"Katargate: Kronzeuge Antonio Panzeri beschuldigt Marc Tarabella", titeln fast gleichlautend La Libre Belgique und Le Soir. "Für Tarabella sieht es schlecht aus", meint La Dernière Heure auf Seite eins. "Deal mit Italiener kann Goldmine für belgische Justiz sein", notiert De Tijd auf ihrer Titelseite.
In der als Katargate bezeichneten Korruptionsaffäre im Europäischen Parlament hat sich gestern der Hauptangeklagte, der Italiener Antonio Panzeri, zum Kronzeugen erklärt. Nach Informationen der Zeitungen soll er bei seinen Aussagen gegenüber der belgischen Staatsanwaltschaft den belgischen PS-Europaabgeordneten Marc Tarabella schwer belastet haben.
Dazu kommentiert L'Avenir: Nach 2018, im Rahmen des Fußballskandals, ist es erst das zweite Mal, dass die belgische Justiz mit einem Kronzeugen zusammenarbeitet. Die Kronzeugen-Regelung, von der Panzeri jetzt profitiert, bleibt dabei grundsätzlich weiter umstritten. Kritiker sagen, dass der Kronzeuge alles tun wird, um vor allem andere als Schuldige dastehen zu lassen. Diese Kritik bleibt berechtigt. Trotzdem überwiegen die Vorteile, mit einem Kronzeugen zusammenzuarbeiten. Denn Kronzeuge Panzeri wird es ermöglichen, bei den Ermittlungen im Korruptionsskandal schnell Fortschritte zu erzielen. Und darum geht es ja im Kern, unterstreicht L'Avenir.
Warum einfach wenn's auch kompliziert geht?
Le Soir ist überzeugt: Im Europaparlament fangen sicherlich so einige an, zu schwitzen. Wenn Panzeri jetzt auspackt, könnte das für so manchen Parlamentarier schlecht ausgehen. Ein Beispiel dafür hat Panzeri schon gebracht. Der Italiener hat zugegeben, zwischen 120.000 und 140.000 Euro an den belgischen Europaabgeordneten Marc Tarabella gezahlt zu haben. Detailreich schildert er, wie er Bargeld in Tüten oder Papier gehüllt regelmäßig in Portionen von 20.000 Euro an den belgischen Sozialisten übergeben hat. Der bestreitet das. Einer von beiden sagt nicht die Wahrheit. Die Ermittlungen werden zeigen, wer recht hat, ist sich Le Soir sicher.
Die Wirtschaftszeitung L'Echo beschäftigt sich mit den aktuellen Energieprämien, die der belgische Staat den Bürgern zahlt, und findet: Unnötigerweise hat die Föderalregierung das System der Prämien verkompliziert, was zum Beispiel dazu führt, dass Menschen, die mit Gas heizen, viel mehr Geld bekommen als Bürger, die elektrisch heizen. Überall wird jetzt differenziert. Dabei gab es schon ein einfaches System mit dem allen sofort geholfen wurde: Der Energie-Scheck, den die Regierung im Frühjahr ausgezahlt hatte. Natürlich kann man einwenden, dass dieser Scheck nicht immer ganz zielgerichtet war. Aber lieber ein einfaches System, als ein kompliziertes, das auch nicht mehr Gerechtigkeit schafft, meint L'Echo.
Lieber Flugzeuge oder Bäume in Deurne?
De Standaard schreibt zu den Kosten des Flughafens Deurne im Großraum Antwerpen: Kurz vor Weihnachten hat die flämische Regierung sich über die Zukunft der Regionalflughäfen ausgetauscht. Dabei ist vor allem Deurne aufgefallen. Rentabel ist der Flughafen bei weitem nicht. Dem 2,8 Millionen-Umsatz, den er jährlich generiert, stehen alles in allem 13,2 Millionen Euro staatliche Unterstützung gegenüber. Wenn man dann noch weiß, dass der Flughafen vor allem Privatkunden dient, um mal schnell nach London zu fliegen, stellt sich schon die Frage, ob der Betrieb des Flughafens weiter sinnvoll ist. Die flämische Regierung sucht auch noch Fläche, um ihre Aufforstungspläne einzuhalten, ätzt De Standaard.
La Dernière Heure schreibt zur Geburtenrate in Belgien: Es sieht nicht gerade rosig aus. Und natürlich schreiben wir über dieses Thema gerade nur, weil in China ein großes Defizit in der Geburtenrate festgestellt wird. Das wird schwere Konsequenzen für die dortige Wirtschaft haben. Doch bei uns sieht es eben nicht besser aus. Gerade in der Wallonie scheint die Lust, Kinder in die Welt zu setzen, ganz und gar nicht groß. Besser sieht es schon in Flandern aus: Da gibt es einen Zuwachs von 4,6 Prozent. Es sieht so aus, als ob die Flamen zuversichtlicher in die Zukunft schauen als die Wallonen, grübelt La Dernière Heure.
Niederländisch mangelhaft, Kindergeld weg?
Het Nieuwsblad berichtet: Mit den Niederländisch-Kenntnissen der Grundschulkinder in Flandern steht es nicht zum Besten. Auf diese Nachricht hat Bildungsminister Ben Weyts von der N-VA mit dem Vorschlag reagiert, den Eltern das Kindergeld zu kürzen, die sich nicht um die Sprachkenntnisse ihrer Kinder kümmern. Nach heftiger Kritik an diesem Vorschlag ruderte Weyts zurück. Er habe mit dem Vorschlag eine Debatte über die Verantwortlichkeit der Eltern anstoßen wollen. Das ist nicht schlecht, aber vor allem sollte man auch eine Debatte über die Verantwortung des Bildungsministers selbst führen, rät Het Nieuwsblad.
De Morgen stellt fest: Das Kindergeld wird jetzt schon zum wiederholten Male als Drohmittel missbraucht, um Sozialprobleme zu bekämpfen. Justizminister Vincent Van Quickenborne wollte den Familien das Kindergeld kürzen, deren Kinder nach Fußballspielen randaliert hatten. Jetzt folgt Ben Weyts mit seiner Idee. Man könnte auch Politikern das Kindergeld wegnehmen, die nichts gegen Lehrerknappheit tun, im Parlament nicht anwesend sind – sprich, einfach ihren Aufgaben nicht nachkommen. Aber im Ernst, das Problem der fehlenden Niederländisch-Kenntnisse verdient bessere Vorschläge als die von Weyts, resümiert De Morgen.
Kay Wagner