"Bachmut hält sich wacker, aber wie lange noch?", fragt sich De Morgen auf Seite eins. Die russische Armee greift die ostukrainische Stadt nach wie vor quasi pausenlos an und muss dabei enorme Verluste hinnehmen. Die Russen kontrollieren zwar jetzt anscheinend schon den Osten der Stadt. Die Ukraine will Bachmut aber noch nicht aufgegeben. Beiden Seiten geht offenbar inzwischen die Munition aus.
"Die europäischen Länder werden selbst Kobalt und Lithium abbauen müssen", so die Aufmachergeschichte von De Standaard. Das zumindest ist der Wille der EU-Kommission. Europa sei zu abhängig von Drittstaaten, wenn's um diese wichtigen Metalle geht. Um also nicht erpressbar zu sein, sollte die EU sich besser selbst helfen. "Und das notfalls auf Kosten der Umwelt", schreibt De Standaard.
"Mit Bussen zu den Gesprächen mit der Delhaize-Direktion", das ist heute die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. Das Personal der Supermarkt-Kette protestiert weiter gegen den Beschluss der Direktion, die ja in der vergangenen Woche angekündigt hatte, sich von allen noch verbleibenden 128 betriebseigenen Filialen zu trennen. Diese Märkte sollen künftig von selbständigen Franchise-Nehmern betrieben werden. Morgen steht ein Gespräch zwischen den Gewerkschaften und der Direktion an. Rund 1.000 Personalmitglieder wollen ihre Vertreter begleiten, um den Druck auf die Verantwortlichen zu erhöhen.
Stickstoff-Abkommen: Eine Lösung mit Modellcharakter?
Viele flämische Zeitungen beschäftigen sich in ihren Leitartikeln derweil mit dem neuen Stickstoff-Abkommen. Die flämische Regierung hatte sich ja am Freitag überraschend doch noch auf eine Neuregelung einigen können. Dies, nachdem die Koalition beinahe an der Problematik zerbrochen wäre.
"Am Ende gab's am Freitag dann doch noch lachende Gesichter", kann Het Laatste Nieuws in seinem Kommentar nur feststellen. Wenn man sich vor Augen führt, wie sich die Partner noch einige Tage vorher beharkt hatten, dann hätte man es kaum für möglich gehalten, dass diese Equipe überhaupt noch irgendwas gemeinsam auf die Reihe kriegen würde. Zu verdanken ist das wohl vor allem dem OpenVLD-Vizeministerpräsidenten Bart Somers. Der hatte die Idee, dass man den Bauern doch noch die Möglichkeit geben sollte, ihre Aktivitäten auszudehnen, unter der Bedingung, dass sich ihr Stickstoff-Ausstoß merklich verbessert hat. Klar: Man kann da den Eindruck haben, dass das Problem damit auf die lange Bank geschoben wird. Und doch kann diese Lösung Modellcharakter haben.
"Es fehlt jegliche Vision"
De Standaard sieht das ganz anders. Es ist offensichtlich, dass die flämische Regierung zumindest in einigen Bereichen eigentlich nur beschlossen hat, nicht zu beschließen. Man hat tatsächlich gewisse Punkte schlicht und einfach auf die Zukunft verschoben. Insofern hat das Abkommen vom vergangenen Freitag bestimmt nicht dazu geführt, dass die Bauern jetzt besser schlafen. Denn die Kernfragen bleiben unbeantwortet, die da lauten: Welche Landwirtschaft ist in Flandern auf Dauer noch möglich? Was erwartet Flandern von seinen Bauern? Wie werden Landwirte künftig ihr Geld verdienen? Und wie kriegt man die Verbraucher mit ins Boot? Anders gesagt: Es fehlt jegliche Vision. Denn, nicht vergessen: Schon bald wird es um andere Herausforderungen gehen, die mindestens genauso komplex sind wie die Stickstoff-Problematik, allen voran den Kampf gegen den Klimawandel. Man kann nicht alle Probleme unabhängig voneinander lösen. Auf die Gefahr hin, dass die Politik die Landwirte in einen Dauerstress versetzt.
Und auch das Raumordnungsthema muss DAS Wahlkampfthema sein
De Morgen spinnt diesen Gedanken weiter. Die Stickstoff-Problematik ist doch nur eine von vielen. Wohnhäuser, Autobahnen, Häfen, Windräder, Hochspannungsleitungen, Fabriken, landwirtschaftliche Betriebe, Schienen, Fahrradwege, Natur: All das koexistiert in unserer Landschaft. Und all das ist nötig, heute und auch in der Zukunft. Gerade im beengten Flandern muss man also ein großes Gleichgewicht finden. Und da gibt es nur ein Zauberwort, das da lautet: Raumordnung. Im Grunde fällt auch die Stickstoff-Problematik darunter, geht es doch um die Frage, wie man Landwirtschaft, Industrie und Natur in Einklang bringen kann. Das Problem ist, dass es die Politik seit jeher nicht geschafft hat, klare Weichenstellungen vorzunehmen. Immer hat man sich letztlich vertagt. Und inzwischen stehen sich Landwirtschaft und Natur eigentlich gegenseitig im Weg. Wenn das Thema auch nicht wirklich sexy ist: Die Raumordnung sollte im kommenden Jahr eigentlich DAS Wahlkampfthema Nummer eins sein.
"Der Papst mit dem Fuß in der Tür"
La Dernière Heure befasst sich mit den Vorstandswahlen bei den frankophonen Sozialisten PS. "And the winner is..." Trommelwirbel... "Paul Magnette ist als PS-Chef wiedergewählt worden". 93,5 Prozent der Delegiertenstimmen, das ist zwar etwas weniger als beim letzten Mal. Aber was soll's? Im Grunde hielt sich die Spannung doch arg in Grenzen. Bis auf wenige Ausnahmen gab's auf fast allen Ebenen nur einen Kandidaten: Den Platzhirsch, der sich für seine Wiederwahl bewarb. Das hat was von einem Ponyhof, nach dem Motto: "Wir haben uns doch alle lieb". Was lernen wir daraus, und das gilt bestimmt nicht nur für die PS: Wer sich einen Namen machen will, der muss erst warten, bis ein Dinosaurier beschlossen hat, aus freien Stücken abzutreten.
La Libre Belgique schließlich zieht eine Bilanz zum zehnjährigen Jubiläum des Pontifikats von Papst Franziskus. Man mag den Eindruck haben, dass Franziskus im Grunde alle enttäuscht hat: Die progressiven Kräfte, weil er zu wenig Erneuerungswillen an den Tag gelegt hat, und die Konservativen, weil sie genau das weiter befürchten. Die einen wünschen sich den Bruch, andere wollen ihn verhindern. Franziskus hat da offensichtlich einen Mittelweg gefunden. So mancher nennt ihn den "Papst mit dem Fuß in der Tür". Immer mal wieder stellt Franziskus Ideen und Gedanken in den Raum, die Debatten auslösen, die er dann genau beobachtet. In diesem Sinne ist er ein heilsamer Stein im Schuh der Katholiken, der sie dazu zwingt, innezuhalten, sich umzudrehen, sich zu hinterfragen. Das Pontifikat von Franziskus ist bestimmt nicht frei von Paradoxen, sein Verdienst ist es aber, dass es uns zur Selbstreflexion zwingt.
Roger Pint