"Der Nationale Sicherheitsrat wird sich auf Wirtschaft und Unterrichtswesen konzentrieren", titelt Het Laatste Nieuws. "Wege aus den Ausgangsbeschränkungen", so die Schlagzeile von Le Soir.
Alle Augen richten sich jetzt schon auf diesen Freitag. Dann wird der Nationale Sicherheitsrat erneut zusammenkommen, um über die Frage zu entscheiden, wie es nach dem dritten Mai weitergehen soll. Bis dahin gelten ja mehr oder weniger unverändert die Ausgangsbeschränkungen. Es wird erwartet, dass der Nationale Sicherheitsrat erste Lockerungen beschließen wird. Das geht offensichtlich auch schon aus ersten Expertenberichten hervor, die am Freitag auf dem Tisch liegen werden.
Le Soir hat die Gutachten einsehen können. Demnach wird tatsächlich empfohlen, die Wirtschaft ab dem 4. Mai teilweise wieder hochzufahren. Die Schulen dürften ab dem 18. Mai langsam wieder ihren Betrieb aufnehmen. In Het Laatste Nieuws warnt Premierministerin Sophie Wilmès aber vor überzogenen Erwartungen: "Wir werden am Freitag nicht Antworten auf alle Fragen liefern können", sagt Wilmès. DG-Ministerpräsident Oliver Paasch warnt im GrenzEcho vor überstürztem Handeln: "Wir dürfen uns nicht erlauben, uns allzu früh allzu viel zurückzunehmen", sagt Paasch. "Ansonsten riskieren wir, dass alle Anstrengungen am Ende umsonst gewesen wären".
"Es ist wie Seiltanzen"
Auf der anderen Seite wird die Lage für viele Unternehmen immer prekärer. Und auch die Bürger verfallen offensichtlich in Pessimismus: "Der Boden unter der Wirtschaft wurde weggeschlagen", titelt De Morgen. Aus der letzten Erhebung des Verbrauchervertrauens geht hervor, dass die Familien noch nie so schwarz gesehen haben hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Lage und ihrer finanziellen Zukunft. Und bei vielen Unternehmen sind die Aussichten ähnlich düster.
Viele Zeitungen sind sich durchaus dessen bewusst, wie schwer die Entscheidungen sind, die die Politik jetzt zu treffen hat. "Die Menschen brauchen dringend eine Perspektive", glaubt De Morgen in seinem Leitartikel. Wir wollen, wir müssen Licht am Ende des Tunnels sehen. Auf der anderen Seite ist aber auch nach wie vor Vorsicht geboten. Das "alte Normal" kriegen wir erstmal nicht zurück. Das zeigen auch Beispiele in einigen Ländern wie etwa Dänemark. Hier sehen wir die Welt, in der auch wir irgendwann aufwachen werden. Es ist eine andere Welt, mit verpflichtetem Händewaschen und Desinfizieren, mit kleineren Schulklassen. Hier werden fragile Gleichgewichte gefunden werden müssen. Oder, wie es die dänische Ministerpräsidentin ausdrückte: "Es ist wie Seiltanzen".
Eine Frage der Ausgewogenheit
"Keine Frage, solche Entscheidungen sind keine einfachen und oft folgenschwer", stellt auch das GrenzEcho fest. Die meisten von uns möchten, gerade in diesen lausigen Zeiten, nicht in einer Politikerhaut stecken. Das sollten sie besonders dann beherzigen, wenn sie sich bücken, um einen Stein aufzuheben.
Dennoch: Nach 35 Tagen sehnt sich das Land nach einer Perspektive, meint auch Het Belang van Limburg. Und auch die Wirtschaftswelt scharrt mit den Hufen. Der Nationale Sicherheitsrat wird also einen Balanceakt hinlegen müssen. Im Spannungsfeld zwischen Gesundheit und Wirtschaft darf man weder zu weit in die eine, noch zu weit in die andere Richtung gehen. Fakt ist: Wir sehen etwa in China, dass auch dort das Virus noch nicht unter Kontrolle ist, also selbst eine Diktatur mit gefügigen Bürgern kriegt das nicht hin. Vom "alten Normal" sind wir also in jedem Fall noch weiter entfernt.
Gazet van Antwerpen empfiehlt in jedem Fall, möglichst ausgewogen vorzugehen. Man muss etwa unlautere Konkurrenz vermeiden, meint das Blatt. Heute sind z.B. Gartencenter geöffnet, in denen man auch Liegestühle kaufen kann. Möbelgeschäfte, die die gleichen Stühle im Angebot haben, die bleiben geschlossen. Die Unternehmen leiden ohnehin schon enorm unter der Krise. Da will man nicht auch noch ohnmächtig zuschauen müssen, wie die Konkurrenz öffnen darf und einem Marktanteile abknapst.
Mutige Politiker gefragt
Im Moment gibt es Unmengen an Fragen, so fasst L'Avenir zusammen: Müssen wir alle Geschäfte wieder öffnen? Sind Schutzmasken nun nützlich oder nicht? Werden wir im Sommer wieder reisen dürfen? Wie lang wird diese Klammer noch andauern? Viele Fragen, kaum Antworten. Und von den möglichen Folgen ganz zu schweigen. Niemand weiß, wie wir aus der Wirtschaftskrise wieder herauskommen sollen. Nicht auszuschließen ist, dass unsere Welt in ein Schwarzes Loch stürzt. Dem Ölpreis ist das ja schon widerfahren.
Die wichtigste Aufgabe der Politik wird es sein, den Menschen die Angst zu nehmen, glaubt Het Laatste Nieuws. Angst ist oft irrational. Man kann es den Menschen nicht verübeln, wenn sie Angst haben, irgendwann wieder zur Arbeit zu gehen und sich einem höheren Ansteckungsrisiko auszusetzen. Und da helfen auch keine Statistiken. Mutige Politiker werden jetzt vor allem Vertrauen schaffen, Garantien geben müssen. Dafür bedarf es vor allem Verantwortungsbewusstsein. Staatsmännische Politikerinnen und Politiker, bitte vortreten!
Das Gleichgewicht finden
Het Nieuwsblad scheint in dieselbe Richtung zu gehen. "Politiker, kommt bitte aus euren Wohnungen", appelliert das Blatt leicht sarkastisch. Oft jedenfalls kann man den Eindruck haben, dass die Politiker den Aufruf, doch bitte zuhause zu bleiben, zu sehr auf sich bezogen haben. Sie scheinen sich viel zu häufig hinter Wissenschaftlern zu verstecken. Es wird Zeit, dass die Politik wieder das Heft in die Hand nimmt und Führungsqualitäten zeigt. Stattdessen sehen wir wieder politische Scharmützel, und das auf beiden Seiten der Sprachgrenze. Politiker, reißt euch zusammen und trefft Entscheidungen! Erst müssen wir diese Krise bewältigen, danach kann man sich immer noch mit der politischen Zukunft des Landes beschäftigen.
In Ländern wie Spanien oder Israel hat man jedenfalls gesehen, dass die Corona-Krise starre politische Fronten aufgeweicht hat, analysiert De Standaard. Und unabhängig von Sprachzugehörigkeit oder Ideologie muss es jetzt vor allem um den Inhalt gehen. Ein Gleichgewicht zwischen der Gesundheit und der Wirtschaft, dem Markt und dem Staat. Wenn unsere Politiker dieses Puzzle legen können, werden sie zu Helden. Andernfalls haben wir ein Problem.
Roger Pint