"Phänomenal", jubelt L'Avenir auf der Titelseite. "Pures Gold", so die Schlagzeile von Het Nieuwsblad. "Merckxianisch, selbst für Eddy Merckx", schreibt Gazet van Antwerpen auf Seite eins.
Der belgische Radsportprofi Remco Evenepoel ist gestern in Australien Weltmeister im Straßenrennen geworden. Die Zeitungen freuen sich überschwänglich über den Erfolg des 22-jährigen Sportlers und vergleichen ihn mit der belgischen Radsportlegende Eddy Merckx. Einige Zeitungen greifen den Sieg auch in ihren Leitartikeln auf.
Het Belang van Limburg schreibt in seinem Leitartikel: Es war meisterhaft, wie Remco Evenepoel sich am Sonntag zum Weltmeister gekrönt hat. Sein Sieg hat erneut gezeigt, welche positiven Auswirkungen Erfolge im Sport haben können. Er hat das Gefühl der Einheit in Belgien gestärkt und hat eine heilende Wirkung: Gestern Vormittag haben wir alle die hohen Energiepreise und gestiegene Lebenshaltungskosten vergessen. Dank unseres Remco, freut sich Het Belang van Limburg.
Vorbildlich: Remco und Wout als Teamplayer
Le Soir findet: Dieser kleine, fast schmächtige Mann hat am Sonntag belgische Sportgeschichte geschrieben. Mit 22 Jahren weist Evenepoel Statistiken auf, die eines Eddy Merckx' würdig sind. Remco hat es verdient, dass er wie Eddy Merckx, Justine Henin, die Roten Teufel und unsere Hockeyspieler auf dem Balkon des Brüsseler Rathauses empfangen wird. Brüssels Bürgermeister Philippe Close, größter Fan von Remco wartet schon darauf, die Grand-Place ebenfalls, weiß Le Soir.
La Dernière Heure bemerkt: Neben dem Erfolg von Evenepoel ist auch der vierte Platz von Wout Van Aert gestern hervorzuheben. Remco und Wout sind eigentlich Rivalen. Aber gestern während des Rennens hatten beide nur ein Ziel: Weltmeister sollte ein Belgier werden. Wout hat sich letztlich in den Dienst von Remco gestellt. Dieses Überwinden der persönlichen Rivalitäten für ein übergeordnetes Ziel sollte ein Beispiel für unsere Politiker sein. Auch sie sollten in den gerade sehr unruhigen Zeiten ihre Rivalitäten zurückstellen, um gemeinsam das belgische Schiff in einen ruhigen Hafen zu lenken, wünscht sich La Dernière Heure.
Politische Geschlossenheit fordern andere Zeitungen konkret beim Kampf gegen die Drogenkriminalität. Anlass dazu ist der am Wochenende gescheiterte Versuch, den föderalen Justizminister Vincent Van Quickenborne zu entführen.
Kein Vorbild: Mexiko
De Standaard kommentiert: Es steht fast außer Zweifel, dass Mitglieder der Drogenmafia den Minister entführen wollten. Die Unterwelt bedroht nun auch Politiker bei uns. So wie das in den Niederlanden schon länger üblich ist. Ohne Zweifel muss deshalb der Kampf gegen die Drogenmafia weiter und besser als jetzt geführt werden. Noch mehr Zusammenarbeit ist nötig. Wobei natürlich klar ist: Hier vor Ort in Belgien werden nur kleine Fische gefangen. Die Hintermänner des Drogenhandels sitzen im Ausland. Trotzdem: Es darf nicht dazu kommen, dass Politik, Polizei und Gerichte nach den Pfeifen der Drogenmafia tanzen, unterstreicht De Standaard.
Het Nieuwsblad erinnert: Repression und Gewalt erzeugen meist wieder Gewalt, und zwar von denjenigen gegen die sich die Repression richtet. Beim Kampf gegen die Drogenmafia ist es nicht anders. Je intensiver ein Staat gegen diese Mafia vorgeht, desto wilder schlägt sie um sich. Wozu das führt, kann man in Mexiko sehen. Mit dem Entführungsversuch von Van Quickenborne gibt es erste Anzeichen dafür jetzt auch in Belgien. Solche Szenarien könnten sich wiederholen, wenn weiter nur mit Härte gegen die Drogenmafia vorgegangen wird. Vielleicht sollten auch andere Wege ausprobiert werden, zum Beispiel mehr Aufklärung über die negativen Folgen von Drogen. Klar ist: Es muss irgendetwas passieren, um keine Gewaltspirale in Gang zu setzen, fordert Het Nieuwsblad.
De Morgen rät: Eine Möglichkeit, um erfolgreicher gegen die Drogenmafia vorzugehen, wäre eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Belgien und den Niederlanden. Polizei und Grenzpersonal beider Länder sollten viel enger als heute zusammenarbeiten. Das Festhalten an nationalen Grenzen ist gerade im Kampf gegen die Drogenmafia völlig ineffizient, weil diese Mafia schon längst international operiert, betont De Morgen.
Problem: Alle fordern Geld
Het Laatste Nieuws schaut auf die Regierungserklärung in Flandern und führt aus: Man darf gespannt sein, was Ministerpräsident Jan Jambon heute sagen wird. Alle fordern Geld. Dabei steht es um die Finanzen in Flandern gar nicht gut. Und es ist bekannt, dass Jambons N-VA nicht gerne viel Geld ausgeben will. Bei den Koalitionspartnern von OpenVLD und CD&V sieht das anders aus. Sie wedeln mit langen Listen von Projekten, für die sie Geld ausgeben wollen, berichtet Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique beschäftigt sich mit den Wahlen in Italien und meint: Der Sieg der rechtsextremen Kräfte in Italien bedeutet ein Versagen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten. Die Bedrohung der Demokratien durch rechtsextreme Kräfte ist seit 20 Jahren eine ernst zu nehmende Realität. Aber immer noch haben es die europäischen Staaten nicht geschafft, die Bürger von der Notwendigkeit der Demokratie zu überzeugen. Ein Rückfall in die dunkelsten Stunden der Vergangenheit scheint weiter möglich, bedauert La Libre Belgique.
Kay Wagner