"Touristen aus Risikogebieten müssen bei ihrer Rückkehr in Quarantäne", titelt Het Belang van Limburg. Und diese Quarantäneregelung, die ist "an ein Ampelsystem gebunden", präzisiert das GrenzEcho. "Europa wird eingeteilt in grün, orange und rot", schreibt L'Avenir auf Seite eins.
Die verschiedenen Regierungen des Landes haben sich auf eine einheitliche Vorgehensweise mit Blick auf die Urlaubsheimkehrer verständigt. Demnach wird also ein Ampelsystem eingeführt: Ländern, aber auch einzelnen Städten oder Regionen soll ein Farbcode zugeordnet werden. Wer sich in einer roten Zone aufgehalten hat, der muss also zwingend in Quarantäne; nach einem Aufenthalt in einer orangen Zone wird das lediglich "wärmstens empfohlen".
"Quarantäne à la belge"
Nur: "Wie soll man das alles in die Praxis umsetzen?", fragen sich einige Blätter. Angefangen mit der Feststellung auf Seite eins von La Dernière Heure: "Alle Urlaubsheimkehrer zu überprüfen, das wird unmöglich sein", meint das Blatt. Hinzu kommt: Das System ist noch gar nicht einsatzbereit. Deswegen denn auch das doch unbarmherzige Urteil auf Seite eins von Le Soir: "Das ist eine Quarantäne 'à la belge'", meint das Blatt; anders gesagt: eine dieser typisch belgischen Geschichten.
Nicht alle Zeitungen sehen das so kritisch. Natürlich kommt die Regelung keine Minute zu früh, aber: Es gibt jetzt immerhin eine Vorgehensweise, meint etwa Gazet van Antwerpen. Ziel muss es sein, zu verhindern, dass sich die Geschichte wiederholt, dass also wieder Urlaubsheimkehrer das Virus nach Belgien importieren. Natürlich haben auch die Virologen recht: Am besten wäre es eigentlich, wenn wir alle brav in Belgien blieben. Nur sieht auch der kritischste Virologe ein, dass man mit einer solchen Haltung der Tourismusbranche definitiv den Hals umdrehen würde. Deswegen ist es gut, dass es jetzt die Reise-Ampel gibt: strenge Regeln als Garantie für sorglose Ferien.
"Was für ein absurdes Schauspiel!", meint hingegen sinngemäß Le Soir. Eine Ampel also, Farbcodes für sämtliche Länder und Regionen. Die dazu gehörige interaktive Karte ist aber noch nicht fertig. Und auch Gesetzestexte müssen erst noch angepasst werden. Nur zur Info, aber die Ferienzeit hat längst begonnen. Hätten unsere Regierungen nicht früher daran denken können? Das Bild hat sich nicht geändert: Belgien rennt immer noch wie ein kopfloses Huhn herum; Panikfußball in Vollendung. "Versprochen: Beim nächsten Virus wird alles besser", so das beißende Fazit von Le Soir.
'Code orange'? Typisch belgisch!
"Was, um Himmels willen, heißt 'orange'?", giftet auch Het Belang van Limburg. Code "grün", OK, kein Problem. Code "rot", das ist auch klar. Aber "orange"? Mit Code orange wird ein Land gekennzeichnet, in dem das Ansteckungsrisiko als "hoch" eingestuft wird. Und doch darf der Bürger selbst entscheiden, ob der dorthin fährt oder nicht. Hier geht es doch um Volksgesundheit; und trotzdem bleibt das eine individuelle Entscheidung. Das ist, mal wieder, typisch belgisch. Hinzu kommt: Niemand sagt, wie man das Ganze kontrollieren soll. Wer mit dem Auto aus einer roten Zone heimkehrt, der kann problemlos unter dem Radar bleiben. Die belgische Politik tut sich immer noch schwer damit, klare Ansagen zu machen.
"Naja, dieses Ampel-System hat auch positive Seiten", gibt aber Het Nieuwsblad zu bedenken. Wer sich die interaktive Karte anschauen wird, und die verschiedenen Farben sieht, der wird automatisch daran erinnert, dass die Krise eben noch nicht vorbei ist. Die roten und orangen Flecken auf der Karte sind quasi Alarmleuchten, die uns daran erinnern, dass man weiterhin die bekannten Vorsichtsmaßnahmen beherzigen sollte. Im Grunde ist es ein Appell an uns alle, unseren gesunden Menschenverstand einzuschalten.
Ein böses Omen?
Für De Standaard ist die ganze Episode derweil ein Zeichen an der Wand. Das jetzt beschlossene Ampelsystem mit der Option einer verpflichteten Quarantäne, das ist ein untrügerischer Hinweis dafür, dass die Verschnaufpause zu Ende geht. Jetzt stellt sich schon wieder die bange Frage, ob die Epidemie nicht bald wieder die Oberhand gewinnen wird. Im Grunde macht sich an vielen Fronten Ernüchterung breit. Viele Unternehmen müssen feststellen, dass es doch nicht so sein wird, dass man einfach nur durchstarten und schnell wieder zu alter Stärke zurückfinden kann. Neue Einschränkungen würden vielen wieder einen schmerzhaften Schlag versetzen; und selbst die Möglichkeit eines solches Szenarios wirkt schon lähmend. Wir sind noch nicht über dem Berg. Für die Politik muss der schwierigste Teil erst noch beginnen.
Het Laatste Nieuws zieht seinerseits schon eine erste Bilanz und präsentiert die Rechnung: "Das reine Management der Krise hat jetzt schon 15 Milliarden Euro gekostet", schreibt das Blatt auf Seite eins.
"Besoffen an der Strandbar"
Die Politik verhält sich demgegenüber, als gäbe es kein Morgen, meinen einige Zeitungen. Zwar geht die finanzielle Aufwertung der Pflegeberufe völlig in Ordnung, meint sinngemäß das GrenzEcho. Das war überfällig; hier geht es schließlich um unser aller Gesundheit. Kritikwürdig ist aber, dass die Politik sich fast gegenseitig überbietet in der Unterstützung aller möglichen und unmöglichen Unternehmen. Schließlich müssen die geliehenen Milliarden irgendwann zurückgezahlt werden.
Het Laatste Nieuws ist schärfer. Seit Monaten fliegt Geld durch alle Türen und Fenster des Parlaments, schimpft das Blatt. Es ist, als stünden der Nikolaus, der Weihnachtsmann und der Osterhase zusammen besoffen an der Strandbar. Die Abgeordneten verabschieden ein Geschenk nach dem anderen: Eine Neureglung für die Inanspruchnahme von Pro-Deo-Anwälten, klingeling, 280 Millionen; eine rückwirkende Anhebung der Pensionen für Bergleute, klingeling, 200 Millionen. Das passiert, weil sich im Parlament "alternative Mehrheiten" bilden. Nicht nur in der eigentlichen Corona-Krise fehlt also eine wirklich handlungsfähige Regierung, die die Richtung vorgeben kann. Und mit jeder Milliarde, die sich zu der Rechnung hinzuaddiert, wird die Bildung einer neuen Koalition schwieriger. Ein Teufelskreis...
Roger Pint