"Die große Offensive", titelt Le Soir. "Russland hat Großoffensive im Osten begonnen: Ukraine-Krieg tritt in neue Phase ein", schreibt das GrenzEcho. "Die Offensive im Donbass hat begonnen: Lernen die Russen aus ihren Fehlern?", fragt De Standaard.
Le Soir ruft in seinem Leitartikel dazu auf, die Solidarität mit der Ukraine aufrechtzuerhalten - gerade auch in diesem immer frühlingshafteren Wetter, das uns das Leben wieder fast normal genießen lässt. Denn das Leben einfach genießen, wollen auch die Ukrainer, die vor Tod, Folter und Vergewaltigung fliehen, die aus ihrer Heimat vertrieben werden, die in Ruinen ausharren müssen. Auch zwei Monate nach Beginn des Kriegs Putins bleibt das, was sich dort abspielt, unbegreiflich und unerträglich. Wir dürfen der Versuchung nicht nachgeben, uns an den Horror zu gewöhnen und zur Tagesordnung überzugehen. Wir müssen weiter Front machen gegen diese Barbarei, die auch uns eines Tages plötzlich treffen könnte. Europa muss noch stärker auf Sanktionen gegen Russland setzen, es muss bereit sein, auf russisches Gas und Öl zu verzichten. Und es muss noch mehr Hilfe schicken an diese Menschen, die sich in diesem Augenblick weigern, sich zu ergeben und die dafür sterben werden, appelliert Le Soir.
Hatte Biden doch Recht?
Die neue Phase des Krieges wird für die Ukraine noch schlimmer werden, schreibt De Morgen. Russland hat seine Truppen reorganisiert und verstärkt, das Kampfgebiet ist kleiner, die Geografie geeigneter für seine zynische Lieblingsstrategie: Auf alles schießen, was sich bewegt. Bis sich nichts mehr bewegt. Die Schlacht um den Donbass lässt in Europa wieder Stimmen laut werden, die fordern, dass die Ukraine doch die neuen Realitäten akzeptieren sollte, dass sie Russland den gesamten Donbass überlassen sollte, dass sie einen Deal mit Putin schließen sollte. Mit so einem "Frieden" könnten dann alle wieder zur Tagesordnung übergehen, inklusive der alten Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern aus Russland, heißt es. Das ist bestenfalls naiv. Denn Putin wird seine Invasion nicht nach dem Donbass stoppen, selbst wenn der Westen ihm die Region schenkt. Putin hat die Ukraine nicht überfallen, um den Donbass zu besetzen oder um eine Pufferzone gegen die NATO zu errichten. Er ist in die Ukraine eingefallen, weil er und seine Anhänger der Ukraine das Existenzrecht absprechen. Putin wird keine Ruhe geben, bevor er diesen aus seiner Sicht historischen Fehler korrigiert hat. Das ist sein Endziel, egal, was am Verhandlungstisch behauptet wird. Sein ganzer brutaler Feldzug beweist, dass es ihm nicht nur um die Ausbreitung seines Territoriums geht. Als US-Präsident Joe Biden vor einigen Wochen sagte, dass Putin weg müsse, wurde er dafür verurteilt. Heute drängt sich wieder die Frage auf, ob Biden nicht Recht hatte, so De Morgen.
Zwei Ereignisse, die die Zukunft Europas prägen werden
Die Bedeutung des Ausgangs des Kampfs um den Donbass übersteigt die Ukraine bei Weitem, hält Het Belang van Limburg fest. Nicht nur, dass ein Sieg Putins bedeuten würde, dass Russland das Gebiet wohl nie wieder hergeben wird. Nein, ein Erfolg würde Putin auch in seiner Überzeugung bestärken, dass sich Krieg lohnt, dass es in jedem Konflikt Beute zu holen gibt. Und die Frage ist dann nicht, ob, sondern wo er als nächstes zuschlagen wird. Moldau? Georgien? Oder noch schlimmer: die baltischen Staaten oder Polen? Neben dem Ukraine-Krieg wird aber noch ein anderes Ereignis die Zukunft Europas für die nächsten Jahre und vielleicht sogar Jahrzehnte prägen: Wenn am Sonntag die Nato-kritische Marine Le Pen die Stichwahl in Frankreich gewinnt, dann droht nicht nur der deutsch-französische Motor der Europäischen Union ins Stottern zu kommen. Dann droht auch das militärische Verteidigungsbündnis geschwächt zu werden. Und das in einer Zeit, in der wir mehr denn je eine geschlossene europäische und transatlantische Front brauchen. Eine Front, die Russland die Stirn bietet und den künftigen Gegnern wie China deutlich macht, mit wem sie es zu tun haben, fordert Het Belang van Limburg.
Ein Schlüsselmoment
Die am Sonntag anstehende Entscheidungsschlacht um den Elysée-Palast beschäftigt auch andere Leitartikler, insbesondere, weil heute Abend die große öffentliche Fernsehdebatte zwischen Amtsinhaber Emmanuel Macron und seiner Herausforderin Marine Le Pen stattfindet: Le Pen versichert, dass sie aus ihrem TV-Debakel von 2017 gelernt hat, als sie von Macron regelrecht vorgeführt wurde, schreibt La Libre Belgique. Bei dieser Wahl ist der Abstand zwischen den beiden noch geringer, was die damaligen Gleichungen auf den Kopf stellt. Schon eine leichte Demobilisierung seiner Wählerschaft könnte sich für Macron als fatal erweisen. Der Amtsinhaber muss vor allem versuchen, die wahlmüden Menschen zu überzeugen, die den Urnengang verweigern wollen. Marine Le Pen ihrerseits wird versuchen, mit ihrem populistischen Kurs die Wähler der Linksextremen zu verführen. Die heutige Debatte wird ein Schlüsselmoment des Wahlkampfs werden. Und das wird sowohl Macron als auch Le Pen sehr bewusst sein, wenn sie heute Abend ihre Plätze im Fernsehstudio einnehmen werden, unterstreicht La Libre Belgique.
Es wird vor allem Emmanuel Macron sein, der heute Abend liefern muss, kommentiert L'Avenir. Er wird insbesondere die linke beziehungsweise linksextreme Wählerschaft überzeugen müssen, die eher dazu tendiert, der Wahl fernzubleiben, als ihm ein zweites Mandat zu erlauben. Gleichzeitig darf Macron gegenüber seiner Herausforderin nicht arrogant auftreten, denn dafür würde er von der französischen Unterschicht die Rechnung präsentiert bekommen. Entweder schon am Sonntag. Oder im besten Fall im Sommer, der aus gesellschaftlicher Sicht sehr heiß zu werden droht, warnt L'Avenir.
Boris Schmidt