"Es gibt offiziell grünes Licht für das Wiederhochfahren der Betriebe am 4. Mai", titeln Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. "Am Montag treten erste Lockerungen in Kraft", schreibt das GrenzEcho auf Seite eins.
Die erste Phase der Lockerung der Ausgangsbeschränkungen kann also beginnen. Vertreter aller Regierungen des Landes haben das jetzt also nochmal bestätigt. Das Expertengremium, das die Regierung mit Blick auf die Exit-Strategie berät, sieht die Vorbedingungen erfüllt. "Es gibt aber noch haufenweise Fragen", schreibt Het Nieuwsblad in fetten Buchstaben auf Seite eins.
Phase 1 der Lockerungen: eine Wette
Nach 46 Tagen beginnt am Montag erstmal Phase 1 der Lockerungen. Endlich mal ein Hauch von Perspektive, freut sich Het Belang van Limburg. Wobei: Die Angst vor neuen Pannen und die undeutliche Kommunikation sorgen für spürbare Nervosität. Zwar blicken einige politisch Verantwortliche jetzt schon entschlossen auf die nächsten Stichdaten: Am 11. Mai sollen ja die Geschäfte öffnen, am 18. dann die Schulen. Nur: Diese Termine sind nicht in Beton gegossen. Selbst Berufsoptimisten müssen einsehen, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.
Dennoch: "Die ersten Lockerungen, die sind jetzt offiziell", bemerkt Het Nieuwsblad. Es ist erstmal nur ein kleiner Schritt, der wirklich große folgt eine Woche später, am 11. Mai, wenn die Geschäfte wieder öffnen sollen. Und vor allem dieser Schritt gleicht einer Wette. Allerspätestens nach der Wiedereröffnung der Geschäfte müssen die Begleitmaßnahmen einsatzbereit sein. Also insbesondere das Kontakt-Tracing. Die Politiker versprechen, dass das der Fall sein wird. Und wir würden nichts lieber tun, als ihnen zu glauben. Aber nach all den nicht gehaltenen Versprechen der letzten Wochen gilt wohl: Erst sehen, dann glauben...
"Wir sind nicht bereit für den Exit"
De Morgen ist noch schärfer: "Wir sind nicht bereit für den Exit", meint das Blatt. Das habe eine Recherche der Zeitung ergeben. Demnach sind in Belgien einige internationale Kriterien schlicht und einfach nicht erfüllt. Das gilt insbesondere für die Testkapazitäten und das Kontakt-Tracing. Das macht das ohnehin schon große Risiko noch größer. Das ist kein Grund zur Panik; wir müssen das allerdings sehr wohl vor Augen haben. Nur zur Verdeutlichung: In Deutschland liegt die Reproduktionsrate des Virus wieder bei 1,0. Das bedeutet, dass jeder Infizierte schon wieder durchschnittlich einen Menschen ansteckt. Geht die Zahl über eins, dann breitet sich die Krankheit wieder aus. Das sollte uns allen eine Warnung sein.
"Sind wir Vögel für die Katze?", fragt sich sogar De Standaard. Wenn wir am Montag damit beginnen, die Ausgangsbeschränkungen zu lockern, dann tun wird das, ohne dass das Kontakt-Tracing einsatzbereit wäre. Testkapazitäten und die Verfügbarkeit von Schutzmasken sind ebenfalls ungenügend. Wenn wir am Ende keine zweite Welle bekommen, dann hätte das einzig mit Glück zu tun. Hier rächt sich, was wir eigentlich schon lange nicht mehr als Problem betrachtet hatten: Die Ineffizienz und die Komplexität der Politik, damit hatten wir zu leben gelernt. Doch jetzt in der Krise zeigen sich die wahren Defizite in unseren Gesellschaften.
Das Tracing wirft Fragen auf
In puncto Tracing appelliert La Libre Belgique dafür, es mit der Vorsicht nicht zu übertreiben. Das Tracing ist ab jetzt von wesentlicher Bedeutung. Bei einem positiven Corona-Test ist es wichtig, gleich ermitteln zu können, mit wem der Betreffende Kontakt hatte. In einigen Ländern hat man dafür digitale Technik eingesetzt: eine Smartphone-App. Und, mal ehrlich: Eine moderne, gesunde Demokratie sollte hier doch eigentlich keine Berührungsängste haben müssen. Wir müssen schneller sein als das Virus. Und viele von uns haben ein Gerät in der Tasche, dass sich perfekt dafür eignen würde. Natürlich müssen fundamentale Datenschutzregeln eingehalten werden. Wir sollten aber nicht eine solche Möglichkeit von vornherein ausschließen.
Fragen über Fragen also. Und Fragen stellt sich im Moment vor allem auch eine besondere Berufsgruppe: "Die Hausärzte fühlen sich schlecht gerüstet für die Tests", schreibt Le Soir auf Seite eins. Es ist ja so, dass ab Montag jeder getestet werden kann, der Covid-19-Symptome aufweist. Bislang ging das nur für Patienten in Krankenhäusern oder anderen Pflegeeinrichtungen. Durchführen sollen diese Tests unter anderem die Hausärzte. Nur: Eben diese Allgemeinmediziner sind besorgt. Sie prangern an, dass sie schlecht ausgerüstet und auch schlecht informiert sind...
"Wie sieht es aus mit dem Sommerurlaub?"
Und noch eine Frage stellen sich heute einige Zeitungen: "Wie sieht es aus mit dem Sommerurlaub?". "Es gibt einen Plan, um ihre Ferien zu retten", schreibt La Dernière Heure auf Seite eins. Und der Plan, nun, das ist die belgische Küste; die sei jedenfalls zugänglich. Aber auch dahinter stehen noch viele Fragezeichen: "Wenn die Hotels, Restaurants und Cafés nicht öffnen dürfen, dann werden wir auch keine Tagestouristen zulassen", sagt die Bürgermeisterin von Blankenberge auf Seite eins von Het Laatste Nieuws.
Naja, die Sonnenanbeter könnten in diesem Jahr alle einen seltsam viereckigen Abdruck im Gesicht haben, witzelt Gazet van Antwerpen. Aber, mal ernsthaft: Wie der Sommer am Meer aussehen könnte, das wissen wir nicht. Zählen wir am 1. Juli noch immer die Toten? Oder haben wir die Epidemie bis dahin im Griff? Wird der Horeca-Sektor wieder geöffnet haben? Keine Ahnung!
Wer da neidisch nach Schweden äugelt, der sollte aber genau hinschauen. Schweden geht ja einen Sonderweg; Cafés und Restaurants waren nie geschlossen. Doch beginnen jetzt auch in Schweden die Zahlen nach oben zu rasen. Und über 70-Jährige sind jetzt sogar in Schweden dazu aufgerufen worden, drinnen zu bleiben. Auf unbestimmte Zeit. Das ist auch kein Kinkerlitzchen...
Roger Pint