"Langsamer fahren, um mehr ausgeben zu können", titelt Gazet van Antwerpen. "Weniger Gas geben für mehr Kaufkraft", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Kaufkraft: die Wege aus der Krise", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Eine Expertengruppe hat der Regierung gestern Vorschläge vorgelegt, mit welchen Maßnahmen die Kaufkraft der Bürger erhalten werden kann in der aktuellen Krisensituation. Einer der Vorschläge ist es, die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 120 auf 110 oder 100 km/h zu begrenzen.
Zu den Vorschlägen meint La Dernière Heure: Die Experten schlagen nichts Revolutionäres vor. Werden ihre Ideen der aktuellen Situation wirklich gerecht? Die Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahnen zu senken, warum nicht? Aber das wird denjenigen Belgiern nicht helfen, die schon mehrere Tage vor Ende des Monats damit anfangen müssen, weniger zu essen, weil sie kein Geld mehr haben, bemerkt La Dernière Heure.
Eigentlich ein guter Vorschlag
Het Nieuwsblad notiert zum Tempolimit: Dieser Vorschlag hat eigentlich nur Vorteile. Er schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch das Klima. Verkehrsexperten geben an, dass es bei niedrigerer Geschwindigkeit weniger Tote und Verletzte durch Verkehrsunfälle geben würde. Und auch die Zahl der Staus würde sich reduzieren. Das alles würde Gesellschaft und Wirtschaft entlasten. Trotzdem wird es nicht dazu kommen. Kein Politiker – außer vielleicht die Grünen – wird den Mut haben, diesen Vorschlag zu verteidigen. Die Zeiten, in denen Regierungen auch unpopuläre, aber durchaus notwendige Maßnahmen durchdrückten, sind vorbei, stellt Het Nieuwsblad fest.
Het Laatste Nieuws kommentiert: Mutige Politiker schauen nicht weg. Unsere Politiker haben mittlerweile drei Berichte von unterschiedlichen Expertengruppen, in denen Maßnahmen vorgeschlagen werden, um auf die aktuelle Krisensituation zu reagieren. Diese Maßnahmen – oder zumindest einige von ihnen – müssen jetzt umgesetzt werden. Dabei ist es klar, dass es zu Einschränkungen für die meisten von uns kommen wird. Wir leben über unsere Verhältnisse. Und der Staat kann nicht überall eingreifen. Gehandelt werden muss jetzt, nicht später, fordert Het Laatste Nieuws.
Ende der Gießkanne
Le Soir stellt fest: Drei Berichte – von der Nationalbank, der OECD und einer Expertengruppe – liegen der Regierung mittlerweile vor. Alle Berichte sagen, dass man genau das Gegenteil tun muss, was die Regierung bisher getan hat. Die hat bis jetzt das Gießkannen-Prinzip angewendet. Also Maßnahmen beschlossen, die Erleichterungen für alle gebracht haben, auch für die, die es gar nicht nötig haben. Besser seien gezielte Maßnahmen, schlagen die Berichte vor. Diese müssen jetzt von der Regierung beschlossen werden. Und zwar schnell. Denn es bringt nichts, Maßnahmen zu beschließen, die erst in vielen Monaten Erleichterung bringen, unterstreicht Le Soir.
Das GrenzEcho schreibt zur Nominierung der deutschsprachigen Kattrin Jadin als Richterin am Verfassungsgericht: Der föderalen Abgeordneten – Jadin sitzt seit 2007 ununterbrochen in der Kammer – muss man erst einmal gratulieren. Auch wenn die 41-Jährige erst noch von Zweidritteln ihrer Kollegen in der Kammer bestätigt werden muss. Doch davon ist auszugehen. Aus Sicht der deutschsprachigen Belgier bedeutet Jadins Nominierung, dass – zumindest bis zu den Wahlen spätestens im Frühjahr 2024 – kein deutschsprachiger im föderalen Parlament sitzen wird. Denn Jadin muss ab Oktober alle ihre Ämter ruhen lassen. Ob danach eine Partei eine Kandidatin oder einen Kandidaten so hoch auf ihrer Liste platzieren wird, dass er oder sie in die Kammer einziehen kann, steht in den Sternen, grübelt das GrenzEcho.
Wie die Reise sinnvoll wäre
Die flämische Umweltministerin Zuhal Demir ist von unzufriedenen Bauern indirekt mit dem Tod bedroht worden. Auf einer Demonstration wurden Schildern mit der Aufschrift "Demir an den Galgen" gezeigt. Unmöglich findet das Gazet van Antwerpen und erinnert: Es ist nicht Demir, die für die Veränderungen verantwortlich ist, die jetzt die Bauern treffen. Sie setzt europäische Vorgaben um, durch die die Landwirtschaft umweltfreundlicher gestaltet werden soll. Die Entscheider wurden von den Wählern gewählt. Müssen jetzt alle Wähler an den Galgen?, fragt rhetorisch Gazet van Antwerpen.
De Morgen beschäftigt sich mit der Ukraine und weiß: Wenn die Sicherheitslage es erlaubt, werden heute der französische Präsident Emmanuel Macron, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der italienische Premierminister Mario Draghi den ukrainischen Präsidenten Selenskyi in Kiew treffen. Es wäre gut, wenn es bei diesem Besuch um mehr ginge als nur Symbolik. Die drei Herren könnten zum Beispiel im Namen der EU Hilfe anbieten, wie Getreide aus der Ukraine über einen neutralen Korridor in die Welt geschickt werden kann. Das könnte mit EU-Geldern und Menschen aus der EU geschehen. Es könnte ein erster Schritt sein, um die Krise bei der Getreideausfuhr zu meistern, schlägt De Morgen vor.
Kay Wagner