"Spanien stimmt für den Dialog", titelt De Standaard. "Die Koalitionsbildung in Spanien dürfte für Kopfzerbrechen sorgen", so die Schlagzeile auf Seite eins von Le Soir. Spanien hat gewählt. Stärkste Kraft wurden die Sozialisten des scheidenden Ministerpräsidenten Pedro Sanchez. Insgesamt haben die Parteien der Mitte und die Linken das Rennen gemacht. Die konservative Volkspartei PP musste eine herbe Niederlage einstecken. Wobei: Die rechtsextreme Partei Vox zieht erstmals ins Parlament ein.
Dennoch: Die Tatsache, dass das rechte Lager insgesamt Verluste hinnehmen musste, mag darauf hinweisen, dass die Spanier sich einen Dialog wünschen, unter anderem zwischen der Zentralregierung in Madrid und den Katalanen, glaubt De Standaard.
Durchbruch der Partei Vox - Zeit für eine echte Koalitionsregierung
Es ist vor allem jetzt Zeit für eine wirkliche Koalitionsregierung in Spanien, meint De Standaard in seinem Leitartikel. Die Gesellschaft ist tief gespalten. Einerseits hat die katalanische Krise ultranationalistische Kräfte geweckt, was dazu geführt hat, dass 43 Jahre nach dem Tod des Diktators Franco wieder eine rechtsextreme Partei ins Parlament einziehen konnte. Die Wirtschaftskrise des letzten Jahrzehnts hatte andererseits ja schon ausgesprochen linke Parteien entstehen lassen. Obendrauf kommen dann nochmal die katalanischen Separatisten. Diese Polarisierung muss jetzt durchbrochen werden. Gewonnen haben die Parteien, die Dialog predigen und zu Kompromissen bereit sind. Jetzt sollten sie genau das umsetzen.
L'Avenir kommentiert seinerseits ausschließlich den Durchbruch der rechtsextremen Partei Vox. In Spanien verhält sich das wie in Deutschland, wo sich ja die rechtsextreme AfD etablieren konnte. In beiden Fällen hat sich gezeigt, dass eine nationalistische oder gar faschistische Vergangenheit, die Europa so viel Leid zugefügt hat, die Länder nicht immun macht für solches Gedankengut.
Vox ist eine radikale Partei, die nach eigener Darstellung aufräumen will. Mit der Korruption. Mit der Immigration. Und die ganz nebenbei die Frauen wieder an den Herd schicken will. Vieles mag damit zu tun haben, dass die traditionellen Parteien keine Antworten gefunden haben auf die Wirtschaftskrise oder die Herausforderung des 21. Jahrhunderts. 43 Jahre nach dem Tod von Franco kann man aber nur feststellen, dass dieselben Ursachen oft dieselbe Wirkung haben. Auch wenn Jahrzehnte dazwischen liegen.
Verantwortungsbewusstsein ist notwendig
Auch in Belgien wird bekanntlich bald gewählt. In vier Wochen um genau zu sein. Das Planbüro hat inzwischen eine Reihe von Kernforderungen der Parteien einmal durchgerechnet. Weil dem Institut die Mittel fehlen, wurde aber nur eine Auswahl analysiert, die die Parteien selbst vorgenommen hatten.
Wohl auch deswegen war das Ganze wohl eine Nullnummer, kritisiert Het Laatste Nieuws. Die meisten Parteien haben lediglich ihre Ausgaben durchleuchten lassen. Niemand wollte schließlich als eine Partei dastehen, die nur an neue Steuern denkt. Bemerkenswert ist dabei: Niemand hat es für nötig befunden, uns zu erklären, wie der Haushalt saniert werden soll. Stimmt! Das ist ja erst für 2021.
"Jetzt die Geschenke, und erst danach die Misere", so fasst Gazet van Antwerpen den allgemeinen Eindruck zusammen. Schaut man sich die Ergebnisse der Analyse des Planbüros an, dann werden wir alle in den nächsten fünf Jahren finanziell besser dastehen. Ist das so? Natürlich nicht! Jeder weiß, dass auf allen Ebenen wieder gespart werden muss. Stattdessen muss man feststellen, dass die Parteien die Erkenntnisse des Planbüros lediglich nutzen, um Karikaturen ihrer politischen Gegner zu machen. Wie wäre es eigentlich mit ein bisschen Verantwortungsbewusstsein?
Welche Partei bietet Antworten auf die Bekämpfung der Armut?
Der Wähler muss sich schlicht und einfach seine Meinung bilden, mahnt La Libre Belgique. In den nächsten Tagen wird man wieder viele Stimmen hören, die behaupten, dass Wählen ohnehin nichts bringt. Hören Sie nicht darauf, wendet sich das Blatt an seine Leser. Das stimmt nämlich nicht. Bei der Wahl geht es um die Kräfteverhältnisse. Und damit um die Frage, welchen Weg wir einschlagen werden. Beispiele: Müssen die Steuern weiter gesenkt werden oder doch die Sozialleistungen angehoben? Muss man über Steuern oder Anreize Einfluss nehmen auf das Verhalten der Menschen, um unsere Umwelt zu schützen? Oder verlässt man sich auf Technologie und Innovation? Informieren Sie sich! Lesen Sie die Wahlprogramme der Parteien und entscheiden Sie auf dieser Grundlage!
Bemerkenswerte Schlagzeile auf Seite eins von Het Laatste Nieuws und De Morgen: "Eins von neun Kindern wächst auf in einer Familie ohne Einkommen". Knapp zwölf Prozent aller Minderjährigen kommt aus einem Haushalt, in dem kein Erziehungsberechtigter einen Job hat. Diese Zahl ist nirgendwo in der EU so hoch wie in Belgien.
Und wirkliche Lösungen präsentiert hier keine Partei, stellt De Morgen in seinem Kommentar fest. Die Sozialleistungen zu senken, wie es die rechten Parteien fordern, wird nicht wirklich helfen. Die linke Idee, die Mindestlöhne anzuheben, ist ebenfalls nur bedingt eine Option. Dennoch muss das nächste Regierungsabkommen ein Kapitel enthalten, in dem es um die Bekämpfung der Armut geht.
CD&V sucht nach Aufmerksamkeit
Auf vielen Titelseiten der flämischen Zeitungen sieht man schließlich Fotos von Hilde Crevits. Die CD&V-Politikerin und scheidende flämische Unterrichtsministerin ist jetzt offiziell Kandidatin ihrer Partei für den Posten der Ministerpräsidentin. Sie wird damit zur Herausforderin von keinem geringeren als N-VA-Chef Bart De Wever.
Die CD&V will also ein Kanzler-Duell, konstatiert Het Belang van Limburg. Nur wie realistisch ist das? Die CD&V liegt meilenweit hinter der N-VA zurück und muss selbst um Platz zwei bangen. Wird Hilde Crevits hier nicht verheizt, fragt sich auch sinngemäß Het Nieuwsblad. Hier geht es wohl um etwas anderes. Natürlich weiß auch die CD&V, dass sie wohl kaum Aussichten hat, den nächsten Ministerpräsidenten zu stellen. Eine Partei der Mitte, die nicht wirklich radikale ideologische Standpunkte einnimmt, braucht aber vor allem eins, nämlich Aufmerksamkeit.
Roger Pint