In Belgien sorgt vor allem der Coronapass für Diskussionsstoff. "Der Coronapass ist so gut wie sicher", titelt De Morgen. Le Soir kommt mit der Schlagzeile "Grünes Licht für den Coronapass in Brüssel". "Brüssel führt den Coronapass ein", lautet die Schlagzeile bei Het Laatste Nieuws. Ab 1. Oktober wird der Coronapass Pflicht für Horeca, Events und Krankenhäuser. Viele Kommentatoren fragen sich, ob der Coronapass die richtige Antwort auf die niedrige Impfquote in Brüssel ist.
Bedauerliche Konsequenz einer allzu sanften Politik
Die Einführung des Passes ist zwar notwendig, schreibt De Morgen, doch die Brüsseler Regierung verdient keinen Applaus dafür. Es handelt sich um einen wichtigen Eingriff in das Privatleben der Menschen. Doch Brüssel hinkt bei der Impfkampagne hinterher. So ist die Maßnahme die bedauerliche Konsequenz der allzu sanften Politik der letzten Wochen und Monate.
Het Nieuwsblad fragt sich, ob der Coronapass irgendetwas an der Impfbereitschaft ändern wird. Die Politik geht davon aus, dass die Belgier es den Franzosen nachmachen und sich impfen lassen werden. Doch das ist sehr fraglich, meint die Zeitung.
De Tijd versucht Wege aus der Coronakrise aufzuzeigen. Die heikle Diskussion über die Verantwortung derer, die sich nicht impfen lassen, bleibt bestehen. Das Misstrauen einer Minderheit kann sich auf die gesamte Gesellschaft auswirken, meint die Zeitung. Aber der Ausstieg aus der Krise sollte sich auch mit der Frage beschäftigen, wie wirksam die Impfstoffe noch sind. Wie hoch ist der Prozentsatz der Geimpften, die trotzdem mit Corona im Krankenhaus landen? Diese Daten sind auch wichtig, um das Gespräch mit der Minderheit zu suchen, die der Wissenschaft hinter den Impfstoffen misstraut.
Ein Prozess, um die Demokratie zurückzugewinnen?
Der Prozess um die Terroranschläge von Paris wird gigantisch auf allen Ebenen, meint le Soir. Gigantisch wegen der Anzahl Nebenkläger: 1.800 sind es, gigantisch in der Länge – acht Monate wird der Prozess dauern. Gigantisch ist auch das Grauen, das vor sechs Jahren verursacht wurde. Die französische Justiz muss beispielhaft auf dieses Grauen reagieren. Der Barbarei muss Strenge und Gründlichkeit entgegengesetzt werden. Und am Ende soll das Recht siegen, weil das Recht Grundsatz der Demokratie ist.
Ähnlich sieht es La Libre Belgique: "Am Ende wird die juristische Wahrheit verkündet". Der Prozess wird aber auch die Gelegenheit sein, die Wurzeln des Fundamentalismus zu ergründen, der sich von unseren Vorstädten bis in die Sahelzone immer weiter ausbreitet und zuletzt Muslime ebenso trifft wie andere. Bei den Verhandlungen werden auch Islamwissenschaftler zu Wort kommen, um den Kontext zu beschreiben, in dem diese Anschläge verübt wurden. Vielleicht verstehen wir dann, dass der Tod von Kommandant Massoud und das Bataclan-Massaker eng miteinander verbunden waren.
Was der 11. September für die Amerikaner war, war für die Franzosen der 13. November 2015 und der 22. März 2016 für die Belgier, schreibt "L‘Avenir". Diese Anschläge haben gezeigt, dass wir keine vollständige Kontrolle über die Vorbereitung und Durchführung dieser Art von Ereignissen haben.
Dort, wo unsere Demokratie die Kontrolle zurückgewinnen kann, ist im Rahmen von Prozessen, in denen die Barbarei der Trauer der Opfer gegenübersteht.
Knistern innerhalb der Koalition – Wie lange noch?
De Standaard befasst sich mit einem ganz anderen Thema: PS und MR kriegen sich fast jeden Tag in die Haare. Darüber, dass Bouchez Arbeitslose bestrafen will, die keinen Mangelberuf erlernen wollen, darüber dass die PS mit einer Rentenreform kommt, die der MR nicht schmeckt. Die Spannungen zwischen den Streithähnen könnten negative Auswirkungen auf die Arbeit der Regierung haben, meint die Zeitung. Bouchez sucht immer wieder die Konfrontation und die PS macht mit ihrer einseitigen Rentenreform nicht nur ihre Koalitionspartner, sondern auch Premier De Croo lächerlich. Ob das wohl gut geht?, fragt sich De Standaard.
Het Laatste Nieuws meint, es knistert innerhalb der Koalition, wegen der Rentenreform, wegen ideologischer Standpunkte zu Arbeitsmarkt und Haushalt. Das ist logisch. Dass es so bleibt, ist nicht logisch, meint die Zeitung. Es ist an der Zeit, dass Alexander De Croo seine Führungsqualitäten unter Beweis stellt.
Chantal Delhez