"Deutschland wird Leopard 2-Panzer an die Ukraine liefern", meldet Le Soir auf Seite eins. "Grünes Licht von Kanzler Scholz: Deutschland macht Kehrtwende und liefert Panzer an die Ukraine", titelt De Tijd. "Deutschland überschreitet den Rubikon und schickt auch selbst Panzer", ist der Aufmacher bei De Standaard. "Weg frei für Leopard-Lieferung: Ende einer Hängepartie", liest man im Innenteil des GrenzEchos. "Leoparden sollen neue Phase des Krieges einläuten", so De Morgen.
Die Titelseiten stehen heute vor allem im Zeichen der Leopard 2-Lieferungen und der Oscar-Nominierung des belgischen Films "Close" als bester ausländischer Film. Die Leitartikel befassen sich jedoch mit ganz anderen Themen.
Schluss mit der Politik des Geldausgebens
Le Soir greift die belgischen Haushaltszahlen auf: Das europäische Statistikamt Eurostat hat bestätigt, dass Belgien im vierten Trimester 2022 das höchste Defizit der Eurozone hatte – während vier Länder sogar einen Haushaltsüberschuss verbuchen konnten. Laut den Prognosen der Europäischen Kommission wird Belgien auch bis Ende 2024 Schlusslicht bleiben in dieser Liste. Zugegeben, diese Situation ist vor allem das Ergebnis einer Reihe aufeinanderfolgender Katastrophen: Die Finanzkrise von 2008 wirkt bis heute nach, dann waren da noch Covid, die schweren Überschwemmungen in der Wallonie, der Ukrainekrieg und die Energiepreiskrise. Man kann den politisch Verantwortlichen auch wirklich nicht vorwerfen, Hilfe und Unterstützung über Finanzen gestellt zu haben. Allerdings scheint unsere Regierung – im Gegensatz zu den anderen Ländern der Eurozone – die Kurve einfach nicht zu kriegen. Diese Politik des Geldausgebens ist gefährlich und muss eingeschränkt werden. Denn nicht zu handeln, hilft den Menschen im Land nicht wirklich, es belastet ihre Zukunft mit Krediten zu astronomischen Zinsen, warnt Le Soir.
Der nächste Testballon
Warum lassen die Parteien eigentlich andauernd Testballons steigen?, fragt sich Het Laatste Nieuws. Das ist doch immer nur heiße Luft. Jüngstes Beispiel: die flämischen Christdemokraten CD&V. Die wollen nun auch eine Prüfung für Menschen einführen, die Belgier werden wollen. Dabei hätten die CD&V und ihre Asylstaatssekretärin Nicole De Moor doch eigentlich viel dringendere Probleme zu lösen, den Zustrom von Flüchtlingen und die Aufnahmekrise nämlich! Menschen, die in Belgien um Asyl bitten wollen, haben ein Anrecht auf Unterkunft und Versorgung – die bekommen sie in Belgien aber nicht immer. Deswegen ist das Land schon 7.000 Mal von Gerichten verurteilt worden und häuft unbezahlte Geldbußen an. Es ist schon so weit, dass der Gerichtsvollzieher bei Fedasil vorbeischauen wird. Die frankophonen Sozialisten PS haben Recht, wenn sie dieses Verhalten als Gefahr für den Rechtsstaat bezeichnen, denn das ebnet radikalen Parteien den Weg und kann die Demokratie gefährden, meint Het Laatste Nieuws.
Ein Boss wie jeder andere eben auch
La Dernière Heure nimmt den Vorsitzenden der frankophonen sozialistischen Gewerkschaft FGTB, Thierry Bodson, aufs Korn: Der hatte bei einer Umfrage der Zeitung La Libre Belgique keine Auskunft über sein Gehalt geben wollen. Genau kennen wir die Höhe seiner Bezüge auch nicht, räumt La Dernière Heure ein, aber es sind mindestens 4.500 Euro netto pro Monat plus Firmenwagen, Handy und Internetvertrag. Denn das hatte schon sein Vorgänger 2017. Und wir gehen mal davon aus, dass auch das Gehalt von Herrn Bodson an den Index angepasst worden ist. Hat er Angst, dass seine Gewerkschaftsmitglieder ihn deswegen zur Bourgeoisie zählen könnten? Oder noch schlimmer, als Boss betrachten könnten? Ihn, der gerade 34 Mitarbeiter mittels des stark kapitalistisch angehauchten "Renault-Gesetzes" feuern will? Ein Boss wie jeder andere eben auch, giftet La Dernière Heure.
Eine delikate Aufgabe und eine historische Leistung
L'Avenir beschäftigt sich mit dem Korruptionsskandal in der Ukraine: Für Präsident Selenskyj ist das eine delikate Angelegenheit. Denn auch wenn er seit dem Beginn des russischen Überfalls auf sein Land ein außergewöhnlich hohes Vertrauen genießt, so sollte er sich doch stark für das interessieren, was da im Verteidigungsministerium passiert ist. Mitten im Krieg und angesichts eines Feinds, der selbst kleinste politische Unstimmigkeiten ausnutzen wird, wird das eine Übung, für die er starke Nerven brauchen wird. Aber Selenskyj hat bereits in der Vergangenheit bewiesen, dass er unerbittlich sein kann. Er weiß, dass er in den eigenen Reihen durchgreifen muss – nicht nur, um das Vertrauen seiner eigenen Bevölkerung zu behalten, sondern auch das seiner westlichen Verbündeten. Zu weit darf er dabei allerdings auch nicht gehen, analysiert L'Avenir.
Das GrenzEcho kommentiert das belgische Abschneiden bei der Handball-WM: Während es für die großen Nationen mit dem Beginn des Viertelfinales nun in die heiße Phase geht, reisten die Roten Wölfe am Dienstag in die Heimat zurück. Dass sie dies erst gestern taten und nicht bereits vergangene Woche, spricht für ihr gutes Abschneiden. Bei allen verpassten Chancen haben sie immerhin eine beim Schopfe gepackt: Sie haben sich zum ersten Mal für eine Weltmeisterschaft qualifiziert. Und das als Mannschaft, die mit nicht-professionellen Spielern gespickt ist. In jedem Fall eine historische Leistung, die Hunger auf mehr macht, findet das GrenzEcho.
Boris Schmidt