"Krieg in der Ukraine: Schwacher Hoffnungsschimmer bei den Verhandlungen", titeln Le Soir und La Libre Belgique. "Russland will Kriegshandlungen rund um Kiew einschränken", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Vorsichtige Hoffnung stößt in USA auf Skepsis", so die Schlagzeile von De Standaard.
Bei den Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland über eine mögliche Beendigung des Kriegs in der Ukraine hat der russische Vizeverteidigungsminister angekündigt, dass Russland seine militärischen Operationen rund um Kiew einschränken werde. Damit solle Vertrauen zwischen den Verhandlungspartnern aufgebaut werden.
Ein "neuer Eiserner Vorhang zu Russland ist unvermeidlich"
Dazu kommentiert De Standaard: Man muss diese Ankündigung mit größter Vorsicht genießen. Nach vier Wochen Krieg, in denen das russische Militär Mariupol und Charkiw zerbombt, flüchtende Bürger erschossen und Raketen auf Geburtskliniken und Theater voll mit Flüchtlingen gefeuert hat, ist es befremdlich, einen russischen Minister von "gegenseitigem Vertrauen" sprechen zu hören. Die kommenden Tage werden zeigen, was diese Worte wert sind. Aber selbst wenn das der Beginn des Endes der Kriegshandlungen bedeuten sollte, bleibt es dabei: So wie vor dem 24. Februar wird es nie mehr werden. Ein neuer Eiserner Vorhang zu Russland ist unvermeidlich, weiß De Standaard.
La Nouvelle Gazette hält fest: Die Ankündigung von gestern ist ein deutliches Zeichen dafür, dass der Blitzkrieg, den Wladimir Putin sich gewünscht hat, nicht stattfinden wird. Die russische Strategie, die Ukraine zu überrumpeln und den ukrainischen Präsidenten aus dem Amt zu jagen, ist ein totales Fiasko geworden. Putin hat den Widerstand der Ukrainer und auch die Reaktionen der westlichen Staaten unterschätzt. Er befindet sich in einer schwierigen Lage. Das Wichtigste jetzt ist es, die Waffen zum Schweigen zu bringen. Um alles andere kann man sich danach kümmern, meint La Nouvelle Gazette aus Charleroi.
Wild-West-Praktiken bei Paketzustellungen ein Ende bereiten
Die Polizei hat gestern drei belgische Depots des niederländischen Paketlieferanten PostNL kontrolliert und die beiden Chefs von PostNL-Belgien festgenommen. Ihnen wird unter anderem Menschenhandel vorgeworfen.
Dazu schreibt Het Belang Van Limburg: Es ist nicht das erste Mal, dass PostNL im Visier der Behörden steht. Dabei dürfte PostNL nur als Beispiel für den gesamten Sektor der Express-Paket-Lieferungen stehen. Hinter jedem Päckchen, das wir kostenlos bis an die Haustür geliefert bekommen, steht eine Welt von Ausbeutung. Die zuständige Föderalministerin Petra De Sutter hat gestern dann auch angekündigt, den Wild-West-Praktiken des Sektors ein Ende zu bereiten. Das ist nur zu begrüßen, findet Het Belang Van Limburg.
De Tijd erinnert: Gespielt werden muss nach den gleichen Regeln. Von daher ist es gut, dass Polizei und Behörden ein Auge auf die Paketlieferanten haben. Sie liefern sich zurzeit einen harten Wettbewerb. Was aber nicht geht, ist, die Spielregeln auf nur einen der Mitspieler zuzuschneiden. Genau das will Petra De Sutter aber tun. Sie will die Paketlieferanten verpflichten, weitgehend mit festangestellten Mitarbeitern zu arbeiten. De Sutter will damit Bpost schützen. Das aber würde die Dynamik aus dem Sektor nehmen und die Konkurrenz erlahmen lassen. So etwas ist nicht wünschenswert in einem Land, das in der heutigen Wirtschaftswelt eine Rolle spielen will. Unternehmen müssen bei ihren Angestellten flexibel bleiben können, bekräftigt De Tijd.
Deplatziertes Störfeuer gegen die Reform des Schulrhythmus
Das Parlament der Französischen Gemeinschaft wird heute über die Reform des frankophonen Schulsystems abstimmen. Die Reform sieht einen neuen Schuljahreskalender vor, bei dem vor allem die Sommerferien um zwei Wochen kürzer und die Herbst- und Karnevalsferien um jeweils eine Woche länger werden sollen.
L’Avenir wertet: Das ist heute ein historischer Moment. Die Reform verspricht, den Lernrhythmus dem biologischen Rhythmus von 900.000 Kindern anzupassen. Bessere Lernbedingungen für diese Kinder sind zu erwarten. Und es würde auch nichts bringen, die Entscheidung darüber auf nächstes Jahr zu verschieben – so, wie es einige jetzt noch fordern. Denn über die Reform ist sehr lange debattiert worden. Und längst ist klar, dass es Probleme mit dem flämischen Ferienkalender geben wird. Aber zu glauben, dass die Flamen in den kommenden zwölf Monaten ihre Meinung ändern und sich nach einem neuen frankophonen Kalender richten, ist utopisch. Zumal der zuständige Minister von der nationalistischen N-VA ist und damit gegen den Willen seiner Wähler handeln müsste, schreibt L’Avenir.
Auch Le Soir ärgert sich: Das Störfeuer gegen die Reform, das jetzt vor allem durch hochrangige liberale Politiker der MR wie zum Beispiel Außenministerin Sophie Wilmès abgefeuert wird, ist völlig deplatziert. Und verkennt überdies, dass liberale Politiker auf Gemeinschaftsebene die ganze Zeit bei der Reform mitgewirkt und sie unterstützt haben. Ein alleiniges Machwerk der PS ist diese Reform nicht, betont Le Soir.
Kay Wagner