"Langsam von Lockerungen träumen – Wenn nichts dazwischen kommt, erreichen wir Mitte März unter 75 Krankenhausaufnahmen pro Tag", schreibt Gazet van Antwerpen auf seiner Titelseite. "Weniger als 100 Covid-Patienten in den Krankenhäusern", blickt Het Belang van Limburg auf die aktuelle Lage in der Provinz. "Mehr Besuch in Altenheimen – Jetzt, wo der Impfgrad der Bewohner steigt, scheinen Lockerungen in Sicht", meldet Het Nieuwsblad.
Belgien hat, und das liegt ein wenig in seiner Natur und seinem Charakter, einen Mittelweg beim Corona-Krisenmanagement gewählt, hält dazu La Libre Belgique fest. Einen Mittelweg zwischen Ländern mit sehr starken Einschränkungen und Ländern, in denen trotz der Pandemie eigentlich alles erlaubt ist. Im Großen und Ganzen legen die ermutigenden Zahlen nahe, dass Belgien die richtige Wahl getroffen und ein gutes Gleichgewicht zwischen der Einschränkung unserer Freiheiten und dem Schutz unserer Gesundheit gefunden hat. Und das bedeutet auch, dass wir vorsichtig von einer möglichen Rückkehr zur Normalität zu träumen beginnen - einer schnelleren Rückkehr als vorhergesagt. Denen Hoffnung zu geben, die besonders unter der Pandemie leiden, ist wichtig. Aber man muss aufpassen, dass es keine falschen Hoffnungen sind, mahnt La Libre Belgique.
Ruhig und geduldig bleiben ist die Devise
Vorsicht bleibt das Gebot der Stunde, betont auch De Morgen. Aber eine gute Nachricht ist es allemal, dass Belgien der dritten Corona-Welle zu entgehen scheint. Und das ist auch keine geringe Leistung. Belgien gehört zu den Ländern, die am schwersten von dem Virus heimgesucht worden sind. Und die Menschen im Land haben sich, so gut es ging, an die Regeln gehalten, auch wenn es oft schwer fiel. Dass jetzt darüber diskutiert wird, wo zuerst gelockert werden soll, ist normal. Aber auch beim Zurücknehmen der Einschränkungen muss man behutsam vorgehen. Wenn wir etwas vorschlagen dürfen, dann ist das die Aufhebung der nächtlichen Ausgangssperre. Denn das wäre ein starkes und einigermaßen sicheres Signal, meint De Morgen.
Gazet van Antwerpen erinnert daran, dass auf die Lockerungen nach der ersten Welle die riesige zweite Welle folgte. Das ist ein Szenario, das es jetzt unbedingt zu vermeiden gilt. Die Frage ist, wie wir uns verhalten werden, wenn die Freiheit in Sicht kommt. Wie lange wird dann der gesunde Menschenverstand die Oberhand behalten? Auf diesen gesunden Menschenverstand ist in der Vergangenheit öfter vergeblich gesetzt worden. Warum sollte es also dieses Mal gelingen? Vielleicht, weil wir nun wirklich begriffen haben, dass wir unsere Freiheit nur mit kleinen Schritten zurückerobern können. Ruhig und geduldig bleiben ist die Devise. Wir können das. Und wenn die Impfstoffe dann noch etwas schneller geliefert werden, dann haben wir eine Chance auf einen schönen Sommer, hofft Gazet van Antwerpen.
Riesengeschenk mit Schleifchen
Seit dem Wochenende sorgt die VRT-Sendung "De zevende dag" für viel Wirbel. Zu der Fernsehdebatte waren nämlich auch bekannte Corona-Impfgegner eingeladen worden. Diese Menschen führen einen verbissenen Kampf gegen die Corona-Impfstoffe, analysiert Het Nieuwsblad. Und die Frage ist, wie wir damit umgehen sollten. Sicher nicht, indem wir besorgte Menschen mundtot machen. Aber ganz sicher auch nicht, indem wir ihren Behauptungen einen auch nur etwas wissenschaftlichen Anschein geben. Impfgegner spielen eine verhängnisvolle Rolle bei der Bekämpfung dieser und anderer Gesundheitskrisen. Die VRT hat der Anti-Impf-Bewegung ein Riesengeschenk gemacht. Mit Schleifchen. Nicht nur haben sie eine Plattform bekommen, die weit über die Sozialen Medien hinausgeht, auf denen sie sich normalerweise herumtreiben. Sondern auch, weil dadurch ihre Legitimität gesteigert worden ist. Es wurde der Anschein erweckt, dass das eine Debatte unter Wissenschaftlern war. Dabei saß nur ein echter Wissenschaftler am Tisch, nämlich der Epidemiologe Pierre Van Damme, der die Argumente der Impfgegner widerlegte. Impfgegner glauben nur an ihre eigene Wahrheit, gegenteilige Argumente lassen sie nicht gelten. Das macht jede Diskussion sinnlos. Sie predigen nur für die eigene Gefolgschaft. Aber je höher die Kanzel ist, die man ihnen bietet, desto mehr Zweifler können sie anlocken. Und desto mehr Schaden können sie anrichten, wettert Het Nieuwsblad.
Wenn Desinformation, Falschinformationen und der Unsinn der Impfgegner geschickt als Pseudowissenschaft verkleidet daherkommt, wird es für Laien schwieriger, Fakten von Fiktion zu unterscheiden, kritisiert auch Het Belang van Limburg. Natürlich sind abweichende Stimmen interessant. Und natürlich gilt immer das Recht auf freie Meinungsäußerung. Aber bei dieser Debatte geht es nicht um Meinungen. Es geht auch nicht um einerseits und andererseits und Worte und Widerworte. Es geht schlicht um Leben und Tod, warnt Het Belang van Limburg.
Die hässliche Fratze des xenophoben Nationalismus
Das GrenzEcho kommentiert die Grenzkontrollen und Einreiseverbote in Deutschland: Dass Mutanten gefährlicher sind als die bisher bekannten Varianten, spiegelt sich, zumindest in Belgien, nicht in den Zahlen wider. Trotzdem zeigt der xenophobe Nationalismus wieder seine hässliche Fratze. Ein Glück, muss man zu Beginn dieser Woche einfach mal sagen, dass Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und nicht Bayern an Ostbelgien grenzen. Und dass man sich zwischen Brüssel und Eupen auf der einen, sowie Düsseldorf und Mainz auf der anderen Seite darin einig ist, dass das Herunterlassen von Schlagbäumen keine Option gegen ein Virus ist, das seit ungefähr einem Jahr ein globales Phänomen ist. Trotzdem scheint diese Botschaft nicht im Bundeskanzleramt und im Innenministerium in Berlin und auch nicht in der bayerischen Staatskanzlei in München angekommen zu sein, giftet das GrenzEcho.
Boris Schmidt