"Das Delhaize-Personal hat nicht vor, sich zu beugen", so die Schlagzeile auf Seite eins von Het Nieuwsblad. "Die Delhaize-Gewerkschaften bereiten sich auf eine Abnutzungsschlacht vor", titelt De Standaard.
Spätestens seit gestern stehen bei der Supermarktkette Delhaize die Zeichen auf Konfrontation. Die erste Betriebsratssitzung seit Bekanntgabe der Umstrukturierungspläne lief völlig ins Leere. Das Treffen zwischen Direktion und Gewerkschaften war schon nach einer Viertelstunde wieder vorbei.
Die Gewerkschaften weigern sich, überhaupt über die Konzessionierung von Filialen zu diskutieren. Die Direktion hatte ja in der vergangenen Woche angekündigt, sich von allen noch verbleibenden 128 betriebseigenen Märkten trennen zu wollen. Betroffen sind insgesamt 9.000 Mitarbeiter. Obendrauf hat Delhaize gestern auch noch den Abbau von bis zu 280 Arbeitsplätzen im Hauptsitz des Unternehmens angekündigt. "Die geplanten Stellenstreichungen könnten den Protest noch weiter anheizen", orakelt Le Soir auf Seite eins.
Delhaize: Eine soziale Abwärtsspirale
Bei Delhaize geht es in diesen Tagen buchstäblich hart auf hart, analysiert Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Gewerkschaften und Direktion haben sich in ihren jeweiligen Positionen eingegraben. Vor allem den Arbeitnehmervertretungen ist sehr bewusst, dass es hier nicht nur um Delhaize geht, sondern um den Einzelhandel insgesamt. Denn die Marke mit dem Löwenlogo ist kein Einzelfall.
Alle Supermarktketten kämpfen mit denselben Problemen. In ihrem gnadenlosen Konkurrenzkampf um den belgischen Markt haben sie sich alle dazu verleiten lassen, immer und immer mehr Filialen zu eröffnen. Mit dem Resultat, dass man in manchen Städten in einem Umkreis von 500 Metern rund ein Dutzend kleine und große Supermärkte findet. Das Personal wird hier zu einer bloßen Stellschraube. In diesem Land haben wir inzwischen Supermärkte genug. Dieser Wildwuchs muss aufhören!
De Morgen sieht auch noch eine andere Problematik, die bei dem Delhaize-Konflikt mindestens unterschwellig mitschwingt. Es sieht doch sehr danach aus, dass die Delhaize-Direktion hier auch mit einem Mal ihre Verantwortung für ältere Arbeitnehmer loswerden will, meint das Blatt. Die Mehrheit der von den Plänen betroffenen Personalmitglieder sind 30 Jahre und mehr dabei. Delhaize schreibt diese Menschen nun buchstäblich ab, indem man sie an Subunternehmer weiterreicht. Und nur ein naives Christkind glaubt, dass diese Angestellten langfristig zu ihrem derzeitigen Gehalt und den aktuellen Konditionen weiterarbeiten können.
Hier geht's nicht darum, selbstständige Franchise-Nehmer prinzipiell als Ausbeuter hinzustellen. Es liegt ganz einfach in der Natur des Geschäftsmodells, dass insbesondere für Menschen über 50 höhere Flexibilität bei zugleich niedrigeren Bezügen nur schwer hinnehmbar sind. Hier passiert genau das, wovor die Gewerkschaften seit Jahren warnen: Die soziale Latte wird immer niedriger gelegt.
Na dann, Good Luck!
Einige Zeitungen beschäftigen sich weiter mit der Pleite der amerikanischen Silicon Valley-Bank. Der Sturm an den Finanzmärkten mag sich erstmal gelegt haben, doch wirft das Debakel weiter brennende Fragen auf, meint L'Echo. Die Erste betrifft die Kontrolle: Wie ist es möglich, dass die verschiedenen, für die Bankenaufsicht zuständigen Institutionen nicht viel früher auf die Schieflage bei dem kalifornischen Geldhaus aufmerksam geworden sind?
Zweite, ebenso unbequeme Frage: Trägt die US-Notenbank Fed nicht eine Mitschuld am Crash der Silicon Valley-Bank? Vor genau einem Jahr hat die Fed damit begonnen, ihren Leitzins mehrmals und in großen Schritten anzuheben. Plus 4,5 Prozentpunkte innerhalb von zwölf Monaten, das hat es selten gegeben. Analysten haben immer wieder davor gewarnt, dass derartige Zinserhöhungen früher oder später Krisen auslösen können. Natürlich gab es gute Gründe dafür. Man wollte die Inflation eindämmen. Angesichts des aktuellen Scherbenhaufens entwickelt sich das Ganze aber zum Dilemma. Da kann man nur sagen: Good luck!
Für die Notenbanken ist das ein delikater Drahtseilakt, pflichtet De Tijd bei. Auf der einen Seite ist da die hartnäckige Inflation, auf der anderen die fragile wirtschaftliche Dynamik; und obendrauf dann noch manisch-depressive Finanzmärkte. Bekämpft man allzu entschlossen die Inflation mittels Zinserhöhungen, dann besteht die Gefahr, dass man die Wirtschaft abwürgt. Und nebenbei drohen Kollateralschäden, wie eben im vorliegenden Fall die Pleite der Silicon Valley-Bank.
Nichts gegen die hohen Preise zu unternehmen, das war aber auch keine Option. Die Notenbanken, allen voran die Fed und auch die Europäische Zentralbank, werden jetzt also enorm viel Augenmaß an den Tag legen müssen. Brennt das Inflationsfeuer noch? Dann müssen in der Geldpolitik die Schrauben angezogen werden. Beginnt die Preisspirale langsamer zu drehen, dann muss man tunlichst die Finger von den Zinsen lassen. Eben ein Drahtseilakt.
Schulferien: Was für ein Durcheinander!
La Libre Belgique zieht schließlich eine durchwachsene Bilanz nach den ersten Erfahrungen mit dem neuen Schulkalender im frankophonen Landesteil: Die frankophone Unterrichtsministerin, Caroline Désir, will überwiegend "sehr, sehr positive" Echos gehört haben nach den ersten verlängerten Karnevalsferien. Ach so? Vielleicht hat sie nur die wohlwollenden Stimmen wahrgenommen. Es gab nämlich durchaus auch sehr viel vehemente und manchmal sogar vernichtende Kritik. Und die sollte man bitte auch nicht ausblenden. Denn die Reform sorgt in doch zahlreichen Familien für sehr reale Probleme. Ganz zu schweigen von organisatorischen Schwierigkeiten aller Art: Jugendgruppen finden etwa keinen Ort für ihre Sommerlager.
Und in den nächsten Jahren wird das alles nur noch schlimmer. Abgesehen von Weihnachten wird es keinerlei Schnittmengen mehr geben zwischen den Schulferien im Norden und im Süden des Landes. Nicht eine gemeinsame Ferienwoche! Das kann man doch nicht ernsthaft wollen. Man sollte da doch mal ein Mindestmaß an Pragmatismus an den Tag legen.
Roger Pint