"Didier Reynders scheitert im letzten Moment", schreibt La Libre Belgique auf Seite eins. "Reynders hat es wieder nicht nach Europa geschafft", titelt L'Avenir. "Der europäische Traum von Reynders ist geplatzt", notiert Le Soir.
Vize- und Außenminister Didier Reynders wird nicht neuer Generalsekretär des Europarats. Die entscheidende Abstimmung gestern Abend verlor er deutlich gegen die kroatische Außenministerin Pejcinovic Buric. Im Falle seiner Wahl hatte Reynders seinen Abschied aus der nationalen Politik angekündigt. Der findet jetzt zunächst nicht statt.
In ihren Leitartikel greifen die Zeitungen das Thema nicht auf. Allerdings macht sich Le Soir aus anderem Anlass Gedanken über den Umgang mit Niederlagen und führt aus: Nicht wenige Schulkinder werden in diesen Tagen mit schlechten Zeugnissen nach Hause kommen. Tobende Eltern und niedergeschlagene Kinder wird es in manchen Haushalten geben. Dabei sollten gerade Eltern erkennen, dass in Niederlagen auch viel Positives steckt. Erstens gehört Versagen zum Leben dazu. Zweitens eröffnet jede Niederlage eine Chance. Und das ist nicht nur ein Trost für den kleinen Mann. Auch Stars und bekannte Persönlichkeiten, von Rafael Nadal bis Thomas Edison über Darwin, Michael Jordan, Steve Jobs oder J. K. Rowling mussten zum Teil deftige Rückschläge einstecken, ruft Le Soir in Erinnerung.
Schöne Geschichte mit absehbarem Ende
PS und Ecolo haben gestern für die Wallonie und die Französische Gemeinschaft 20 Projekte vorgestellt, die sie in einer gemeinsamen Regierungskoalition verwirklichen wollen. Dazu kommentiert L'Echo: Es macht noch nicht wirklich Sinn, diese Projekte bis ins Detail zu kritisieren. Es sind ja nur erste Vorschläge. Tendenziell sind da gute, aber auch bedenkliche Ideen dabei. Auch, dass noch nicht dargestellt wird, wie die Projekte finanziert werden sollen, kann man akzeptieren. Trotzdem sollte darauf hingewiesen werden, dass die finanzielle Situation der Wallonie nicht gerade rosig aussieht und in den kommenden Jahren immer weniger Geld aus Flandern zu erwarten ist. Und letztlich bleibt es dabei: Eine Mehrheit, um diese Projekte durchzusetzen, haben PS und Ecolo nicht im Wallonischen Parlament, hält L'Echo fest.
Zum gleichen Thema entwirft La Libre Belgique ein fiktives Drehbuch in sechs Episoden und schreibt zu Episode vier: Was für schöne Ideen. Vollbeschäftigung in 2030, Ende der Ämterhäufung, Bürger an die Macht, sauberer Verkehr usw. Wer könnte was dagegen haben? Episode fünf: Das alles geht den Bach runter, weil PS und Ecolo keine Mehrheit haben. Ecolo wird sich als Verfechter der Zivilgesellschaft einen Namen gemacht haben. PS wird hinter den Kulissen aufatmen. Episode sechs: Die Suche nach einer Regierung in der Wallonie fängt wieder von vorne an, ätzt La Libre Belgique.
Trennung ist eigentlich schon vollzogen
Zur Situation auf föderaler Ebene notiert L'Avenir: Seit den Wahlen hat sich die Kluft zwischen dem nördlichen und südlichen Landesteil weiter vergrößert. Strukturell sieht es in beiden Landesteilen ähnlich aus, ideologisch sind sie genau das Gegenteil. Ist in der Wallonie die linke PS trotz Verlusten weiter die größte Partei und hat es mit der PTB jetzt mit einem linksextremen Wahlgewinner zu tun, so ist in Flandern die rechte N-VA trotz Verlusten ebenfalls weiter die größte Partei und hat es mit dem Vlaams Belang jetzt mit einem rechtsextremen Wahlgewinner zu tun. N-VA und Vlaams Belang würden gerne die Scheidung einreichen. Doch davon wollen alle frankophonen Parteien nichts wissen. De facto ist die Trennung allerdings schon vollzogen. Belgien präsentiert sich gerade wie ein Ehepaar, das zwar schon getrennt lebt, aber noch unter dem gleichen Dach wohnt, analysiert L'Avenir.
Im persönlichen Stil schreibt der Leitartikler des GrenzEchos zur föderalen Ebene: Ich habe wenig Verständnis dafür, dass Parteien sich weigern, mit anderen Parteien über Regierungsbildung zu sprechen. Klar, im Normalfall versucht man, Koalitionen mit Parteien zu bilden, mit denen man genügend Schnittmengen hat. Aber man darf von Demokraten auch erwarten, dass sie über ihren Schatten springen und zum Wohle der Bürger und des Landes Gemeinsamkeiten herausarbeiten, statt Unvereinbarkeiten herauszuposaunen. In der jetzigen Situation braucht das Land Handlungsfähigkeit. Für wie töricht halten die Politiker eigentlich die Bürger? Diese Bürger haben kein Bock auf parteipolitische Spielchen. Sie verlangen zu Recht, dass die Politiker sich um die res publica, um die öffentliche Sache kümmern. Denn dafür werden sie "gut" bezahlt, tobt das GrenzEcho.
Positive Ausnahme AS Eupen
De Standaard beschäftigt sich mit den neuen Trikotsponsor des Fußballvereins Club Brügge und führt aus: Brügge macht jetzt auf seinen Trikots Werbung für den Wett- und Spieleanbieter Unibet. Das ist zu kritisieren. Zwar haben alle Fußballerstligisten, mit Ausnahme von Eupen, einen Wettanbieter als Sponsor. Das macht es aber nicht besser. Spielen und Wetten machen süchtig und führen ins finanzielle Verderben. Der Hohe Gesundheitsrat fordert seit längerem ein Verbot dieser Freizeitaktivitäten. Dass der Fußballbund weiter Werbung für Wettspiele zulässt, ist unverständlich. Auch die Formel 1 ist nicht daran kaputt gegangen, dass sie vor 15 Jahren die Tabakwerbung im Rennzirkus verboten hat, mahnt De Standaard.
Kay Wagner