"2021 - Die Hoffnung", so der große Aufmacher bei Le Soir. "2021 - So werden die 20er-Jahre", schreibt De Morgen auf Seite eins. "Vorausblick auf das Jahr, in dem alles besser werden muss", titelt De Tijd.
Das war er also, der meistdiskutierte und am meisten gefürchtete Jahreswechsel des Jahrhunderts, resümiert Gazet van Antwerpen. Die Feiertage, die darüber entscheiden sollten, wie lange wir noch im Lockdown bleiben müssen und die das Gesundheitssystem zum Kentern bringen können. Und zumindest auf den ersten Blick können Virologen und Minister zufrieden sein, wie alles abgelaufen ist. Und wir auch. Die Menschen haben sich im Großen und Ganzen gut und richtig verhalten. Wir haben 2021 mit der vollen Einsicht begonnen, dass uns das Virus noch eine Weile begleiten wird. Und wenn man auf die Corona-Lage in den Nachbarländern blickt, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass die belgische Herangehensweise zu funktionieren scheint. Und dass uns also erst einmal nicht viel anderes bleibt, als sie weiter zu verfolgen. Und die Nachrichten über die neue Virusvariante haben den meisten von uns auch die letzte Lust auf Risiken genommen. Bis auf bei denjenigen, die trotzdem auf Teufel komm raus zum Skifahren und in die Sonne reisen mussten. Auf viel Verständnis brauchen diese Menschen bei ihrer Rückkehr nicht zu rechnen. Wir haben ja schon einmal erlebt, was zurückkehrende Touristen in Zeiten einer Pandemie anrichten können. Man darf wirklich nicht zulassen, dass diese Uneinsichtigen es wieder für alle anderen versauen, die kaum Weihnachten feiern konnten oder wie das Gesundheitspersonal noch immer vor allem nur etwas durchatmen wollen.
2020 nicht einfach vergessen
Der Übergang in das neue Jahr wird nicht wie von Zauberhand dieses besonders traumatische Jahr 2020 verschwinden lassen, warnt La Dernière Heure. Körper und auch Geist sind erschöpft. Gesellschaftlich, wirtschaftlich und beruflich sind viele Opfer gebracht worden. Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Und vor allem Menschenleben. Um zu verhindern, dass das Jahr 2021 genauso schwarz wird wie das Jahr, das gerade erst hinter uns liegt, dürfen wir in unseren Anstrengungen jetzt nicht nachlassen. Um eine dritte Welle zu verhindern, müssen wir uns weiter an die Regeln halten. In der Hoffnung, dass uns die Impfstoffe schnell erlauben werden, wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren.
Auch La Libre Belgique mahnt, das Jahr 2020 nicht einfach möglichst schnell zu vergessen. Vielmehr haben wir eine Pflicht, meint die Zeitung. Die Pflicht, die Künstler, Handwerker, Gastwirte, Frisöre und anderen Selbstständigen so gut wie möglich zu unterstützen, die so schwer von der Krise getroffen worden sind. Für diese Menschen war 2020 eine Katastrophe, die sie oft vor dem Nichts stehen lässt und Jahre harter Arbeit zunichte gemacht hat. Sie brauchen unsere ermutigenden Worte, Hilfe und Solidarität. Und deshalb sollten wir vor allen persönlichen guten Vorsätzen vor allem an sie denken. Indem wir unsere Angewohnheiten ändern, um sie zu unterstützen.
Die Herausforderungen des Jahres 2021
Bei allem, was beim Corona-Krisenmanagement in Belgien schiefgelaufen ist, beginnen wir das neue Jahr zumindest in der Sicherheit, dass die verschiedenen Impfstoffe das Virus bremsen werden, konstatiert De Tijd. Auch, wenn noch zu sehen bleibt, wie schnell und gut das funktionieren wird. Und jetzt, wo das Haus nicht mehr lichterloh in Flammen steht, kann man den Blick auch auf den Wiederaufbau richten. Und der wird wohl komplex und schwierig werden. Selbst, wenn alles gut geht, wird 2021 das Jahr, in dem wir Schritte zurück in Richtung der Normalität machen. Aber nicht das Jahr der tatsächlichen Rückkehr zur Normalität. Und es warten zahlreiche schwierige Entscheidungen, die auch politische Sprengkraft besitzen. Und das gilt nicht nur für alles, was mit Corona zu tun hat. Daneben wird es auch noch genügend andere Schlachtfelder geben, etwa, was die Regierbarkeit Belgiens angeht oder den Atomausstieg. Vom Populismus, Klimawandel und geopolitischen Herausforderungen mal ganz zu schweigen.
2021 muss das Jahr der Normalität werden, appelliert Het Nieuwsblad. Auch wenn wir die ersten Monate noch abwarten müssen, bis die Impfstoffe verfügbar sind und welche Auswirkungen die neue Virusvariante haben wird. Danach ist es dann aber definitiv an der Zeit, wieder mit dem Träumen und Plänemachen anzufangen. Und die Frage ist, ob alles tatsächlich wieder so wie früher werden wird. Diese Krise ist so einschneidend, dass viele Menschen grundlegend über ihr Leben und ihre Zukunft nachdenken. Ein amerikanischer Soziologe und Epidemiologe hat vorhergesagt, dass jetzt eine Art "wilder Zwanziger" kommen wird. Das ist eine attraktive Vorstellung. Aber ist sie auch realistisch? Erstens sind unsere Erfahrungen bei allem Leid trotzdem nicht vergleichbar mit dem, was die Menschen in den 1920er-Jahren hinter sich gelassen hatten. Und zweitens gibt es noch große andere Sorgenkinder außer Corona, zum Beispiel die Klimaerwärmung oder die Migration. Vielleicht werden unsere "wilden 20er" also nicht ganz so wild ausfallen wie ihr historisches Vorbild. Aber Optimismus und Leichtigkeit und der Blick auf eine bessere Zukunft sind als Antwort auf die Krise trotzdem reizvoll: Zurück zur Normalität, aber eben besser.
Die zwei Seiten
Le Soir gibt zu bedenken, dass die Corona-Krise bereits existierende gesellschaftliche Spaltungen und Gräben noch vertieft hat. Und die Tendenz zu ständigen, oberflächlichen und heftigen Auseinandersetzungen - und zwar nicht nur in den sogenannten Sozialen Medien. Covid scheint die Welt in schwarz und weiß geteilt zu haben, in pro und contra in unzähligen Debatten. Und hat dabei alles verdeckt, was dazwischen liegt und jegliche Differenzierung zu einer Schwäche oder Naivität degradiert. Wie wäre es stattdessen wieder mit mehr Nuancierung? Das mag naiv und träumerisch sein. Aber so sind Wünsche nun mal. Und manchmal werden sie ja wahr.
L'Avenir schließlich erinnert daran, dass der Monat Januar nach dem römischen Gott Janus benannt ist. Dem Gott mit den zwei Gesichtern, eines in Richtung Vergangenheit und eines in Richtung Zukunft gewandt. Er ist der Gott der Anfänge und der Enden, der Gott der Entscheidungen. Was könnte symbolischer und treffender sein für die zwei Gesichter der Corona-Krise? Die eine, besonders düstere des Todes, der Opfer, der Einschränkungen; die andere, die der gegenseitigen Hilfe, der Widerstandskraft, der Rückbesinnung auf das, was für uns wirklich wichtig ist, hingegen strahlend.
Boris Schmidt