"James Bond – 'No time to die' kommt diesen Donnerstag raus – 007 erweckt unsere Kinos zu neuem Leben", so die große Überschrift bei La Dernière Heure. "Ostbelgien freut sich auf Bond", fiebert auch das GrenzEcho mit. "Teuerster 007-Film aller Zeiten, aber leider kein Meisterwerk", urteilt De Tijd auf Seite eins.
Da der neue James Bond-Film erst heute offiziell in die Kinos kommt, will La Dernière Heure in ihrem Leitartikel nicht zu viel vorwegnehmen. Aber wenn Sie James Bond mögen, dann keine Panik, so das Blatt. Es gibt noch immer Stunts, Hochgeschwindigkeitsverfolgungsjagden und reichlich Tote.
Aber der Macho zeigt auch Risse in seiner Panzerung, die Figur geht mit der Zeit. Damit trägt der Film der Gesellschaft des Jahres 2021 Rechnung, in der sich die Paradigmen weiterentwickelt haben und in der bestimmte Verhaltensweisen oder Dialoge ansonsten vollkommen veraltet erscheinen würden. Eine Art sanfter Cancel Culture, analysiert La Dernière Heure.
Quo vadis belgischer Fußball?
Während der wohl berühmteste Geheimagent der Welt auch sonst die Titelseiten beherrscht, befassen sich die Leitartikel eher mit anderen Themen. L'Avenir etwa greift eine gestern Abend ausgestrahlte Reportage der RTBF über Korruption im belgischen Fußball auf, genauer gesagt zum Skandal, der als "Footbelgate" bekannt geworden ist.
Viele Club-Präsidenten und andere Figuren dürften gestern etwas gezittert haben angesichts der Frage, ob auch sie und ihre kleinen Arrangements ins grelle Licht der Öffentlichkeit gezerrt würden. Aber die echten Enthüllungen haben sich in Grenzen gehalten. Das ist aber nur bedingt verwunderlich: Schließlich sind in den letzten drei Jahren schon so viele bestürzende Details bekannt geworden.
Jetzt, da all das noch einmal enthüllt und wiederholt worden ist, bleibt eine Frage: Was nun? Im Fußballmilieu selbst scheint man sich weiterhin für unverwundbar zu halten und glaubt nicht, dass sich irgendetwas ändern wird.
Allerdings scheint die Justiz durchaus entschlossen durchzugreifen. Aber wird das reichen, um den belgischen Fußball zurück auf den Pfad der Tugend zu bringen? Vermutlich bräuchte es dafür jemanden von außerhalb des Systems, der die Regeln ändert. Denn diejenigen, die die jetzigen Regeln gemacht haben, haben sie schon zu lange missbraucht, findet L'Avenir.
Energiepreise, Inflation, Haushalt
Ansonsten stehen auch die Energiepreise weiter im Fokus: Die Preise für Elektrizität und Erdgas in Europa gehen vollkommen durch die Decke. Dabei hat der Winter doch noch gar nicht begonnen, resümiert Het Belang van Limburg.
Die steigenden Energiepreise treiben auch die Inflation nach oben, also die Lebenshaltungskosten. Am Donnerstag erreichte die Inflation den höchsten Wert in fast vier Jahren. Die teure Energie sollte den politisch Verantwortlichen Sorgen machen. Umso mehr, weil gerade einmal 32 Prozent der Stromrechnung und 63 Prozent der Gasrechnung auf den Einkauf der Energie selbst entfallen. Der Rest sind diverse Abgaben, Steuern, Netz- und andere Kosten, erinnert Het Belang van Limburg.
L'Echo blickt ebenfalls auf die Inflation: Deren brutaler Anstieg bedroht die Kaufkraft. Immerhin gehört Belgien zu den wenigen Ländern, in denen es eine automatische Indexanpassung gibt. Das erlaubt, den Schock zumindest etwas abzufedern. Diese Indexanpassung ist aber alles andere als perfekt: Sie berücksichtigt nicht alle Produkte des täglichen Lebens.
Außerdem geben Haushalte mit niedrigen Einkommen überproportional viel für Energie aus. Die Preissteigerungen schaden aber allen Menschen. Es ist zwar gut, dass die Politiker viele Vorschläge haben, wie die Schwächsten der Gesellschaft unterstützt werden könnten, aber darüber dürfen die anderen nicht vergessen werden. Wenn nicht auch an die Mittelklasse und an die Unternehmen gedacht wird, besteht die Gefahr, dass unsere Wirtschaft den Preis bezahlen wird, warnt L'Echo.
De Tijd kommentiert die föderalen Haushaltsgespräche: Das Staatsdefizit geht nächstes Jahr weiter zurück – das ist vielleicht noch die beste Nachricht aus den Gesprächen. Premier Alexander De Croo strebt nach zusätzlichen zwei Milliarden Euro – sei es aus zusätzlichen Einkünften oder durch Extra-Einsparungen. Damit positioniert er sich genau in der Mitte zwischen der Forderung der OpenVLD-Staatssekretärin für den Haushalt und dem Betrag, den die PS maximal einsparen will.
Das Problem ist aber, dass die Kosten für die Überalterung der Gesellschaft steigen und steigen – und damit auch die Staatsschuld. Jetzt heißt es, dass die Wiederbelebung nach der Coronakrise nicht gefährdet werden darf. Danach vielleicht, dass das Wirtschaftswachstum nicht stark genug ist. Und danach sind schon wieder Wahlen. Es gibt also immer Gründe, um gerade lieber nicht zu sparen, kritisiert De Tijd.
Ein Jahr Vivaldi
Vor genau einem Jahr, am 30. September 2020, nach 662 Tagen Krise haben sich sieben Parteien darauf geeinigt, die Vivaldi-Koalition zu bilden, schreibt La Libre Belgique. Wo stehen wir ein Jahr danach? Positiv zu verzeichnen ist, dass überhaupt eine Regierung zustande gekommen ist. Und die Koalition steht noch immer, trotz allen Konfliktpotenzialen, die so einer Konstruktion innewohnen. Das Krisenmanagement in puncto Coronavirus hat sich trotz seiner Probleme letztlich als ziemlich effizient erwiesen. Hut ab dafür!
Die Regierung hat aber auch zwei große Schwächen: Zum einen das konstante Gekeife bestimmter Parteivorsitzender, die Aktion und Agitation, Ego und Arbeit nicht auseinanderhalten können. Und andererseits die Haltung des Premierministers. Der zeigt sich oft eher zaudernd als entschlossen. Es mangelt ihm nicht an Energie, aber an Autorität.
Dabei steht die Regierung vor enormen Herausforderungen. Es ist höchste Zeit, dass der Premier zum Ende der Pause pfeift. Sonst droht seine Mehrheit zu einer permanenten Ferienkolonie zu werden. Der Regierung fehlt es nicht an Talenten, diese Generation hält alle Karten in der Hand, um sich der Herausforderungen anzunehmen. Die Bürger erwarten weniger Geschwafel und mehr Ergebnisse, wettert La Libre Belgique.
Boris Schmidt