"Thomas Cook Belgien scheint vorläufig gerettet zu sein", titelt Het Belang van Limburg. "Thomas Cook Belgien kauft Zeit", schreibt De Standaard auf Seite eins. "Thomas Cook versucht zu retten, was zu retten ist", so die Schlagzeile von L'Echo.
Die belgische Filiale des bankrotten britischen Reiseveranstalters Thomas Cook hat am Dienstag Gläubigerschutz beantragt. Damit beginnt die Suche nach einem möglichen Übernahmekandidaten, wie auch De Tijd auf ihrer Titelseite hervorhebt. "Und die Aussichten sind gut, dass man einen Interessenten finden wird", glaubt Het Laatste Nieuws.
Für die Kunden sind die Aussichten derweil nach wie vor nicht so rosig: "Kein einziger Thomas Cook-Kunde kann derzeit abreisen", schreibt Gazet van Antwerpen. Und dann gibt es noch die belgischen Touristen, die im Ausland gestrandet sind. La Dernière Heure spricht in diesem Zusammenhang von einer "Geiselnahme". "Der Garantiefonds holt aber gestrandete Touristen zurück", stellt Het Nieuwsblad klar. Das Fazit von La Libre Belgique: "Durch die Thomas Cook-Pleite wurde Tausenden Belgiern der Urlaub verhagelt".
Wegweisendes Urteil
Viele Leitartikler blicken derweil über den Ärmelkanal nach Großbritannien. "Oberste Ohrfeige für Boris Johnson", schreibt Le Soir auf Seite eins. "Vernichtende Niederlage, aber Boris Johnson bleibt sitzen", notiert De Standaard. Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreiches hat am Dienstag ein wegweisendes Urteil gefällt: Demnach war die Entscheidung von Premier Boris Johnson, das Parlament in die Zwangspause zu schicken, ungesetzlich und ist damit null und nichtig. Das ehrwürdige britische Unterhaus wird schon am Mittwoch wieder zu einer Sitzung zusammenkommen.
"Welcome back, Westminster", jubelt Le Soir in seinem Leitartikel. Das Urteil des Obersten Gerichtshofes sorgte für ein hörbares Aufatmen und ein herrliches Glücksgefühl, es ist Balsam für die Seele der Demokratie und der Demokraten. In der Stunde, in der der Rechtsstaat von Populisten auf die Probe gestellt wird, und das übrigens nicht nur in Großbritannien, gibt es Richter, die einstimmig einen Premierminister dazu zwingen, sich dem Gesetz zu unterwerfen. Denn eine Regierung steht nicht über dem Gesetz. Das alles wird Boris Johnson wahrscheinlich nicht zur Vernunft bringen, wird ihn auch nicht daran hindern, gleich was zu erzählen oder zu unternehmen. Doch wird ihm jetzt noch einmal meisterlich in Erinnerung gerufen, dass es in einer Demokratie Grenzen und Sicherheitsriegel gibt.
De Tijd sieht das ähnlich und nennt das Urteil "herzerwärmend". Die Essenz der Demokratie ist, dass die Macht auf verschiedene Institutionen verteilt wird - eben, um eine zu große Konzentration der Macht zu verhindern. Eben deswegen steht auch in Belgien der Verfassungsgerichtshof über dem Parlament. Und der Staatsrat über der Regierung. Hier geht es um subtile Gleichgewichte, die Boris Johnson versucht hat, auszuhebeln. Das gestrige Urteil ist denn auch eine besonders gute Nachricht. Es zeigt jedenfalls, dass es immer noch Institutionen gibt, die sich gegen die populistischen Bilderstürmer zur Wehr setzen. Und dass man eine solche Schlacht auch gewinnen kann.
Der Marsch der Verrückten geht weiter
La Libre Belgique formuliert es in Form einer fingierten Stellenanzeige: "Kopfloses Land sucht verantwortungsvollen Führer". Immerhin ist es nach drei Jahren der politischen Irrungen und Wirrungen beruhigend, festzustellen, dass in einer der ältesten Demokratien der Welt noch nicht alles verrottet ist. Allerdings: So heilsam das Urteil des Obersten Gerichtshofes auch ist, es löst das Problem nicht. Die politische Schlammschlacht wird weitergehen. Ohne einen vernünftigen Kapitän wird das Vereinigte Königreich weiterhin steuerlos herumdümpeln.
"Boris, der Bruchpilot, will nicht klein beigeben", steht derweil De Standaard fest. Seine bisherige Bilanz ist katastrophal: Seit seinem Amtsantritt im Sommer hat er jede Abstimmung im Parlament verloren, hat er seine Mehrheit eingebüßt und wird jetzt auch noch vom höchsten Gericht des Landes zurückgepfiffen. Und ganz nebenbei brachte er auch noch die Königin in Verlegenheit. Wie die Brexit-Saga jetzt weitergehen wird, ist völlig unklar. Die Stärke von Boris Johnson liegt wohl im strategischen Unvermögen des Oppositionsführers Jeremy Corbyn. Der Labour-Chef schafft es einfach nicht, aus der Schwäche der Tories Kapital zu schlagen. Währenddessen schaut der Kontinent immer entgeisterter und fassungsloser auf die britische Politik. Der Marsch der Verrückten geht weiter.
Donald Trump immer weiter in die Enge getrieben
Einige Zeitungen haben auch schon die jüngsten Entwicklungen in Washington auf ihre Titelseiten heben können. "Donald Trump wird immer mehr in die Enge getrieben", titelt De Morgen. De Standaard wird konkreter: "Die Demokraten starten eine Impeachment-Untersuchung gegen Trump", schreibt das Blatt auf Seite eins. "Impeachment-Untersuchung gegen Trump gestartet", so auch die Schlagzeile von La Libre Belgique.
Impeachment, das bedeutet ja Amtsenthebungsverfahren. Die oppositionellen Demokraten haben angekündigt, die Prozedur formal einleiten zu wollen. Erste Etappe wäre eine Voruntersuchung. Danach wird entschieden, ob das eigentliche Amtsenthebungsverfahren gestartet wird. Unmittelbarer Anlass ist ein Telefongespräch zwischen Donald Trump und dem neuen ukrainischen Präsidenten. Trump soll dabei von Selenskyj gefordert haben, möglichst pikante Informationen über den Sohn von Joe Biden zu liefern. Joe Biden, das ist der wohl aussichtsreichste Gegenkandidat von Trump bei der Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr. Druckmittel soll die Zurückhaltung von bereits genehmigten Hilfen gewesen sein. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Senat gelten die Erfolgsaussichten allerdings als gering.
Roger Pint