"Uni Mons: das erhoffte Ende der Krise ist da", titelt Le Soir zur Beilegung des Streits um einen Masterstudiengang Medizin an der Universität Mons. Der hatte ja für viel politischen Sprengstoff in der Französischen Gemeinschaft gesorgt. "Master in Medizin in Mons und Namur, aber ohne zusätzliche Finanzierung", fasst L'Avenir die Einigung auf Seite eins zusammen. "Deblockierung und Groll", schreibt aber La Dernière Heure zu den Spuren, die der Konflikt wohl hinterlassen wird.
Das Vorhaben der Universität Mons hat es also nicht geschafft, die Regierungen der Französischen Gemeinschaft und der Wallonie zu Fall zu bringen, kommentiert La Libre Belgique. Die Spannung war aber groß genug, die Gefahr real genug. Aber obwohl es sich um eine sehr emotionale Debatte gehandelt hat, war sie doch nicht dringend, gewichtig oder symbolisch genug, um dem bereits fragilen politischen Gleichgewicht den Rest zu geben. Das Kräftemessen hat aber jedenfalls den Ärztemangel in bestimmten Provinzen ins Rampenlicht gerückt. Und an dem ändert auch der gefundene Kompromiss nichts. Wenn keine anderen Lösungsansätze kommen, und zwar schnell, dann war der ganze Konflikt um die Uni Mons für nichts, ist La Libre Belgique überzeugt.
Nur politische Sieger
Ist doch egal, dass es schon einen Masterstudiengang Medizin nur 70 Kilometer weit entfernt in Namur gibt, giftet L'Avenir. Egal, dass der Ärztemangel durch die Einigung nicht gelöst wird. Egal, dass das eigentliche Problem die begrenzte Zahl an Inami-Nummern ist. Und egal, dass der neue Master nicht zur Ausbildung von mehr Medizinern führen wird. Die Hauptsache ist, dass sich am Ende wieder alle politisch als Sieger darstellen können, kritisiert L'Avenir.
Wenn man es positiv sehen will, könnte man sagen, dass am Ende der gesunde Menschenverstand triumphiert hat, schreibt La Dernière Heure. Dass die Ego-Trips nicht exzessiv genug waren, um das Durcheinander zu totalem Chaos werden zu lassen, dass die Kunst des frankophonen Kompromisses noch nicht tot ist. Man könnte es aber auch negativer sehen und sagen, dass die geschlagenen Wunden bis zum Ende der Legislatur spürbar bleiben werden. So oder so wird man einige Jahre abwarten müssen, bevor man sehen wird, ob in Mons ausgebildete Ärzte sich tatsächlich eher auch dort niederlassen werden. Erst dann wird man mit Sicherheit sagen können, welche Seite Recht hatte, so La Dernière Heure.
Nicht nur "viel Lärm um nichts"
Warum einfach, wenn es auch schwierig geht, seufzt Le Soir. Warum stur auf punktuellen Forderungen beharren, wenn man als Politikerin oder Politiker doch eher strukturelle Lösungen für die Probleme finden sollte, die sich tatsächlich stellen? So könnte das desillusionierte Fazit lauten. Aber diejenigen, die meinen, dass das wieder viel Lärm um nichts war, haben Unrecht. Denn die Genehmigung des neuen Masters ist an strikte finanzielle Auflagen geknüpft, an den Verzicht auf ein eigenes Universitätskrankenhaus und an eine Überprüfung der Auswirkungen auf den Ärztemangel im Hennegau.
Außerdem schiebt der Kompromiss den aus dem Ruder gelaufenen Habilitationen einen Riegel vor. Und schließlich sorgt die Einigung für eine Nachverfolgung des echten Problems, dem Ärztemangel in der Wallonie, und der dafür bisher formulierten Lösungsansätze, meint Le Soir.
Die CD&V will in anderen Teichen fischen
Neben einer neuen gemeinsamen Liste aus Vooruit und Open VLD in Gent befassen sich die flämischen Leitartikel ausschließlich mit den flämischen Christdemokraten CD&V. Denn die hatten am Wochenende ihren Parteikongress, auf dem der Vorsitzende Sammy Mahdi die neue Ausrichtung der Partei verkündet hat.
Die CD&V will künftig also für den "vergessenen Flamen" eintreten, resümiert Gazet van Antwerpen. Und der neue politische Hauptfeind sind die N-VA und Vooruit, die sich ja gegenseitig schöne Augen machen für eine gemeinsame Regierung nach den nächsten Wahlen. Man kann es Mahdi kaum übelnehmen, dass er versucht, die CD&V in eine neue, für sie sehr ungewohnte Richtung zu lenken. Denn seine Partei ist mittlerweile nur noch ein Schatten ihrer selbst, insbesondere in den Städten. Deswegen nehmen die Christdemokraten das Land ins Visier, wo es praktischerweise ja auch viele Bauern gibt. Die sind traditionell ja immer eine wichtige Basis für die CD&V gewesen. Oder besser gesagt: Sie waren es, denn die Zustimmung der CD&V zum Stickstoff-Abkommen dürfte viele von ihnen vor den Kopf gestoßen haben. Aber allein an die angebliche flämische Seele zu appellieren, wie es Mahdi auf dem Parteikongress getan hat, wird nicht reichen. In diesem Teich fischen nämlich schon die N-VA und der Vlaams Belang, erinnert Gazet van Antwerpen.
De Standaard analysiert die Gründe für den Abstieg der flämischen Christdemokraten von der Zeit nach dem Weltkrieg bis heute, vom Niedergang der sozialen Marktwirtschaft und dem Aufstieg des Neoliberalismus über die zunehmende Säkularisierung der Gesellschaft und das Dahinschmelzen der Mittelschicht bis hin zur immer geringeren Attraktivität der Partei für Normalbürger. Das neue Parteiprogramm wird daran nicht viel ändern, es ähnelt zu sehr einem müden Abklatsch des N-VA-Programms, Glaubwürdigkeit geht jedenfalls anders. Die Christdemokraten sollten sich keine Illusionen machen, sie werden auch künftig unter zehn Prozent bleiben. Und damit dazu verdammt, eine Nische zu besetzen. Nur wie diese Nische aussehen wird, das ist nach wie vor nicht klar, hält De Standaard fest.
Man ersetze "Brüssel" durch "Washington" und die "happy few", die "wenigen Glücklichen", durch "Elite" – und schon hört man ein Echo von Donald Trump, findet Het Belang van Limburg. Glücklicherweise sind Flamen besser informiert als Amerikaner, aber Menschen überall sind anfälliger für Emotionen als für Fakten. Wenn Bürgern glauben gemacht wird, dass sie gezielt "vergessen" werden, dann wird man Enttäuschung, Wut und Proteste ernten. Aber diese Stimmen werden der CD&V dennoch nicht zugutekommen – sie werden an die politischen Extreme gehen, warnt Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt