß an Zerstörung in sich. Die Künstliche Intelligenz kann dem Menschen dabei helfen, Probleme zu lösen, die bislang außerhalb seiner Reichweite lagen. Nur muss eben auch diese Technologie mit Leitplanken versehen werden. Und es ist die Rolle des Staates, seine Bürger zu beschützen. Noch bevor ChatGPT & Co. die Welt erblickten, arbeitete die EU bereits an einem Regelwerk für KI-Anwendungen. Diese Initiative kam offensichtlich keine Minute zu früh.
Roger Pint