"Maximaler Druck auf ins Ausland reisende Belgier", titelt heute le Soir. "Verstärkte Kontrollen für Reisende, die dieses Wochenende zurückkehren", so die Schlagzeile von Het Belang van Limburg. Das Thema Grenzkontrollen schlägt zum Ende der Weihnachtsferien große Wellen.
Het Nieuwsblad hält die angekündigten strengeren Einreisekontrollen grundsätzlich für richtig. Denn aus dieser Richtung droht heute mehr denn je die Gefahr eines Wiedererstarkens der Pandemie. Aber so einfach ist es nicht. Selbst wenn die Polizei mehr kontrolliert, kann sie nicht prüfen, ob die Angaben auf dem Einreiseformular stimmen. Und die Einhaltung der Quarantäne kann auch nicht effektiv geprüft werden, wir leben ja nicht in China. Wie immer können wir uns eigentlich nur auf den gesunden Menschenverstand verlassen. Zurückkehrende Reisende müssen sich isolieren und testen lassen, auch wenn niemand das kontrolliert. Es gibt da grundsätzlich Anlass zur Sorge, denn wer in dieser Zeit eine Auslandsreise unternimmt, hat damit bereits wenig gesunden Menschenverstand bewiesen. Trotzdem müssen wir uns damit begnügen, kommentiert Het Nieuwsblad.
Gerechtigkeit und Gleichberechtigung
Daneben kommentieren die Leitartikler heute eine ganze Reihe weiterer Themen. De Standaard etwa kommt auf das trotz Corona anhaltende Hoch an den Aktienmärkten zu sprechen. Dieser Optimismus unter Investoren und Händlern könnte verfrüht und durch kurzfristige Gründe motiviert sein. Aber es ist diese Grundeinstellung, die nötig ist, um den Aufschwung zu gestalten. Übertreibungen werden bestraft, aber wer vorausschauend handelt und sich traut, den Kopf hinzuhalten, wird oft dafür belohnt. Und warum auch nicht. Die Kreativität, mit der viele Unternehmer ihr Geschäft in unruhigen Zeiten neu erfunden haben, lässt auf das hoffen, was kommen wird. Eine der Herausforderungen für die kommende Zeit wird darin bestehen, die richtige Balance zwischen diesem Unternehmergeist und einer gerechten Verteilung des daraus entstehenden Wohlstands zu finden. Nach beiden Weltkriegen wurden Schritte unternommen, um dies zu erreichen. Dies muss auch dieses Mal möglich sein, fordert De Standaard.
L'Avenir freut sich über spürbare Fortschritte hin zu mehr Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Besonders in der Politik hat sich hier in den letzten Monaten und Jahren einiges getan. Bemerkenswert war hier dieser Moment Anfang Oktober, als wallonische Spitzenpolitikerinnen sich spontan parteiübergreifend zusammenschlossen. Der Vorsitzende der MR wollte damals eine Frau in der Regionalregierung durch einen Mann ersetzen. Spontan posierten dann alle weiblichen Abgeordneten und Ministerinnen gemeinsam für ein Foto unter dem Slogan "Wir sind mehr als eine Quote". Das war keine Provokation oder Verschwörung, sondern inspirierend. Diese Frauen machen ihren Job. Der Weg zur Gleichheit ist noch weit und es geht nur langsam voran. Aber bald wird es auch ohne Quoten Gleichberechtigung geben, ist sich L'Avenir sicher.
Abschreckende Strafen nötig
Belgien hat sich dafür ausgesprochen, Verbrechen zu Lasten der Umwelt in den Gründungsvertrag des internationalen Strafgerichtshofs aufzunehmen, stellt Le Soir fest. Das ist zu begrüßen, wenn auch nicht ausreichend. Sowohl im nationalen als auch im internationalen Recht sind die Strafen für Umweltverstöße nicht abschreckend genug. Zu häufig sind kriminelle Aktivitäten auf dem Rücken der Natur zu lukrativ und die drohenden Strafen zu gering. Auch wird die Justiz nicht das erledigen, was Politik, Unternehmen und Bürger bislang vernachlässigen. Die Richter werden nicht das Klima und die Umwelt retten. Aber Umweltverbrechen ins nationale und internationale Strafrecht aufzunehmen hat mindestens einen doppelten Vorteil: Firmen werden hoffentlich von Verstößen abgebracht und der Bevölkerung wird die Ernsthaftigkeit der Angelegenheit vor Augen geführt, meint Le Soir.
Pakt mit dem Teufel?
L'Echo beschäftigt sich im Leitartikel mit dem angestrebten Investitionsabkommen der EU mit China. Die Europäer erhoffen sich mit diesem Vertrag einen Zugang für ihre Unternehmen zu einem Markt, der im kommenden Jahrzehnt ein Drittel des weltweiten Wirtschaftswachstums produzieren könnte. Doch ist es nicht verwerflich, ein so weitreichendes Abkommen mit einem Regime abzuschließen, das politische Gegner einsperrt und Minderheiten systematisch ausbeutet? Die Beziehung der EU mit China ist komplex. Die Volksrepublik ist ein systemischer Rivale, aber auch ein Partner. Europa muss versuchen, ein Gleichgewicht in die Wirtschaftsbeziehungen zu bringen. Außerdem kann ein Investitionsabkommen nicht die Politik im Partnerland grundsätzlich ändern. Einige Teile des Textes, etwa die Peking abgerungenen Zugeständnisse auf dem Gebiet der Zwangsarbeit, sind kleine Schritte in die richtige Richtung, findet L'Echo.
La Libre Belgique sorgt sich um die Pressefreiheit in der Welt. Laut Reporter ohne Grenzen sind 2020 zwar nicht mehr Journalisten bei der Arbeit getötet worden als im Vorjahr. Aber mehr Journalisten wurden abseits von Kriegsgebieten und gezielt wegen ihrer Arbeit umgebracht. Morde an Journalisten zeigen die wirkliche Lage der Demokratie in einem Land. Am schlechtesten schneiden hier Mexiko, Indien, Pakistan, die Philippinen und Honduras ab. Aber eine neu eingeführte Opfer-Kategorie von Reporter ohne Grenzen sorgt auch in Europa für einen bitteren Beigeschmack: Journalisten, die über Demonstrationen berichten. Besonders in Frankreich wurden Reporter bei Protesten immer wieder von der Arbeit abgehalten, mahnt La Libre Belgique.
Peter Esser