"Konzertierungsausschuss gibt dem Sommer Form: Cafés länger offen, bis zu 75.000 Menschen auf Festivals", macht heute De Morgen auf. "Gaststätten drinnen und draußen dürfen bis 23:30 Uhr öffnen – Ausnahmen für Grenzgänger bestätigt – Zertifikat erleichtert Urlaubsreisen"", fasst das GrenzEcho auf Seite eins zusammen. Und für Le Soir ist es schlicht "Der Sommer der Befreiung".
Wozu die Barrieregesten respektieren? Wozu sich impfen lassen? Wozu sich an die Quarantäne halten? Wozu aus dem Home Office arbeiten? Heute haben wir die Antwort auf diese Fragen, kommentiert Le Soir, nämlich um die Krankenhausaufnahmen, die Belegung der Intensivstationen, die Ansteckungen und die Totenzahlen sinken zu sehen. Um unsere Freiheit wiederzufinden. Wir haben durchgehalten, wir sind mutig gewesen, wir haben unsere Widerstandskraft bewiesen. Und jetzt endlich ernten wir die Früchte dieser endlos scheinenden Prüfungen. Jetzt sollten wir uns eine gute Zeit gönnen, den kommenden Sommer genießen und jeden Augenblick dessen auskosten, worauf wir in der Krise verzichten mussten. Das ist die Losung, auf dem Programm steht jetzt das Vergnügen – aber nicht die Sorglosigkeit, mahnt Le Soir.
Ein ganz anderer Ton
Es war ein ganz anderer Ton gestern nach dem Konzertierungsausschuss, stellt L'Avenir fest. Entspannter, lockerer, fast schon mit einer gewissen Unbekümmertheit. Ein krasser Gegensatz zu den Pressekonferenzen, in denen Schuldgefühle erzeugt wurden oder wir wie Kinder behandelt worden sind. Der Konzertierungsausschuss hat uns gestern mitgenommen auf eine Reise in eine optimistische Zukunft, in der der Premierminister und seine Minister endlich Vertrauen zeigen in das Verantwortungsbewusstsein der Menschen. Wir können wieder atmen, die Zahlen sind gut, die Zügel gelockert. Die Vorsichtigsten unter uns befürchten sogar, ein bisschen zu sehr gelockert. "Das wird noch kein normaler Sommer werden", hat der Premier gewarnt und auf zehn Vorsichtsmaßnahmen hingewiesen, die weiter befolgt werden sollten. Aber dieses Mal sind es Empfehlungen, keine Anweisungen, die mit Strafen und der Polizei durchgesetzt werden sollen. Aber diese Gesten sind dennoch unverzichtbar, wenn wir nicht wieder wie letztes Jahr nach dem Sommer mit einem viralen Kater aufwachen wollen, unterstreicht L'Avenir.
Vorsicht ist auch das entscheidende Wort für Gazet van Antwerpen. Die Frage ist jetzt, ob die ganzen Lockerungen nicht zu viel auf einmal sind und zu schnell kommen. Die Antwort darauf wird weniger von den Virologen oder den Politikern kommen. Sondern von uns allen. Durch unsere Anstrengungen hat sich die Situation in den belgischen Krankenhäusern in den letzten Monaten wirklich stark gebessert. Es gibt also eine solide Basis für Lockerungen. Aber andererseits gehört Belgien bei den Coronazahlen noch immer zu den schlechtesten Schülern in Europa: Nur Lettland, die Niederlande und Litauen haben mehr Infektionen bezogen auf die Einwohnerzahl. Bis Juli wird der Impfgrad der Bevölkerung hierzulande vielleicht hoch genug sein, damit uns das Virus nicht mehr so viel antun kann. Die Losung muss also heißen: Noch durchhalten. Denn unser aller Verhalten im Juni wird bestimmen, wie schön und wie frei unser Sommer werden wird, betont Gazet van Antwerpen.
Übergangssommer
Für Het Nieuwsblad werden die vermehrten Kontakte im privaten Umfeld die größte Herausforderung sein. Die "zehn Gebote" sollen dabei helfen, auch hier Risiken zu reduzieren. Eines davon besagt, dass wir einen Selbst-Schnelltest machen sollen, bevor wir uns mit Freunden oder der Familie treffen. Das sei eine Frage der Etikette, hat Premier De Croo gesagt. Mit sieben bis acht Euro pro Test wird das aber eine teure Form der Höflichkeit werden. Hinzu kommt, dass diese Art von Tests nur eine Zuverlässigkeit von 80 Prozent hat. Eine andere Empfehlung ist, dass man keine Mundschutzmasken mehr braucht, wenn alle in der Gruppe vollständig geimpft sind. Ein Ratschlag, der zweifellos die Solidarität in manchen Familien und Freundesgruppen auf die Probe stellen wird. Ja, wir alle freuen uns auf den Sommer. Aber es wird trotzdem vor allem noch ein Übergangssommer bleiben. Mit einem danach hoffentlich normaleren und einfacheren Herbst, wünscht sich Het Nieuwsblad.
Auch für De Morgen befinden wir uns jetzt in einer Übergangsperiode und noch nicht im großen Befreiungsfinale. Das Virus ist nach wie vor da und die Epidemie kann wieder aufflammen. Aber das Problem ist, dass das Virus vielleicht nie wieder ganz verschwinden wird. Wenn wir erst dann Lockerungen zulassen würden, wenn das Risiko wirklich bei null liegt, dann müssten wir das Leben noch auf Jahre hinaus einschränken. Das müssen die Wissenschaftler verstehen, die nicht ohne Grund ihre Stimmen warnend erheben. Umgekehrt müssen wir neue Einschränkungen akzeptieren, wenn das Ganze schiefgehen sollte, meint De Morgen.
Freiheit auf Kosten der anderen
Het Belang van Limburg blickt voraus: In den nächsten Monaten muss es vor allem um eines gehen: den Wiederaufbau dessen, was wir verloren haben. Das betrifft zum Beispiel unsere sozialen Kontakte, aber vor allem auch die Wirtschaft. Das wird die nächste große Herausforderung werden für die Regierung De Croo. Aber je weiter wir uns aus der größten Gefahrenzone der Gesundheitskrise bewegen, desto offensichtlicher werden auch die Risse innerhalb der bunten Vivaldi-Koalition. Vielleicht wird so mancher in der Föderalregierung bald mit Wehmut zurückdenken an die Zeit, in der die Pandemie die Gegensätze überdeckt hat, so Het Belang van Limburg.
La Dernière Heure schließlich blickt auf die Problematik der Impfverweigerer: Bislang waren die Krankenhausbetten gefüllt mit denen, die sich noch nicht impfen lassen konnten. In Zukunft werden es die sein, die die Gelegenheit nicht ergriffen haben, um sich immunisieren zu lassen. Die Weigerung, sich impfen zu lassen, stellt eine ernste Bedrohung für die Rückkehr der Freiheit dar. Die Impfgegner müssen begreifen, dass ihre Freiheit auf Kosten der anderen geht. Wie groß wird denn die Solidarität und die Motivation des Rests der Bevölkerung sein, wenn neue Corona-Einschränkungen kommen, um den Krankenhäusern zu ermöglichen, die Impfverweigerer zu pflegen?, fragt La Dernière Heure.
Boris Schmidt