"Die Luftfahrt stellt Coronavirus unter Quarantäne," titelt Le Soir. "Auch die Wirtschaft wird jetzt vom Coronavirus befallen", so die Schlagzeile von L'Echo.
Die weltweit spürbaren Folgen der Virus-Epidemie aus China greifen einige Zeitungen auch in ihren Leitartikeln auf. Le Soir stellt dabei fest: Das Virus führt vor Augen, wie unsere Welt heute funktioniert. In einer weit entfernten Stadt in China bricht eine Epidemie aus, und plötzlich sacken die Börsen weltweit ab und der Erdölpreis geht in den Keller, aus Angst vor einer nachlassenden Konsumbereitschaft der Chinesen. In einer weit entfernten Stadt in China bricht eine Epidemie aus und plötzlich fliegen keine Flugzeuge mehr aus den USA, aus Hongkong, aus Indonesien oder Großbritannien mehr ins Reich der Mitte. Die Welt von heute ist global. Deshalb können wir in Belgien auch nicht so tun, als ob der Coronavirus uns nichts anginge. Er betrifft auch uns und beeinträchtigt unseren Alltag, unterstreicht Le Soir.
L'Avenir bemerkt: Noch können die Ausmaße nicht vorausgesagt werden, die das Virus annehmen wird. Ob es wirklich eine Bedrohung auch für uns darstellt, oder doch viel weniger gefährlich ist als eine normale Grippe, ist noch nicht klar und überdies auch unerheblich für das Gefühl, das sich bei vielen Menschen breitmacht. Nämlich Angst. Diese Angst ist ein Erbe unserer Entwicklung. Ohne Angst hätte der Mensch nicht überlebt. Und die Angst bleibt im Menschen drin, trotz der enormen Fortschritte in Wissenschaft und Medizin. Wenn wir mit etwas konfrontiert werden, was wir nicht einschätzen können, stellt sich Angst automatisch ein. Und die Angst zu sterben verdoppelt dabei unser Gefühl der Ohnmacht gegenüber den Dingen, die unsere Rationalität übersteigen, philosophiert L'Avenir.
"Compromis à la belge" - verzweifelt gesucht
La Dernière Heure macht sich Gedanken zur verlängerten Mission der königlichen Informatoren und glaubt: Diese zusätzliche Woche für Bouchez und Coens hat reinen therapeutischen Wert. Wirklich bewegen wird sich nichts mehr. Die Blockade bei der Suche nach einer neuen Föderalregierung scheint total. Neuwahlen zeichnen sich immer deutlicher ab. Sollte es dazu kommen, würde das gleichzeitig auch das Ende einer belgischen Eigenschaft bedeuten, auf die wir bislang so stolz sind: nämlich die Fähigkeit, Kompromisse zu schließen. Der "Compromis à la belge" ist ja quasi schon zum Markenzeichen geworden. In der aktuellen Krise scheint unseren Politikern aber die Fähigkeit zu solchen Kompromissen abhandengekommen zu sein, beklagt La Dernière Heure.
Auch Het Nieuwsblad meint: Neuwahlen stehen jetzt als Möglichkeit immer mehr im Raum. Doch auf dem Weg zu Neuwahlen müssen noch viele Hindernisse überwunden werden. Ein Konsens für Neuwahlen unter den Parteien herzustellen, wird schwierig werden. Das liegt nicht nur an der Angst der Parteien, weitere Wählerstimmen zu verlieren. Sondern auch daran, dass viele Spitzenpolitiker mittlerweile in Regionalregierungen eingebunden sind. Als Kandidaten für Föderalwahlen stünden sie nicht zur Verfügung. Außerdem kostet ein Wahlkampf Geld. Und viele Parteikassen sind zurzeit nicht üppig bestückt, bemerkt Het Nieuwsblad.
Ähnlich analysiert Gazet van Antwerpen, ergänzt aber noch: Was würden sich die Parteien denn eigentlich von Neuwahlen erwarten? Hoffen sie vielleicht darauf, dass der Wähler noch deutlicher macht, dass unser Land unregierbar geworden ist? Werden die Politiker erst dann den Mut haben, unser Land grundlegend zu reformieren, wenn der Wähler alles andere unmöglich gemacht hat?, fragt provokativ Gazet van Antwerpen.
Reform unausweichlich
De Tijd kommentiert zu einer neuen Studie des föderalen Fachzentrums für Gesundheitspflege: Die Studie zeigt die Missstände im Pflegebereich der Krankenhäuser auf. Eine Kernzahl der Studie sind die 9,4 Patienten, die in Belgien durchschnittlich von nur einer Krankenschwester oder einem Krankenpfleger betreut werden. Internationaler Standard sind aber maximal nur acht Patienten.
Was kann man gegen diesen Missstand tun? Mehr Geld ist natürlich eine Lösung, aber das reicht nicht. Der Gesundheitssektor in Belgien muss grundlegend reformiert werden. Auch dafür braucht man eine funktionsfähige Föderalregierung. Solange es die noch nicht gibt, kann sich das Parlament ja schon mal erste Gedanken machen, wie so eine Reform aussehen könnte, rät De Tijd.
Kein Plan für Frieden
La Libre Belgique notiert zum Friedensplan, den US-Präsident Trump für den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern vorgestellt hat: Frieden wird dieser Plan nicht bringen. Dafür ist er zu einseitig. Er berücksichtigt fast ausschließlich die Interessen Israels. Kein Wunder, dass die Palästinenser ihn rundherum ablehnen, so La Libre Belgique.
Das GrenzEcho schimpft: Der Plan kommt einer Anerkennung der völkerrechtswidrigen Besetzung weiter Teile der Palästinensergebiete durch Israel gleich. Möglicherweise hat Trump daraufgesetzt, dass die weltweite Erinnerung an die im Holocaust begangenen Verbrechen am jüdischen Volk in Nachsicht mit Israel einmünden. 75 Jahre nach dem Holocaust sollte aber klar sein, dass die damals geplante und begonnene Auslöschung des jüdischen Volkes keine Rechtfertigung für Völkerrechtsverletzungen Israels im 21. Jahrhundert sein kann, findet das GrenzEcho.
Kay Wagner