"Bus voll mit Belgiern geht in Ägypten in Flammen auf", titelt Het Laatste Nieuws. "Belgische Touristin stirbt auf der Todesroute, weitere sechs Landsleute verwundet", berichtet Het Nieuwsblad auf Seite eins. Der Brand eines Reisebusses in der ägyptischen Wüste, bei dem eine 74-jährige Belgierin gestorben ist, sorgt bei den Zeitungen für Bestürzung auf den Titelseiten.
In ihren Leitartikeln beschäftigen sie sich allerdings nicht mit diesem Thema. Zentral dort ist die gestrige Ankündigung der finnischen Premierministerin, die Prozedur zur Aufnahme Finnlands in die Nato zu starten. Schweden könnte dem finnischen Beispiel bald folgen, ist aber noch unentschlossen.
Putin eint Europa – mehr als der Eurovision Song Contest
De Standaard findet das eine "fast schon logische Konsequenz": Eine Folge der Dreistigkeit des russischen Angriffs auf die Ukraine und des rücksichtslosen Vorgehens des russischen Militärs. Die westlichen Reaktionen auf die Ankündigung von Schweden und Finnland waren gestern von Spott Richtung Putin geprägt: Wieder eine Meisterleistung des Strategen in Moskau, hieß es da. Statt den Westen zu spalten, erreicht Putin ein Zusammenrücken der europäischen Länder, stellt De Standaard fest.
Spöttisch auch der Ton bei Het Laatste Nieuws: Besser als Angela Merkel oder der Eurovision Song Contest es je hätten schaffen können, vereinigt Wladimir Putin Europa unter einem Dach. Sollten Schweden und Finnland tatsächlich der Nato beitreten, verdreifacht sich mit einem Schlag die direkte Grenze des Verteidigungsbündnisses mit Russland. Nach den Vorfällen in der Ukraine haben Schweden und Finnland erkannt, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist. Den Bumerang, den Putin geworfen hat, fliegt ihm geradewegs selbst ins Gesicht, beobachtet Het Laatste Nieuws.
Finnlands Pläne schmecken Putin nicht
De Tijd hingegen warnt: Es ist unwahrscheinlich, dass Wladimir Putin unter den aktuellen Umständen einen Beitritt Finnlands zur Nato ohne Reaktion hinnehmen würde. Der russische Präsident hat den Krieg in der Ukraine ja auch deshalb begonnen, weil Europa und die USA der Ukraine in Aussicht gestellt hatten, Mitglied von EU und Nato zu werden. Dadurch wären die USA bis an die russische Grenze vorgerückt. Das gleiche würde passieren, wenn Finnland der Nato beitritt, erinnert De Tijd.
Zu diesem Aspekt schreibt Gazet van Antwerpen: Putin hat seinen Unmut über die finnischen Pläne bereits geäußert. Ein Beitritt Finnlands zur Nato werde "schwere militärische und politische Folgen haben", sagte er. Die finnische Neutralität sei "ein wichtiger Faktor für Frieden und Sicherheit in Europa". Aber warum sollte Finnland an seiner Neutralität festhalten? Die Basis der finnischen Sicherheit war das bislang gute Auskommen mit dem großen Nachbarn. Putin selbst hat das zerstört. Die neue Nato-Grenze wird Putin maßlos frustrieren, aber auch abschrecken. Zumal sein Heer doch ziemlich angeschlagen scheint, notiert Gazet Van Antwerpen.
Le Soir beschäftigt sich mit US-Präsident Joe Biden. Der hatte gestern den russischen Krieg in der Ukraine als "Völkermord" bezeichnet. Le Soir kommentiert: Vielleicht hat Biden für seine Wortwahl Beweise. Aber dann muss er sie auch vorlegen. Sonst wächst mit dieser Äußerung weiter der Eindruck, dass Biden wenig dafür tut, um die Gemüter rund um den Krieg zu beruhigen. Sondern ganz im Gegenteil eine Eskalation weiter vorantreibt. Nachdem Biden Putin schon als "Mörder" und "Verbrecher" bezeichnet hat, kommt jetzt der "Völkermord" hinzu. Putin wird auf diese Weise zum "absoluten Bösen". Das erinnert an 2003, als unter US-Präsident Bush das Schlagwort "Achse des Bösen" die Runde machte, und auf diese Weise die öffentliche Meinung rhetorisch auf den Krieg gegen den Irak vorbereitet wurde, bemerkt Le Soir.
Marine Le Pen und die Frauenrechte
L’Avenir meint mit Blick auf die französischen Präsidentschaftswahlen: Es ist schon ein bisschen paradox: Die Aussicht, dass vielleicht erstmals eine Frau in den Elysée-Palast einziehen könnte, ruft keine feministische Begeisterung hervor. Tatsächlich müsste man auch schon ein bisschen böswillig sein, um im Erfolg von Marine Le Pen einen Fortschritt für die Rechte der Frauen zu sehen. Dafür reicht ein Blick auf das 22 Punkte umfassende Programm, das Le Pen für Frankreich entworfen hat: Das Wort "Frau" kommt darin kein einziges Mal vor. Allerdings haben 25 Prozent aller Frauen im ersten Wahlgang für Le Pen gestimmt, weiß L’Avenir.
Ein Maßnahmen-Paket gegen Steuerbetrug
La Libre Belgique berichtet, dass die Föderalregierung 25 Maßnahmen beschlossen hat, um besser gegen Steuerbetrug vorzugehen. Die Zeitung begrüßt das ausdrücklich und urteilt: Diese Maßnahmen kommen zur rechten Zeit. Angesichts der angespannten Lage bei den öffentlichen Finanzen, der Furcht vor dem Verlust der Kaufkraft und den ständigen Krisen durch Covid und Krieg ist es geradezu logisch, dass die Regierung mehr gegen Steuerhinterziehung tun will. Steuerbetrug ist ein Krebsgeschwür für den öffentlichen Haushalt. Es wäre unverständlich, wenn die guten Vorsätze der Regierung nicht in rechtsgültige Texte umgewandelt würden, findet La Libre Belgique.
Kay Wagner