"Die Probleme bei Delhaize sind noch lange nicht ausgeräumt", titelt Het Nieuwsblad. "Abnutzungsschlacht bei Delhaize", so beschreibt Het Laatste Nieuws den Sozialkonflikt. "Totale Blockade", schreibt La Libre Belgique. "Die Blockade ist total bei Delhaize, auch die Franchisenehmer betroffen", lautet die Überschrift bei L'Avenir, denn durch die Blockade eines Zentrallagers wird die Warenversorgung für alle Delhaize-Supermärkte immer schwieriger. "Während die Gewerkschaften blockieren, schreitet die Direktion voran", liest man bei Le Soir, denn der Konzern will nach wie vor alle verbleibenden betriebseigenen Supermärkte konzessionieren.
Seit zwei Wochen stehen sich die beiden Seiten unversöhnlich gegenüber, resümiert Le Soir in seinem Kommentar: Die Direktion verlangt von Gewerkschaften und Personal, ihr zu vertrauen und versichert, dass sich für die Arbeitnehmer durch die Konzessionierung nichts ändern wird. Die Angestellten fühlen sich derweil verraten, betrogen und im Stich gelassen und glauben der Geschäftsführung kein Wort. Das Unternehmen hat natürlich ein Recht auf Umstrukturierung – aber auch hierbei müssen Formen gewahrt und Regelungen respektiert werden. Da dies nicht geschehen ist, sollte Ahold Delhaize angesichts der wütenden Reaktion auch nicht überrascht sein, findet Le Soir.
(Vergeblich) gesucht: ein konstruktiver Dialog
Durch die Konzessionierung will die Geschäftsführung die Risiken und Lohnkosten auf die Franchisenehmer abwälzen, während sie weiter die Gewinne abschöpft, schreibt L'Avenir. Eines ist jedenfalls sicher: Dieses neue Modell und die Inflexibilität, die Ahold Delhaize hierbei an den Tag legt, lassen nicht den allergeringsten Raum für Verhandlungen – und auch nicht für einen typisch belgischen Kompromiss. Das ist in den vergangenen Tagen immer klarer geworden, mit Gewerkschaftsvertretern, die von Polizei und Sicherheitsleuten in Empfang genommen wurden, und einer Direktion, die mit den Arbeitnehmervertretern nicht diskutierte, sondern nur vollendete Tatsachen präsentieren wollte. Deutlicher geht es nicht: Ahold Delhaize verweigert jegliche soziale Konzertierung, kritisiert L'Avenir.
Die Gewerkschaften haben gute Gründe, den Worten der Geschäftsführung nicht zu glauben, kommentiert Het Belang van Limburg. Eine einfache Rechnung zeigt, dass in betriebseigenen Delhaize-Supermärkten im Schnitt 70 Menschen arbeiten. In konzessionierten sind es 16, ein Unterschied wie Tag und Nacht also. Hinzu kommt, dass der Löwenanteil der 9.000 aktuell noch bei Delhaize angestellten Menschen nach der Umstrukturierung keine gewerkschaftliche Vertretung und keinen entsprechenden Schutz mehr haben wird, erinnert Het Belang van Limburg.
La Libre Belgique warnt derweil vor irreparablen Schäden durch die Konfrontation: Die Blockade der Lager und das Bestreiken von Geschäften kann nicht nur ernste soziale und wirtschaftliche Folgen haben, sondern sich auch auf die Wettbewerbsfähigkeit negativ auswirken. Delhaize genoss bislang ein positives Bild bei belgischen Konsumenten, was auf diesem hart umkämpften Markt ein echter Mehrwert ist. Das dürfen weder Direktion noch Gewerkschaften ausblenden: Eine Beschädigung der Marke Delhaize könnte alle Supermärkte und ihre Angestellten gefährden. Was jetzt dringend gebraucht wird, um Delhaize noch zu retten, ist ein konstruktiver Dialog und eine sofortige Änderung des Klimas am Verhandlungstisch – und zwar von beiden Seiten, fordert La Libre Belgique.
Telenet & Plopsa
De Standaard befasst sich mit der geplanten kompletten Übernahme des Telekomanbieters Telenet durch den bisherigen amerikanischen Mehrheitsanteilseigner Liberty Global: Rund ein Vierteljahrhundert ist es her, dass Telenet auf Betreiben der flämischen Regionalregierung gegründet wurde – und nun sieht es so aus, als ob der Betrieb vollständig in ausländische Hände übergehen wird. Belgien ist ja bekannt dafür, dass es gut laufende Betriebe von ausländischen Konzernen schlucken lässt. Nun scheint es so, als ob Flandern da auch nicht besser ist. Wenn es einen Betrieb gab, der symbolisierte, wozu flämische Autonomie in der Lage war, dann wohl Telenet, trauert De Standaard.
De Tijd blickt auf die Entlassung von zwei Spitzenmanagern der Plopsa-Vergnügungsparks: Für Plopsa-Besitzer Studio 100 ist die ganze Affäre um Mobbing und eine generell toxische Betriebskultur nicht nur eine Blamage, sondern auch sehr schmerzhaft. Denn Studio 100 muss jetzt Nachfolger finden, die zwar genauso gut im Geld machen sind, aber ohne die Schattenseiten des bisherigen Managements. Noch schlimmer ist aber der erlittene Imageschaden. Der Betrieb hatte sich ja immer so sympathisch und kuschelig auf dem Markt präsentiert wie die Figuren in seinen Vergnügungsparks. Die Wirklichkeit für die dort arbeitenden Menschen war, wie wir jetzt wissen, freilich eine ganz andere. Dass diese Missstände über Jahre fortbestehen konnten, zeigt auch, dass dringend an den internen Kontroll- und Meldemechanismen gearbeitet werden muss – im Interesse eines gesunden Betriebsklimas, das aber dennoch eine effektive Führung erlaubt, meint De Tijd.
Ein Datum, das wir nie vergessen dürfen
Als einzige Zeitung greift La Dernière Heure in ihrem Leitartikel den heutigen Jahrestag der Terroranschläge von Brüssel auf: Dieses Datum, der 22. März 2016, hat sich unauslöschlich in das Gedächtnis aller Belgier eingebrannt. Wir alle wissen genau, wo wir damals waren und was wir machten, als die islamistischen Attentäter am Flughafen in Zaventem und in der Nähe der Metrostation Maelbeek ein Blutbad anrichteten mit 32 Toten und Hunderten weiteren Opfern. Es ist ein Datum, das wir nie vergessen dürfen. Derweil läuft der Prozess um die Anschläge auf Hochtouren. Dennoch erlauben wir uns, sieben Jahre nach den Anschlägen, die Frage, ob Lehren gezogen worden sind aus diesem Ereignis, das Belgien so tiefgreifend verändert hat. Leider sind wir nicht sicher. Wie etwa der MR-Abgeordnete Denis Ducarme unterstreicht, mangelt es an Mitteln und Personal zur Terrorismusbekämpfung, beklagt La Dernière Heure.
Boris Schmidt