"Die Mission von Paul Magnette ist quasi eine Mission impossible", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Magnette wird es sehr schwer haben", notiert auch das GrenzEcho. "Der Regenbogen ist wohl von vornherein zum Scheitern verurteilt", so die Schlagzeile von De Morgen.
Eben eine solche Regenbogenkoalition will der neue PS-Vorsitzende wohl auf die Beine stellen, also eine Mehrheit aus Sozialisten, Liberalen und Grünen, plus eventuell CD&V. Das wäre also eine Regierung ohne die N-VA, denn das ist der eigentliche Plan. Het Laatste Nieuws stellt sich die Frage nach den Gründen: "Warum Paul Magnette seine Faust ballt in Richtung N-VA?".
Pessimistisch sind viele Beobachter hier aber vor allem wegen der bisherigen Haltung von CD&V und OpenVLD. Beide bilden zusammen mit der N-VA die flämische Regierung. Und entsprechend fühlen sich Liberale und Christdemokraten eigentlich an die flämische Nationalistenpartei gebunden. Anscheinend gibt es da aber erste Risse: "Der OpenVLD droht in der Regenbogen-Frage die Spaltung", titelt De Standaard. Mit dem Genter Bürgermeister Mathias De Clercq ist jetzt jedenfalls der erste OpenVLD-Politiker an die Öffentlichkeit gegangen, der sich klar für eine Regenbogenkoalition auf der föderalen Ebene ausspricht. In einem Meinungsbeitrag, den De Standaard veröffentlicht, warnt er jedenfalls vor einer Neuauflage einer Regierung mit der N-VA.
N-VA mit Profilneurose
"So so, es scheint sich also schon was zu bewegen", bemerkt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Gleich am ersten Tag der neuen Mission von Paul Magnette haben die ersten den flämischen Schützengraben verlassen. Mathias De Clerck hält ein warmes Plädoyer für den Regenbogen, und er spricht dabei das aus, was viele Liberale denken. Gleiches gilt wohl auch für die CD&V, zumindest kann man davon ausgehen, dass auch einige Christdemokraten nicht wirklich Lust haben auf eine neue Koalition mit der N-VA. Beide Parteien sind tatsächlich in einer Zwickmühle. Mit der N-VA zu regieren, das hat ihnen erwiesenermaßen nichts gebracht. Eine Regierung ohne die N-VA, bei der also die Nationalisten aus der Opposition heraus permanent Giftpfeile abschießen würden, davor haben die beiden Parteien aber auch eine heilige Angst. Der Weg ist zwar noch lang. Aber wenn sich schon am ersten Tag Risse zeigen, dann ist das aus Sicht von Magnette wohl ein Anfang.
Die N-VA hat nicht viele Freunde, konstatiert Gazet van Antwerpen. Die Nationalistenpartei leidet unter einer ausgeprägten Profilneurose. Jederzeit müssen auch politische Partner damit rechnen, dass sie von der N-VA oder einigen ihrer Galionsfiguren unter Beschuss genommen werden. Schließlich will man sich ja immer mal wieder von den angeblich traditionellen Parteien abheben. Das liefert vielleicht Stimmen, aber nicht politische Verbündete. Auf der frankophonen Seite ist die Ablehnung der N-VA fast schon ein Bindemittel. Auf der flämischen Seite geben OpenVLD und CD&V zwar den braven Koalitionspartner, groß ist die Liebe aber auch nicht. Und diese beiden Parteien können durchaus echte Freunde brauchen.
Unumgänglicher Magnette, aber nicht allmächtig
Für De Morgen kann die N-VA hier nur gewinnen. Magnettes Mission kommt strategisch gesehen zu früh. Sollte der PS-Chef scheitern, dann verliert er seine Trumpfkarte. Bislang stand ein Regenbogen wie ein ultimativer Plan B im Raum, was dazu führte, dass sich die N-VA nie wirklich sicher fühlen konnte. Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, dann ist diese Drohkulisse in zwei Wochen Geschichte. Und dann weiß auch die N-VA, dass sie wirklich unumgänglich ist.
Magnette ist seinerseits unumgänglich, stellt Het Belang van Limburg fest. Unumgänglich, aber dafür immer noch nicht allmächtig. Magnette hat am Montagabend eine mögliche Regierung mit der N-VA quasi live im Fernsehen zu Grabe getragen. Jetzt darf er an seinem Regenbogen zimmern. Die N-VA hat dabei schon mal durchblicken lassen, wie sie auf eine solche Koalition reagieren würde: "Die Geschenke für die Wallonie, die Rechnung für Flandern", so lautete der Slogan. Vorläufig sieht es aber so aus, als könne Magnette nicht auf die Mitarbeit von OpenVLD und CD&V zählen. Er ist eben nicht allmächtig.
Da wäre noch ein Problem…
Das GrenzEcho findet die Strategie des PS-Chefs zu einseitig: Paul Magnette setzt auf eine Mitte-Links-Regierung. Oder nichts. In der derzeitigen Situation, in der doch eigentlich Kreativität gefragt ist, ist das ein doch eher mageres und vor allem einseitiges Angebot. Demgegenüber ist die Forderung der N-VA nach mehr Eigenständigkeit für die Region und Gemeinschaften ein durchaus ehrliches Angebot. Magnette ignoriert, dass es nach 50 Jahren Staatsumbau längst an der Zeit wäre, dass selbstverantwortliche Regionen sich zur tragenden Struktur des Föderalstaates entwickeln.
Bei alledem ist ein Elefant im Raum, meint Het Laatste Nieuws. Ob's am Ende der Regenbogen sein wird, oder doch eine burgundische Koalition mit der N-VA: Ein Problem bleibt bestehen. Und das verschwindet auch nicht mit Neuwahlen. Die Rede ist von dem abgrundtiefen Haushaltsloch. Niemand, aber wirklich niemand sagt, wie er dieses Loch stopfen will. Schlimmer noch: Es scheint sogar niemand die Absicht zu haben, das Problem wirklich anzugehen.
Da Vinci in Tongerlo
Einige Zeitungen schließlich bringen noch eine Meldung, die sich wie ein Knaller liest: "Ja, es ist ein Da Vinci", jubelt Gazet van Antwerpen. Es geht um ein Gemälde, das in der Abtei von Tongerlo hängt. Das ist eine Kopie des "Letzten Abendmahls" von Leonardo Da Vinci. Nur scheinen neue Untersuchungen jetzt darauf hinzuweisen, dass der Meister selbst beteiligt war: De Morgen drückt es so aus: "Da Vinci hat beinahe sicher selbst Hand angelegt".
Roger Pint