"Die Queen ist tot – Erschütterung und Trauer in aller Welt – Charles ist neuer König", fasst das GrenzEcho im Telegramm-Stil die seit gestern alles beherrschenden Entwicklungen auf seiner Titelseite zusammen. "Queen Elizabeth II (1926-2022)", so die fast gleichlautenden Überschriften über ganzseitigen beziehungsweise großformatigen Fotos der Queen unter anderem bei De Standaard, Het Belang van Limburg und L'Avenir. "Pflichtbewusst bis zum Ende", liest man bei De Morgen, kurz vor ihrem Tod hatte die Königin ja zum Beispiel noch die neue britische Premierministerin vereidigt. "Ein Leben, eine Herrschaft, ein Jahrhundert", fasst La Libre Belgique zusammen, die wie zahlreiche andere Zeitungen heute viele Sonderseiten zur verstorbenen britischen Monarchin hat.
Die Botschaft, die alles überdauert hat
Queen Elizabeth wurde Königin, als Winston Churchill, Harry Truman und Josef Stalin die Welt regierten und ihr Land noch ein Weltreich war, das große Teile Afrikas beherrschte, erinnert De Standaard. Die Botschaft, mit der sie damals den Thron bestieg, war so einfach wie wirksam: Ihre lebenslange Pflicht werde es sein, sich in den Dienst ihres Volkes zu stellen. Seitdem hat sich die Welt so stark verändert, dass sie kaum noch wiederzuerkennen ist. Aber diese Botschaft des Pflichtbewusstseins hat alles überdauert und immer neue Generationen Briten überzeugen können, hält De Standaard fest.
Der Tod von Königin Elizabeth II. zeigt einmal mehr, wie etwas gleichzeitig absolut absehbar und schockierend unerwartet sein kann, kommentiert Het Nieuwsblad. Anlässlich ihres Todes werden viele Emotionen freier gezeigt werden, als sie selbst es sich jemals erlaubt hat. Sie wird betrauert werden als Großmutter der Nation, als Fels in der Brandung, als Personifizierung Großbritanniens. Aber Elizabeth II. war trotzdem keine Heldin, sie war keine Visionärin, keine Anführerin im heutigen Sinne. In einer Zeit unermüdlicher Selbstdarstellung blieb sie eine Rolle, eine Funktion, eine pflichtbewusste schemenhafte Figur mit einem sehr langen Schatten. In einer Zeit der Unsicherheit hat sie Sicherheit geboten. Davon werden die Briten und die Welt nun Abschied nehmen – von einer Ikone, von einem Stück Vergangenheit und Geschichte, der Welt, ja von uns selbst, so Het Nieuwsblad.
Das echte Ende des Empire
Nach Churchill hat die Queen noch 14 weitere Premierminister erlebt, hebt De Morgen hervor. Sie hat das Aufkommen des Farbfernsehens mitgemacht, des Internets, der Mobiltelefone, sie soll laut Insidern sogar ein eigenes, geheimes Facebook-Konto gehabt haben. Die Beatles haben über sie gesungen und natürlich auch die Sex Pistols. Sie hat mehrere Rezessionen mitgemacht und die nächste steht ja schon wieder vor der Tür. Sie sah, wie ihr Vereinigtes Königreich der Europäischen Gemeinschaft beitrat und sie ein halbes Jahrhundert später wieder verließ. Ihr Land führte mehrere Kriege, unter anderem um die Falklandinseln. Aber egal, wie turbulent die Geschichte war, auch und gerade innerhalb des Königshauses: Die Königin blieb immer ein Stabilitätsfaktor. Und genau diese Stabilität gerät jetzt immer mehr unter Druck, sowohl was das Vereinigte Königreich betrifft als auch das Commonwealth, analysiert De Morgen.
Elizabeth hat in den fast hundert Jahren ihres Lebens sehr viel mitgemacht und sehr viele Veränderungen gesehen, betont Gazet van Antwerpen. Aber immer blieb sie die Königin, die Trägerin der Krone. Sie betrachtete es als ihre Aufgabe, selbst unveränderlich zu bleiben. Nach und nach wurde sie immer mehr zu einem Anachronismus, aber dennoch fanden die Briten Rückhalt in ihr, in dieser Frau, die die Nation zusammenhielt und nie verzagte. In den turbulenten Zeiten, die Großbritannien gerade durchmacht, bot sie eine Sicherheit, die so nie wieder jemand wird bieten können, ist Gazet van Antwerpen überzeugt.
Auch wenn das für viele Briten noch schwer fassbar ist: Aber mit Elizabeth ist auch die letzte Illusion des britischen Empires gestorben. Wie ein britischer Historiker sagte: Das Begräbnis Winston Churchills war das Requiem für die Großmacht. Aber der Tod Elizabeths ist ihr echtes Ende. Als die BBC am Donnerstag alle Bildschirme schwarz werden ließ, war sie damit vielleicht symbolischer als beabsichtigt. Denn für die Briten und für das Königshaus ist das jetzt ein Reset-Moment, ein Neustart, nach dem sie gemeinsam auf die Suche gehen müssen nach einer neuen Form der Stabilität, glaubt Het Belang van Limburg.
Eine Krone bleibt immer zerbrechlich
Es ist mehr als eine Person, die gegangen ist, mehr als eine Seite im Buch der Geschichte, die umgeblättert wird, schreibt La Libre Belgique. Mit Elizabeth II. erlischt ein Leuchtturm für ein ganzes Land, für ein ganzes Empire. Nach 96 Jahren Leben und 70 Jahren als Oberhaupt des Commonwealth geht eine Epoche zu Ende. Einer derartigen Staatsfrau und Persönlichkeit nachfolgen zu müssen, wird eine schwierige und delikate Herausforderung für ihren Nachfolger werden. Denn ihr Erbe, egal wie majestätisch und kostbar es auch ist, bleibt zerbrechlich. Eine Krone bleibt immer zerbrechlich, warnt La Libre Belgique.
Obwohl alle wussten, dass auch sie nicht ewig leben würde, kommt der Tod von Königin Elizabeth II. zum für ihr Land denkbar schlechtesten Zeitpunkt, meint Het Laatste Nieuws. Denn zusammen mit dem Teetrinken und dem Linksfahren war die Queen so ungefähr das Letzte, was alle Briten zusammengehalten hat, der Faktor, auf den sie sich zumindest noch einigen konnten. Egal, ob City- oder United-Fan, ob Engländer oder Nordire: Alle betrachteten Elizabeth als ihre Queen. Möge sie in Frieden ruhen, nimmt Het Laatste Nieuws Abschied.
Boris Schmidt