"Jetzt sind echt wir dran – Jugendorganisationen fordern gemeinsam Lockerungen vom Konzertierungsausschuss", titelt De Morgen. "Comeos macht Druck: 'Am 21. März muss der Horeca-Sektor wieder öffnen'", schreibt Het Laatste Nieuws. "Maximaler Druck, um Aufhebung der Corona-Einschränkungen einzuleiten", so Le Soir auf Seite eins.
Das wird eine lange Woche bis zum Konzertierungsausschuss am Freitag, kommentiert L'Avenir. Eine Woche der Mutmaßungen und des sich gegenseitig Überbietens. Die politisch Verantwortlichen stellen die Zahlen in den Mittelpunkt im Kampf gegen das Virus. Und diese Zahlen bestätigen, dass die Anstrengungen Früchte tragen. Dürften wir also nicht eine Lockerung erwarten? Anscheinend nicht. Das hat jedenfalls Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke bereits gesagt.
Währenddessen ist der Wettbewerb der Politiker um das Fordern von Öffnungen in vollem Gange. Am Ende werden es aber Vandenbroucke und Premier De Croo sein, die die Maßnahmen verkünden werden. In einem unterirdischen Raum in der Rue de la Loi ohne Fenster und ohne frische Luft. Der ideale Ort, um die Erwartungen der Belgier zurechtzustutzen, die hoffen, dass ihre Anstrengungen anerkannt werden, befürchtet L'Avenir.
Ein verschlungener Pfad
Auch La Dernière Heure betont, wie satt alle den monatelangen Lockdown haben ohne dass es eine Aussicht auf Lockerungen zu geben scheint. Die Wiederöffnung der Friseure sollte nur verhindern, dass der Kessel in die Luft fliegt. Der Konzertierungsausschuss wird einen echten Lockerungskalender präsentieren müssen. Denn die Situation wird für zu viele Belgier unhaltbar. Jedes andere Ergebnis des Konzertierungsausschusses würde einfach untergehen und wäre also kontraproduktiv. Denn die Zahlen sind rückläufig. Es sind nur die apokalyptischen Experten, auf die die Politik hört, die weiter Angstgefühle schüren. Worauf warten die Verantwortlichen also noch, um die Ventile auf eine intelligente Art wieder zu öffnen, fragt forsch La Dernière Heure.
Le Soir sieht das ein wenig differenzierter: Ja, jeder Tag bringt neue Studien, warum Lockerungen notwendig sind. Aber wie weit kann man dabei gehen? Insgesamt bewegen sich die Indikatoren schrittweise vom roten in den grünen Bereich. Aber dort müssen sie dann auch bleiben. Und keine der Regierungsparteien zieht in Zweifel, dass wir uns in Richtung einer schrittweisen Lockerung bewegen müssen. Sie verstehen den Überdruss der Bevölkerung und die zunehmende Gefahr für die Befolgung der Regeln.
Falls Ende der Woche Lockerungen beschlossen werden sollten, darf sich das nicht darauf beschränken, den Menschen etwas mehr Raum zum Atmen zu geben, sondern muss auch die Zukunft vorbereiten. Sprich Hilfen für die, die unter dem Virus leiden; sprich, sicherzustellen, dass unser Gesundheitssystem auch gegen die neuen Varianten kämpfen kann und dass uns die Impfstoffe vor einer Rückkehr der Epidemie im nächsten Herbst schützen werden. Denn der Weg vom Lockdown zurück zur Freiheit ist ein verschlungener Pfad und keine gerade Linie, so Le Soir.
Zumindest eine gründliche Diskussion
Het Nieuwsblad blickt in seinem Leitartikel auf die Forderung vor allem im Süden des Landes, die nächtliche Ausgangssperre aufzuheben. Das ist zu einem noch größeren Symbol im Kampf zwischen den Befürwortern und Gegnern von Lockerungen geworden, als selbst die Wiederöffnung des Horeca-Sektors.
Diese Debatte wirkt befremdlich, weil es kaum Zahlen über die Wirksamkeit dieser Maßnahme gibt, weil sie nicht isoliert von den anderen Einschränkungen betrachtet werden kann. Aber eigentlich geht es auch nicht um den praktischen Nutzen der Ausgangssperre, sondern um das Gefühl, das diese Beschneidung unserer Freiheit ausgelöst hat. Angesichts des besonders undeutlichen Nutzens muss diese Woche zumindest mal gründlich darüber diskutiert werden, fordert Het Nieuwsblad.
So vorhersehbar wie kontraproduktiv
Het Belang van Limburg ist überzeugt, dass wir in puncto Lockerungen diesen Freitag nur mit einer Wiederöffnung der Grenzen rechnen können. Die Europäische Union protestiert schon eine Weile gegen das Verbot nicht-essenzieller Reisen. Und der MR-Vorsitzende Georges-Louis Bouchez behauptet, dass der politische Konsens über das Verbot nur bis zum 1. März reicht. Was wiederum seltsam scheint, weil beim letzten Konzertierungsausschuss beschlossen wurde, dass die Regeln bis zum 1. April verlängert sind.
Aber ob nun März oder April, so oder so dürften wir dann in den Osterferien wieder ins Ausland. Und auch wenn empfohlen werden wird, dass die Menschen nicht reisen sollten, werden sie es trotzdem tun. Beim letzten Mal, nach den Weihnachtsferien, haben wir danach die britische Coronavirus-Variante im Land gehabt, erinnert Het Belang van Limburg.
De Morgen blickt ebenfalls in die Vergangenheit und fühlt sich an die schnellen Lockerungen unter ähnlichen Bedingungen im letzten Jahr erinnert, die die bekannten Folgen nach sich zogen. Wenn wir daraus eine Lehre ziehen sollten, dann, dass wir nur mit angezogenen Bremsen vorwärts rollen sollten. Der Konzertierungsausschuss wird zu einer Übung in politischer Selbstbeherrschung werden. Und je höher der Einsatz, desto höher die Nervosität in der Politik.
Deswegen auch schon so früh die immer lauter werdenden Forderungen nach Lockerungen für diesen oder jenen Sektor. Denn es geht immer auch um potenzielle Wählerstimmen. Wer will da nicht der Minister oder Parteivorsitzende sein, der die Freiheit verkündet? Die Bühne der öffentlichen Meinung muss eben bespielt werden. Das ist genauso vorhersehbar wie kontraproduktiv. Wer die Bevölkerung nach vier Monaten Lockdown nicht endgültig verrückt machen will, sollte sich zurückhalten mit Vorab-Ankündigungen, die am Ende doch nicht kommen könnten. Eine klarere Perspektive am Freitag wird nützlicher sein als ein Papierkorb voller zurückgenommener Versprechen, giftet De Morgen.
Boris Schmidt