"Zwölf europäische Top-Clubs wollen besser bezahlte Superliga", titelt Het Laatste Nieuws. "Die zwölf Verräter – Die Superliga hat nur ein Ziel: Kohle machen", so der große Aufmacher bei La Dernière Heure. "Großer Aufschrei nach Alleingang", schreibt das GrenzEcho.
Sie sind zu zwölft. Und entweder zwölf Judasse oder zwölf Visionäre, je nach Sichtweise, kommentiert L'Avenir die Pläne zur Gründung einer Superliga. Das Ziel ist, mehr Geld einzusammeln - unter dem Deckmantel, die besten Clubs in einer neuen Liga zu versammeln.
Das ist ein Fußball der zwei Geschwindigkeiten – und zwar auf die Spitze getrieben und basiert auf den amerikanischen Sport-Vorbildern. Und die UEFA ist mitschuldig: Sie hat den großen Clubs seit Jahren freie Hand gelassen, so dass sie die Regeln diktieren konnten, meint L'Avenir.
Die mächtigsten Fußball-Clubs haben diesmal wirklich das Kriegsbeil ausgegraben, schreibt La Libre Belgique. Die Superliga wäre quasi reserviert für die reichsten Vereine und würde ihnen einen wesentlich höheren finanziellen Gewinn garantieren als die angesehenste europäische Meisterschaft, die Champions League.
Profi-Fußball ist schon lange vollständig zu einem Spektakel und zu einer Industrie geworden. Aber zumindest in den Köpfen der Fans existierten noch Träume und Leidenschaft. Dem haben die zwölf Clubs mit ihrer Verachtung, ihrem Zynismus und ihrem unstillbaren Geldhunger den Garaus gemacht. Damit haben sie der großartigen und ruhmreichen Ungewissheit im Sport möglicherweise den Todesstoß versetzt, befürchtet La Libre Belgique.
Gipfel der Scheinheiligkeit
Erdbeben, Skandal, Zynismus, Egoismus… Die Gründung einer Superliga lässt die Verfechter eines sogenannten "edlen" Sports aufheulen, stellt L'Echo fest. Eines "edlen" Wettbewerbs, der angeblich auf sportlicher und nicht auf finanzieller Leistungsfähigkeit beruht.
Das ist der Gipfel der Scheinheiligkeit. Schließlich haben sowohl FIFA als auch UEFA alles dafür getan, um mehr und längere Meisterschaften zu schaffen, um mehr Geld in die Kassen zu spülen. Und zu viel Fußball droht den Fußball zu töten, giftet L'Echo.
Die ganze Kritik ist heuchlerisch, findet auch De Tijd. Die UEFA, die geleitet wird von Menschen, die ihre Stellung zur persönlichen Bereicherung nutzen, hatte eigene Pläne, die der Superliga ähnelten. Jetzt ist sie verstimmt, weil sie sieht, wie ihr jemand anders eine lukrative Business-Möglichkeit vor der Nase wegschnappen könnte.
Und was die Politiker betrifft, die jetzt gegen die Superliga schießen: In ihren Beziehungen zu den Fußballbonzen spielte das Wachen über Solidarität und sportliche Leistungen noch nie eine große Rolle. Fußball ist ein Geschäft und die Vereine werden von Geschäftsleuten geleitet. Insofern wäre eine Superliga nur ein normaler und logischer weiterer Schritt in einer unumkehrbaren Entwicklung, analysiert De Tijd.
Mit der Energie, die in diesem Sturm der Empörung freigesetzt wird, könnte man ein kleines Land einen ganzen Winter lang mit Strom versorgen, frotzelt De Morgen. Als der Weltfußballverband FIFA in einer durch und durch korrupten Prozedur dem Semi-Schurkenstaat Katar die Organisation der Weltmeisterschaft zuschanzte, wurde nicht einmal ein Bruchteil der jetzigen Wut laut.
Tausende asiatische Gastarbeiter mussten dort beim Bau der Stadioninfrastruktur schon ihr Leben lassen. Zu mehr als einem T-Shirt mit einem zahnlosen Protestspruch dagegen hat es bisher aber nicht gereicht.
Natürlich dreht sich bei der Superliga alles nur ums Geld. Aber wer bisher nicht verstanden hatte, dass die große Kohle den Rhythmus des internationalen Fußballs bestimmt, der hat im letzten Vierteljahrhundert einige Spiele der Champions und Premier League verpasst.
Am meisten zu befürchten hat von den Plänen einer Superliga nicht der normale Fußballfan, sondern die UEFA und die FIFA. Sie drohen als entbehrliche Vermittler mit klebrigen Händen ins Abseits gestellt zu werden, so De Morgen.
Zwischen notwendiger Korrektur und unnötiger Komplikation
Beim Sport im weiteren Sinne, zumindest teilweise, bleibt auch Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel: Die belgischen Olympia-Athleten und das Gefängnispersonal sollen jetzt also doch vorrangig gegen das Coronavirus geimpft werden, stellt die Zeitung fest.
Bisher hatte die Regierung solche Ausnahmen von der Impfreihenfolge ja auf ein Mindestmaß begrenzt. Und auch wenn die Priorisierung der Sportler für etwas Unmut sorgt, so ist sie doch eine gute Sache. Erstens geht es nur um eine Handvoll Menschen. Und zweitens ist ihre Situation, in der jahrelang trainiert wurde und alles von einem einzigen Wettbewerb abhängt, nicht mit der der meisten anderen Menschen vergleichbar.
Und beim Gefängnispersonal steht außer Frage, dass sie unter einer besonders hohen Ansteckungsgefahr und sehr schwierigen Arbeitsbedingungen leiden. Aber diese zwei Ausnahmen sind trotzdem der Startschuss für eine neue Runde des "Warum wir dann nicht?".
Feuerwehr, Lehrkräfte, Supermarktangestellte, um nur ein paar zu nennen, die Probleme haben dürften, die Entscheidung nachzuvollziehen. Impfneid ist leider unvermeidbar und einige Ausnahmen sind notwendige Korrekturen. Wenn das aber zu einer ganzen Reihe an Ausnahmen wird, dann wird das zu einer Komplikation in der Impfkampagne. Und das können wir so gut gebrauchen wie Zahnschmerzen, mahnt Het Nieuwsblad.
Heldinnen
Le Soir schließlich greift eine Untersuchung auf, wonach die Pandemie die Geschlechterungerechtigkeit vergrößert hat: Die Gesundheitskrise hat vor allem die Schwachen getroffen, die Menschen, die unter prekären Bedingungen leben, Minderheiten, Diskriminierte - und eben auch Frauen deutlich stärker als Männer.
Wenn von den "Helden des Gesundheitssektors" die Rede ist, müsste man korrekterweise meistens von "Heldinnen" sprechen. Es sind oft Frauen, die pflegen und putzen, zu Hause, in den Krankenhäusern und in den Altenheimen. Meist sind es Frauen, die zu Hause bleiben müssen, um sich um die dorthin verbannten Kinder zu kümmern.
Opfer häuslicher Gewalt sind ebenfalls meist die Frauen. Und beim Kampf um eine Gleichbehandlung bei den Gehältern ziehen sie auch regelmäßig den Kürzeren. Deswegen müssen sie in den Hilfs- und Wiederaufbauplänen stärker berücksichtigt werden, fordert Le Soir.
Boris Schmidt