"FREXIT", fasst Le Soir in großen Buchstaben das EM-Aus für Frankreich im Elfmeterschießen gegen die Schweiz zusammen. "Kroatien-Spanien 3:5 – Spanien bügelt Schnitzer in irrem Spiel wieder aus", fasst Het Laatste Nieuws die zweite gestrige Achtelfinalbegegnung zusammen.
"Rennen gegen die Zeit für De Bruyne und Hazard: 'Chance, dass sie es bis Italien schaffen, liegt bei 50-50'", bringt Gazet van Antwerpen ein Zitat von Nationaltrainer Roberto Martínez zu den Sorgenkindern bei den Roten Teufeln.
"Belgien jubelt schon wieder: Tim Merlier gewinnt dritte Etappe der Tour de France", bringt das GrenzEcho ein anderes wichtiges Sportthema auf Seite eins.
Während die Titelseiten also oft im Zeichen des Sports stehen, befassen sich die Leitartikel mit anderen Themen. Gerade in den frankophonen Zeitungen ist die Übernahme von RTL Belgium durch das frankophone Medienunternehmen Rossel und die flämische DPG Media ein sehr wichtiges Thema.
Zwischen Optimismus…
Diese Übernahme wird im Großen und Ganzen gut aufgenommen, stellt die Wirtschaftszeitung L'Echo fest, die zur Rossel-Gruppe gehört. Zumindest auf den ersten Blick scheint diese Entwicklung richtig zu sein.
Und dass ein so wichtiges Medienunternehmen in belgische Hände kommt, ist ungewöhnlich genug, um hervorgehoben zu werden. Hinzu kommt, dass sowohl Rossel als auch DPG Media solide und traditionelle Spieler in diesem Sektor sind, nicht etwa nur auf den kurzfristigen Profit bedachte Fonds.
Genauso wenig handelt es sich bei ihnen um fachfremde Akteure, die sich durch die Übernahme Einfluss oder mediale Sichtbarkeit verschaffen wollten. Und nicht zuletzt haben sie Erfahrungen mit Projekten dieser Größenordnung. Die Summe von 250 Millionen Euro, die sie auf den Tisch legen, zeigt auch, dass sie fest an das Unterfangen glauben, fasst L'Echo zusammen.
Der Tenor bei Le Soir, ebenfalls eine Rossel-Zeitung, ist ähnlich: Die angekündigten Strategien von Rossel und DPG Media werden genau unter die Lupe genommen und auf der Basis dessen beurteilt werden, was sie damit erreichen werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist die angekündigte Übernahme aber dennoch aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Erstens, weil RTL Belgium durch belgische Gruppen gekauft wird. In einem Land, in dem in den 1980er und 1990er-Jahren das Tafelsilber an ausländische Gruppen verscherbelt worden ist, ist das außergewöhnlich. Vor allem auf frankophoner Seite.
Zweitens, weil es sich bei Rossel und DPG Media wie auch bei den anderen Medienhäusern Belgiens, also IPM und Mediahuis, um Gruppen handelt, deren Kerngeschäft die Information ist. Damit sind Interessenkonflikte durch andere Aktivitäten, die die Unabhängigkeit der Redaktionen gefährden könnten, nicht vorhanden. Und das ist für eine qualitativ hohe Information unerlässlich, meint Le Soir.
…und Sorge
L'Avenir, die zur IPM-Gruppe gehört, sieht das Ganze weniger enthusiastisch: Die Übernahme wirft viele Fragen auf. Und sie löst Beunruhigung aus. Zunächst einmal beim Personal von RTL Belgium, das schon einen heftigen Blutzoll zahlen musste. Fragen stellen sich auch bezüglich des künftigen Inhalts.
Und schließlich wollen wir auch nicht verschweigen, dass die Geburt eines solchen privaten Kolosses auf dem belgischen Markt auch die restlichen Spieler beunruhigen sollte. Das gilt sowohl für die Privaten als auch für die Öffentlich-Rechtlichen, sowohl für die audiovisuellen wie für die Print-Medien, sowohl für den Norden wie für den Süden des Landes.
Vielleicht wird die Übernahme den Druck auf die anderen Akteure erhöhen, ebenfalls zu handeln. Diese Megafusion wird sicher nicht die letzte sein…, ist L'Avenir überzeugt.
Probleme auf föderaler Ebene und falsche Hoffnungen
Het Laatste Nieuws kommentiert den andauernden Hungerstreik von über 400 Papierlosen in Brüssel, also illegalen Einwanderern ohne gültige Papiere. Mit ihrem gemeinsamen Hungerstreik wollen die Menschen eine kollektive Legalisierung ihres Aufenthalts erzwingen.
CD&V-Asyl-Staatssekretär Sammy Mehdi gibt zu Recht nicht nach, schreibt das Blatt. Denn wenn er das täte, würde er die Forderung "Papiere oder mein Leben" ermuntern. Dann gäbe es morgen tausend Hungerstreikende und am Tag danach wieder.
Außerdem wäre das unehrlich denjenigen gegenüber, die sich an die Regeln und Prozeduren halten. Wer diesen Menschen unrealistische Hoffnungen macht und sie zu dieser Erpressung anstachelt, obwohl er weiß, dass die Behörden nicht nachgeben werden, der gießt Öl ins Feuer. Das gilt für die Gewerkschaften, das gilt für die PTB-PVDA und auch für Ecolo und die PS, die wegen der Linksextremen schon wieder nervös werden, kritisiert Het Laatste Nieuws.
Het Belang van Limburg schätzt die Chancen für eine kollektive Legalisierung ebenfalls als sehr gering ein. Im Regierungsabkommen steht darüber nichts. Die flämischen Parteien hoffen vielleicht, dass diese ganze Debatte auf die Wallonie beschränkt bleiben wird, wo es keine Probleme mit einer rechtsextremen politischen Konkurrenz gibt. Nichtdestotrotz würden sich die N-VA und der Vlaams Belang die Finger lecken nach einer kollektiven Legalisierung und das politisch ausschlachten.
Aber die Regierungsparteien Ecolo und PS sorgen nicht nur für Probleme auf föderaler Ebene. Sie wecken bei den 150.000 Papierlosen im Land auch falsche Hoffnungen. Ja, die Einwanderungsregeln sind hart. Aber wenn sie dann auch noch einfach umgangen werden können, dann sind sie auch noch ungerecht. Denn für diejenigen, die sich an die Regeln gehalten haben, wäre das das Signal, dass sie naiv gewesen sind, warnt Het Belang van Limburg.
Boris Schmidt