"Konzertierungsausschuss berät heute über Code Orange: Lockerungen auf dem Tisch der Regierungen", liest man auf Seite eins des GrenzEchos. "Corona-Barometer: Alle haben es eilig, auf Orange zu wechseln", titelt Le Soir. "Heute öffnen wir das Tor zur Freiheit: Noch sieben Mal schlafen bis …die Clubs öffnen, …die Schließungszeiten wegfallen, …weniger Homeoffice", fasst Het Nieuwsblad zusammen, was ein Umschalten des Barometers auf Code Orange bedeuten würde.
Früher gab es freitags Fisch, die letzten zwei Jahre meist Konzertierungsausschuss, kommentiert Het Nieuwsblad. Oft war das ein Augenblick bangen Abwartens, jetzt ist es ein Augenblick der Hoffnung. Der erste große Schritt in Richtung Freiheit wird gemacht, im März kann das Leben wie früher zurückkehren. Darauf können alle stolz sein, die sich an die Regeln gehalten haben, die Genies, die die Impfstoffe entwickelt haben, all die Freiwilligen, die alles getan haben, um im Eiltempo zu impfen. Sie alle haben – zusammen mit der freundlicheren Omikronvariante – dafür gesorgt, dass das Licht am Ende des Tunnels immer heller wird.
Jetzt können auch die politisch Verantwortlichen damit beginnen, etwas gegen die Polarisierung in der Gesellschaft zu unternehmen: Die Mundschutzmasken für die Jüngsten in den Schulen, der Corona-Pass, die Diskussion über die Impfpflicht – sie sind zu Symbolen geworden. Jetzt, da das Leben ohne große Risiken wieder kann, können sie weg. Denn sie werden von einer extremen Minderheit von Verschwörungstheoretikern, Impfgegnern, Rechts- und Linksextremen instrumentalisiert, um Stimmen zu fangen. Es ist an der Zeit, die Stachel zu ziehen, die diese Menschen nutzen, um unsere Gesellschaft zu vergiften, fordert Het Nieuwsblad.
Entspannung für die Bürger, aber nicht für die Politik
So langsam beginnt die Zeit der Entspannung, meint De Standaard. Nach zwei Jahren Corona hat die Bevölkerung die Nase auch gehörig voll, sie ist mit ihrer Geduld am Ende. Aber was für die Gesellschaft gilt, trifft nicht auf die politisch Verantwortlichen zu. Wir dürfen nicht davon ausgehen, dass im Herbst keine neue ansteckende und tödliche Variante auftauchen könnte. Das Unerwartete erwarten – das muss der rote Faden bleiben beim Management der Corona-Krise, denn es gibt noch viele Unsicherheiten.
Der Staat muss sich auf das vorbereiten, was hoffentlich nie kommen wird. Hier ist noch viel zu tun: das rechtzeitige Aufspüren neuer Varianten, die Planung neuer Impfkampagnen, die mögliche Einführung eines Impfpasses, die ausreichende Versorgung ärmerer Länder mit Vakzinen. Die Widerstandskraft unseres Gesundheitswesens muss ebenfalls gestärkt werden. All diese Aufgaben warten noch auf uns, das Ganze vor einem Hintergrund immer stärkerer Polarisierung, in der sich nicht nur die Bürger, sondern auch die politischen Fraktionen diametral gegenüberstehen, warnt De Standaard.
Ehrlichkeit und Flexibilität
Ohne den Spielverderber spielen zu wollen, sollten wir doch darüber nachdenken, welche Lehren wir aus den letzten zwei Jahren ziehen können, schreibt De Morgen. Wir sind nämlich schon mal an diesem Punkt gewesen. Wieder plakatieren die Zeitungen ihre Titelseiten mit dem sloganartigen "Reich der Freiheit". Wie können wir verhindern, dass die gleichen Zeitungen in ein paar Monaten wieder moralisierend schreiben müssen, dass wir "unvorsichtig gewesen" sind?
Für die jetzige Phase der Pandemie gibt es zwei Schlüsselbegriffe: Ehrlichkeit und Flexibilität. Die Ehrlichkeit gebietet, zu sagen, dass niemand sicher weiß, wie sich die Pandemie entwickeln wird. Angst ist unnötig, Vorsicht ist aber angebracht. Sture Versprechungen über Maßnahmen, die nie zurückkehren werden, sind voreilig. Wer weiß denn heute, was in Zukunft wieder notwendig werden wird? Deswegen tut auch Flexibilität not, etwa wenn sich im Herbst die Situation verschlechtern sollte. Die Flexibilität muss aber in beide Richtungen gelten: Wenn die fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisse Zweifel am Nutzen des Corona-Passes wecken, dann macht es keinen Sinn, daran festzuhalten. Auch das ist Ehrlichkeit, unterstreicht De Morgen.
Mundschutzmasken und Homeoffice
Het Laatste Nieuws wendet sich gegen die Mundschutzmaskenpflicht in den Schulen: Der föderale Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke wird heute wahrscheinlich der einzige sein, der im Konzertierungsausschuss für eine Beibehaltung dieser Pflicht in den Primarschulen bis zu den Karnevalsferien plädieren wird. Falls ihm seine Kollegen diesbezüglich folgen sollten und das Corona-Barometer ab nächster Woche auf Orange umspringen sollte, dann werden Erwachsene nachts ohne Masken in den Diskotheken tanzen dürfen, während die Kinder tagsüber mit Masken dem Unterricht folgen müssen. Eine absurde Situation. Wer das will, der sollte dafür besser verdammt starke wissenschaftliche Argumente auf den Tisch legen, donnert Het Laatste Nieuws.
La Libre Belgique blickt auf den Aspekt Homeoffice: Auf dem Tisch des Konzertierungsausschusses wird heute die Frage liegen, ob die Pflicht von vier Tagen pro Woche auf drei runtergeschraubt werden soll. Auch die Aufhebung der Pflicht unter Auflagen steht im Raum. Für manche Menschen käme das einer regelrechten Befreiung gleich. Die Pandemie hat unsere Arbeitsgewohnheiten auf den Kopf gestellt, sie hat uns zu einem ganz neuen Blick auf die Telearbeit gezwungen, die Firmen mussten eine enorme Herausforderung bewältigen und ihre Arbeitsprozesse und digitalen Werkzeuge gründlich modernisieren. Jetzt ist an der Zeit, die positiven Seiten dieser Entwicklungen beizubehalten und die negativen Seiten loszuwerden. Die Arbeitswelt hat begriffen, dass die Stunde der Wahrheit naht – und dass sie ein gehöriges Maß Flexibilität erfordern wird, so La Libre Belgique.
Boris Schmidt