"Magnette will eine neue Methode ausprobieren", titelt L'Echo. "Magnette gibt sich selbst aber nur geringe Erfolgschancen", schreibt Het Belang van Limburg auf Seite eins. Le Soir wird konkreter: "Magnette sieht seine Erfolgschancen bei 30 Prozent".
Der PS-Chef ist ja am Dienstagabend von König Philippe mit einer Sondierungsmission betraut worden. Der neue Informator hat gestern auf einer Pressekonferenz seine Methode dargelegt. Und die soll demnach vor allem neu sein, anders jedenfalls als bisher. Grob zusammengefasst: Im Fokus soll nicht mehr die Frage stehen, welche Parteien wohl die künftige Koalition bilden sollten. Magnette will jetzt vom Inhalt ausgehen: Schnittmengen identifizieren und dann die entsprechenden Parteien zusammenbringen.
Die "kluge Strategie" von Paul Magnette
"So neu ist die Methode doch gar nicht", widerspricht De Tijd. Die ersten Informatoren, Johan Vande Lanotte und Didier Reynders, sind schon genauso vorgegangen. Auch sie haben versucht, die Parteien auf der Grundlage von inhaltlichen Gemeinsamkeiten zusammenzubringen. Neu ist die Methode allenfalls, wenn man sie mit der Vorgehensweise der unmittelbaren Vorgängern vergleicht, also der Vorregierungsbildner Geert Bourgeois und Rudy Demotte. Heißt also letztlich: Wir fangen wieder von vorne an.
Ob neu oder nicht, es ist eine kluge Strategie, meint seinerseits L'Echo. Magnette will die Parteien dazu bringen, ihre Karten auf den Tisch zu legen. Damit sorgt er zugleich dafür, dass die PS nicht alleine für das mögliche Scheitern seiner Mission verantwortlich gemacht werden kann. Mehr denn je richten sich die Augen auf OpenVLD und CD&V. Beide Parteien müssen die quasi existentielle Frage beantworten, die da lautet: Ist es wirklich sinnvoll, weiter der N-VA nachzulaufen mit ihren separatistischen Träumen und ihrem knallhart rechten Programm? Von der Antwort hängt der Ausgang der Mission von Magnette ab. In der Zwischenzeit gilt eine weitere berühmte Maxime von Laotse: "Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem Schritt."
Die Schiffe und die Kerzen des Laotse
Der chinesische Philosoph Laotse ist der heimliche Star in den Kommentaren und Leitartikeln. Paul Magnette hatte ihn gestern in seinem Fazit zitiert: "Wer nicht versucht, der irrt sich nur einmal". Das stimmt aber nur bedingt, meint aber Het Nieuwsblad. Magnette kann in seiner Mission diverse Fehler, beziehungsweise folgenschwere Feststellungen machen. Zum Beispiel kann sein Traum einer Regenbogenkoalition zerplatzen. Das würde ihn dann zwingen, sich danach "so klein mit Hut" wieder der N-VA zuwenden zu müssen. Es besteht sogar die Gefahr, dass Magnette es so bunt treibt, dass Neuwahlen unvermeidlich werden. Und doch ist es gut, dass er es versucht. Die nach wie vor stockende Regierungsbildung ist eine regelrechte Schande. Und angesichts der diversen Herausforderungen und Zwänge, die immer dringlicher werden, will man Magnette dann doch nicht jegliche Erfolgschancen absprechen. Laotse würde es so formulieren: Wer es nicht versucht, der kriegt bestimmt keine neue Regierung.
La Libre Belgique ist nicht überzeugt. Die Mission von Paul Magnette ist mehr denn je eine Mission impossible. Um es auch wieder mit Laotse zu sagen: Derjenige, der das Schiff erfunden hat, der hat auch den Schiffbruch erfunden. Selbst wenn Paul Magnette Gemeinsamkeiten zwischen Sozialisten, Liberalen und Grünen identifizieren kann, wird das wohl nicht reichen. Der Graben zwischen Liberalen und Grünen ist mindestens genauso tief wie der zwischen PS und N-VA. Aber gut, Laotse sagt auch: Es ist besser, eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.
Haushaltsdefizit – Die Zeit drängt
Magnette selbst gibt sich optimistisch, wobei er zugleich seine Erfolgschancen als gering einschätzt. Um es mal nicht mit Laotse, sondern mit Altpremier Mark Eyskens zu sagen, meint augenzwinkernd Het Laatste Nieuws: Der Optimist ist ein schlecht informierter Pessimist. Wobei: Ganz unmöglich ist die Mission von Magnette dann doch wieder nicht. Er wird aber vor allem die flämischen Parteien und die Flamen insgesamt umgarnen müssen. Bislang weckt der PS-Chef nämlich eher Misstrauen im Norden des Landes. Laotse sagt dazu: Wer andere besiegt, ist stark. Wer sich selbst besiegt, ist mächtig.
In einem Punkt sind sich alle aber einig: Die Zeit drängt. Illustriert wird das heute durch neue alarmierende Schlagzeilen: "Belgien hat das höchste Haushaltdefizit in ganz Europa", schreibt etwa de Tijd auf Seite eins. De Morgen hebt die eher düsteren Wirtschaftsaussichten hervor: "Die Wirtschaft in der EU sackt ab, vor allem Belgien bleibt zurück".
Das Schrillen der Alarmglocken sollte inzwischen doch unüberhörbar sein, meint sinngemäß Gazet van Antwerpen. Belgien bewegt sich gerade buchstäblich auf dem Niveau von Italien. Wir brauchen schnellstens eine handlungsfähige Regierung, um hier gegensteuern zu können. Oder wollen wir unseren Wohlstand zum Fenster rausschmeißen, weil unsere Politiker zu stur sind, um endlich mal vernünftig miteinander zu reden.
Reicht die Knäckebrot-Diät bei Brussels Airlines aus?
Dunkle Wolken auch am Himmel von Brussels Airlines. Die Direktion der Fluggesellschaft hat gestern neue Einzelheiten zu dem bereits angekündigten Umstrukturierungsplan bekannt gegeben. Demnach muss das Unternehmen auf Jahresbasis stattliche 160 Millionen Euro einsparen. La Libre Belgique bringt es auf den Punkt: "Lufthansa setzt Brussels Airlines auf Knäckebrot-Diät", schreibt das Blatt. "Brussels Airlines muss viel Ballast abwerfen", meint auch das GrenzEcho. Wobei: Einigen geht das offensichtlich noch nicht weit genug: "Experten bewerten den Umstrukturierungsplan als 'zu soft'", schreibt jedenfalls Het Laatste Nieuws.
Und das Alles nur, um die Gewinnmarge auf acht Prozent zu steigern, beklagt Le Soir. Dieses wenig konkrete Ziel ist jedenfalls von der Direktion ausgegeben worden. Eine Gewinnmarge von acht Prozent, eine wirkliche Rechtfertigung gab es nicht. Und dafür wird Brussels Airlines einer Rosskur unterzogen. Was noch schlimmer ist: Was diese Rosskur genau beinhaltet, das weiß auch niemand. Wenn die Direktion schon angeblich transparent sein will, dann auch bitte richtig.
Roger Pint