"Team Pia kann jetzt feiern", titelt Het Nieuwsblad. "Pia bekommt ihr Medikament wohl noch in diesem Jahr", vermeldet Het Laatste Nieuws auf Seite eins. Und La Libre Belgique fragt: "Wird das teuerste Medikament der Welt Pia retten?"
Die Eltern der neun Monate alten Pia haben durch einen Spendenaufruf 1,9 Millionen Euro gesammelt. Das Geld ist nötig, um das Medikament zu bezahlen, das das Leben von Pia retten kann. Das Baby leidet an spinaler Muskelatrophie, einem Gendefekt, der ohne Behandlung tödlich ist.
L'Avenir jubelt: In weniger als 48 Stunden waren die 1,9 Millionen Euro zusammengekommen. Man kann sich nur freuen über soviel Solidarität und die Großzügigkeit der Belgier. Ermöglicht wurde dieser Erfolg durch die Sozialen Medien. Eine durchaus positive Seite dieser neuen Technologie, die oft so stark und auch zu Recht kritisiert wird. Es ist auch ein Sieg der Menschen über die Politik, die sich in Flandern geweigert hatte, für die Kosten aufzukommen, stichelt L'Avenir.
Eine strukturelle Lösung muss her
L'Echo allerdings meint: So sympathisch diese Aktion auch war, sie kann keine strukturelle Lösung sein. Diese teuren neuartigen Medikamente stellen uns vor grundsätzliche Fragen: Wie kann man die Interessen der Unternehmen mit den Interessen der Gesellschaft vereinen vor dem Hintergrund der prekären finanziellen Situation? Wer wird den Preis für ein Leben bestimmen? Die Pharmaindustrie? Die Politik? Das Mitgefühl der Öffentlichkeit? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, ist Kreativität gefordert. Eine grundsätzliche und dauerhafte Lösung für alle muss her. Damit solche Hauruck-Aktionen wie im Fall Pia, so sympathisch sie auch sind, überflüssig werden, fordert L'Echo.
Het Nieuwsblad hingegen hebt hervor: 1,9 Millionen Euro für ein Medikament - das ist krank! Die Pharmaunternehmen, in diesem Fall Novartis, begründen das zwar immer gleich - die hohen Kosten seien nötig, um die Forschung zu finanzieren. Doch erstens haben die Pharmaunternehmen auch so genug Geld: Novartis hat vergangenes Jahr zehn Milliarden Euro Gewinn gemacht. Und zweitens verschweigen die Unternehmen zu gerne, dass der größte Teil der Forschung an neuen Medikamenten von der Öffentlichkeit finanziert wird. Die meisten Innovationen werden an Universitäten geschaffen, und die werden nun mal durch Steuergelder finanziert. Die neue EU-Kommissionsvorsitzende Ursula von der Leyen hat angekündigt, dass sie sich darum kümmern wird, Medizin bezahlbar zu machen. Man kann ihr nur Erfolg wünschen, so Het Nieuwsblad.
Klarheit? Fehlanzeige
Zum Wahlausgang in Israel analysiert La Libre Belgique: Premierminister Netanjahu wollte mit diesen Wahlen Klarheit schaffen. Am 9. April, als die Israelis schon einmal gewählt hatten, hatte es keinen deutlichen Sieger gegeben. Netanjahus rechter Likud und die Zentrumsallianz Blau-Weiß von Benjamin Gantz hatten fast gleich viele Stimmen bekommen. Die Pattsituation sollte durch Neuwahlen aufgelöst werden. Das ist nicht passiert. Das Ergebnis vom 9. April wurde jetzt quasi wieder bestätigt. Das zeigt vor allem, dass Netanjahu, der seit zehn Jahren Israel ununterbrochen regiert, keine Mehrheit mehr bei den Israelis für seine aggressive Politik gegenüber den Palästinensern findet, schlussfolgert La Libre Belgique.
Le Soir wertet den Wahlausgang etwas anders: Abgesehen von dem erneuten politischen Patt macht das Ergebnis deutlich: Drei Viertel der Israelis stimmen nicht mehr für eine Politik, die eine Aussöhnung mit den Palästinensern zum Ziel hat. Der Glaube daran, dass Frieden möglich wäre, ist geschwunden. Man darf nicht auf die USA unter Donald Trump zählen, um die Israelis zum Umdenken zu bringen. Könnte Europa eventuell diese Rolle übernehmen? Das darf bezweifelt werden, so pessimistisch Le Soir.
Auf den Krankenwagen schießt man nicht
Bei den flämischen Sozialisten von der SP.A hat der erst 26-jährige Conner Rousseau angekündigt, für den Parteivorsitz zu kandidieren. Dazu kommentiert Het Laatste Nieuws: Diese Kandidatur überrascht auf den ersten Blick. Doch bei näherem Hinsehen erscheint sie fast schon logisch. Viele andere Sozialisten, die man als quasi natürliche Nachfolger von John Crombez gesehen hatte, zum Beispiel Löwens populärer Bürgermeister Mohamed Ridouani, Jinnih Beels oder Meryame Kitir, haben alle abgewunken. Warum also nicht Rousseau? Er ist zwar noch sehr jung und für viele mag er zu unerfahren für das Amt des Parteivorsitzenden sein. Doch was hat die SP.A noch zu verlieren? Auf den Krankenwagen schießt man nicht, erinnert Het Laatste Nieuws.
De Standaard hält fest: So ganz unerfahren ist Rousseau nicht. Er hat schon ein paar Jahre Kabinettserfahrung, war Spitzenkandidat in Ostflandern und ist zurzeit Fraktionsvorsitzender im flämischen Parlament. Sollte er jetzt mit seinen 26 Jahren bereits zum Vorsitzenden der SP.A gewählt werden, steht er vor einer Herkulesaufgabe. Er muss die Partei erneuern. Die nächsten fünf Jahre, in denen keine Wahlen vorgesehen sind, eignen sich dafür hervorragend. Das Wichtigste, was Rousseau entwickeln sollte, wäre eine gute Nase für die parteiinternen Strömungen. Denn die alte Garde bei der SP.A könnte vielleicht nur mit Unwillen auf einen "Jungspund" an der Spitze reagieren, warnt De Standaard.
Kay Wagner