"Johnson ist auf dem Weg zu einem strahlenden Sieg", titelt De Morgen. "Boris Johnson peilt die absolute Mehrheit an", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws. "Johnson fegt Labour weg", schreibt De Standaard auf seiner Titelseite.
Einige Zeitungen haben offensichtlich am späten Abend noch die ersten Ergebnisse der Nachwahlbefragungen abgewartet. Bei der gestrigen Parlamentswahl in Großbritannien haben die Wahllokale ja erst um 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit geschlossen. Die Trends scheinen sich inzwischen bestätigt zu haben. Es gilt als sicher, dass die konservative Partei von Boris Johnson die absolute Mehrheit errungen hat. Was das bedeutet, das heben auch schon einige Zeitungen hervor: "Johnson wird bestätigt, um den Brexit über die Bühne zu bringen", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. Le Soir wird deutlicher: "Der Weg ist frei für den Brexit", titelt das Blatt.
"Get Brexit done – Bringt den Brexit zu Ende", das war nicht nur der Wahlslogan des amtierenden britischen Premierministers Boris Johnson, so denken auch die meisten Briten, bemerkt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Viele sind es leid. Zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren mussten die Briten zu den Urnen. Und dreimal stand der Brexit im Mittelpunkt. Johnson scheint einer Mehrheit der Wähler aus der Seele gesprochen zu haben. Nach dem Motto: Dieser Hängepartie muss jetzt ein Ende bereitet werden. Das sollte man allerdings auch mal auf der anderen Seite des Ärmelkanals beherzigen. Jetzt sind es schon über 200 Tage her, dass wir gewählt haben. Viel ist seither noch nicht passiert. Auch in Belgien würde der Slogan passen: Get it done, macht hinne!
De Wever und das Gesetz des Spielplatzes
Womit wir bei der Innenpolitik wären. "Die MR entscheidet sich offensichtlich für den Regenbogen", so die Aufmachergeschichte von Het Nieuwsblad. Offensichtlich haben jetzt auch die frankophonen Liberalen genug von den verbalen Ausbrüchen der N-VA und insbesondere ihres Vorsitzenden Bart De Wever. Deswegen setze jetzt auch der MR-Chef und Informator Georges-Louis Bouchez auf den Regenbogen.
"Keine einzige frankophone Partei will noch zusammen mit der N-VA regieren", bemerken neben Het Nieuwsblad auch Gazet van Antwerpen und Het Belang van Limburg. Das zeigt etwa auch das gestrige Zitat von PS-Chef Paul Magnette: "Die N-VA ist eine gefährliche Partei, mit der man besser nicht regiert", sagt Magnette auf Seite eins von De Standaard. Het Laatste Nieuws bringt ein anderes Zitat des PS-Präsidenten: "De Wever wollte nie Informator werden".
Das entbehrt bestimmt nicht jeder Grundlage, meint sinngemäß De Morgen. Insbesondere N-VA-Chef Bart De Wever hat in den letzten Tagen ein uns andere Mal ausgeteilt. So zog er etwa über den angeblichen "rot-grünen Brei" her. Danach versuchte er ungeniert, eine Revolte bei den flämischen Liberalen OpenVLD anzuzetteln. Ohne jetzt den moralischen Zeigefinger erheben zu wollen, vielleicht ein praktischer Ratschlag: Wenn De Wever es wirklich ernst meint mit seinem Wunsch, eine Föderalregierung auf die Beine bringen zu wollen, dann sollte er besser aufhören, alle möglichen Gesprächspartner genüsslich in die Pfanne zu hauen. Ein Kind, das morgens den ganzen Spielplatz terrorisiert, darf sich nachmittags nicht wundern und in Tränen ausbrechen, wenn niemand mehr mit ihm spielen will. Auch in der Politik sollte man das Gesetz des Spielplatzes respektieren.
Ernennungen der Richter müssen transparenter verlaufen
Dazu passt die Polemik um Zakia Khattabi. Die ehemalige Ecolo-Co-Präsidentin sollte eigentlich einen Sitz im Richterkollegium des Verfassungsgerichtshofes bekommen. Bislang sind solche Ernennungen immer vergleichsweise geräuschlos über die Bühne gegangen. An Zakia Khattabi scheiden sich aber offensichtlich die Geister. Die N-VA und auch der rechtsextreme Vlaams Belang haben angekündigt, im Senat gegen die Personalie zu stimmen. Die liberale MR erwägt anscheinend das gleiche. Die Abstimmung im Senat ist für heute anberaumt.
Dass eine Kandidatur für den Verfassungsgerichtshof zu scheitern droht, das ist eine Premiere, bemerkt De Standaard in seinem Kommentar. Das Problem bei Zakia Khattabi ist wohl vor allem ihr feuriger Charakter. In den Augen von N-VA und Vlaams Belang wirkt sie wie eine Linksextremistin. Und auch die frankophonen Liberalen haben ihr gewisse Aussagen offensichtlich nicht verziehen. Die Geschichte wirft aber zugleich ein Licht auf den Verfassungsgerichtshof. Es mag nachvollziehbar sein, dass man dieses Gremium nicht ausschließlich mit Juristen besetzt. Man wollte offensichtlich eine so genannte "Regierung der Richter" verhindern. Der Fall Khattabi zeigt aber, dass die Ernennung der Richter künftig transparenter erfolgen muss. Ganz nebenbei gesagt sollten die Parteien hier auf politische Abrechnungen verzichten.
Zum einfachen Lockmittel verkommen
Noch einmal zurück zu den Verhandlungen mit Blick auf die Bildung einer neuen Föderalregierung. Het Nieuwsblad ärgert sich darüber, dass der Posten des Premierministers inzwischen zu einer Art Lockmittel verkommen ist. PS-Chef Paul Magnette hatte versucht, die OpenVLD ins Boot zu ziehen, indem er den flämischen Liberalen den Posten des Premierministers in Aussicht stellte. Die MR versucht jetzt offensichtlich das gleiche mit der CD&V, die ja nach wie vor zögert, einer möglichen Regenbogen-Koalition durch ihre Unterstützung eine stabilere Mehrheit zu verschaffen. Das Amt des föderalen Regierungschefs ist aber mehr als nur eine Karotte, die man vor den Augen kleineren Parteien baumeln lässt.
Le Soir beschäftigt sich seinerseits mit der N-VA und ihrem Traum vom Konföderalismus. Der N-VA-Vize-Präsident Sander Loones hat gestern in Brüssel das konföderale Modell seiner Partei vorgestellt. Rein inhaltlich mag es da weiterhin Grauzonen geben. Wichtiger als der Inhalt ist aber die Tatsache, dass die Nationalisten immerhin einen Plan haben. All diejenigen, denen die Einheit des Landes wichtig ist, die sollten sich daran ein Beispiel nehmen. Auf Dauer wird es nicht reichen, einfach nur Nein zu sagen. Auch die Nicht-Separatisten werden auf Dauer einen Plan brauchen.
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