"Heldenhaft", titelt La Dernière Heure. "Monumental", findet L'Avenir in seiner Schlagzeile. "Die Krönung des Philippe Gilbert", schreibt Le Soir auf Seite eins.
Die Zeitungen überschlagen sich heute auf ihren Titelseiten vor Lob für den Radprofi aus Lüttich. Mit 36 Jahren hat der Ex-Weltmeister nun auch das traditionsreiche Eintagesrennen Paris-Roubaix in Nordfrankreich gewonnen. Dabei hatte das Wochenende sportlich betrachtet recht schlecht angefangen: Der Classico zwischen Standard Lüttich und dem RSC Anderlecht musste am Freitagabend wegen massiver Randale von Anderlecht-Fans nach nur einer halben Stunde abgebrochen werden.
Es ist das erste Mal, dass ein Classico nicht zu Ende gespielt wird, klagt L'Avenir in seinem Leitartikel. Das ist die schlechteste Werbung für den Sport, mitten in einer Saison, die auch wegen der "Footballgate"-Affäre in negativer Erinnerung bleiben wird. Dabei hatten die Roten Teufel erst im Juli mit ihrem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft das Image des belgischen Fußballs aufpoliert. Neun Monate später ist dieses Image wieder schwer beschädigt, stellt L'Avenir enttäuscht fest.
Le Soir sieht die Schuld für das Debakel von Freitagabend und allgemeiner für die Krise des belgischen Rekordmeisters RSC Anderlecht vor allem bei dessen Besitzer Marc Coucke. Natürlich war es nicht der flämische Milliardär selbst, der die Böller aufs Spielfeld geworfen hat. Und nichts kann die Gewalt dieser Pseudo-Fans entschuldigen. Aber für Coucke stehen die Ereignisse symbolisch für ein durch und durch misslungenes erstes Jahr an der Club-Spitze. Verflogen ist die Euphorie darüber, dass Coucke und nicht irgendein ausländischer Investor den Brüsseler Club übernommen hat. Seien wir ehrlich: Wenige Club-Besitzer in Belgien haben auf Anhieb Erfolg gehabt. Aber was die echten Fans von Anderlecht wollen, das ist die Erhaltung der Tradition und des Erbes ihres Vereins. Und das hat Marc Coucke noch nicht verstanden, kritisiert Le Soir.
Es geht immer ums Geld
Het Nieuwsblad kommt in diesem Zusammenhang auf die Debatte um strengere Sicherheitskontrollen am Stadioneingang zurück: Auf Rockfestivals werden die Besucher schon lange systematisch abgetastet. Aber die Pro League hält das für keine gute Idee. Das Sicherheitspersonal am Eingang müsse eine Bindung zum Club haben. Bei Angestellten von externen Sicherheitsdiensten, die für ein solches Abtasten engagiert werden müssten, funktioniere das nicht, argumentiert der Ligaverband. Was für ein Unsinn!, findet Het Nieuwsblad. Die Pro League bestreitet es, aber im Endeffekt geht es natürlich um Geld. Es ist immer dasselbe mit dem Fußball: Er ist König. Und alle Probleme werden auf jemand anderen abgewälzt, schimpft die Zeitung.
Die Probleme von N-VA und Vlaams Belang
Het Belang van Limburg kommentiert die Ausgangslage der N-VA für die Wahlen Ende Mai: Das von der Partei verkündete Aus der Kilometerabgabe in Flandern ist ein Zeichen der Schwäche. Der Vlaams Belang hatte dafür gesorgt, dass die Maut als "Ben-Steuer" nach dem flämischen N-VA-Minister Ben Weyts in die Geschichte eingegangen wäre. Die N-VA dominiert nicht länger die Debatten, sie weicht ihnen aus. Wie lange ist es her, dass Parteichef Bart De Wever mit einem wohlplatzierten Einzeiler tagelang die Talkshows und Meinungsseiten beherrscht hat? Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass die N-VA sich vor allem in der Defensive befindet, analysiert Het Belang van Limburg.
La Dernière Heure hingegen sieht vor allem den Vlaams Belang in Bedrängnis: Wegen der stark zurückgegangenen Zahl ihrer gewählten Mandatsträger sind seine Einkünfte stark geschrumpft. Es ist ein Teufelskreis: Jetzt fehlen Gelder für den Wahlkampf, um die verlorenen Mandate zurückzugewinnen. Deshalb stellt der Vlaams Belang nun auch Wahllisten in der Wallonie auf. Natürlich wird die Partei dadurch keine Sitze gewinnen, aber vielleicht den einen oder anderen finanziellen Unterstützer. Das ist La Dernière Heure zufolge die Strategie hinter diesem Vorgehen.
De Standaard beschäftigt sich mit dem Gesundheitssystem und schreibt: Dass in Belgien fast alle Kinder gegen Masern geimpft werden, zeugt vom Vertrauen in die Medizin, das hierzulande vorherrscht. Wir können uns glücklich schätzen, nicht in einer Situation wie etwa Deutschland oder Italien zu sein, wo Menschen jetzt dazu verpflichtet werden, ihre Kinder impfen zu lassen. Die Kehrseite der Medaille des guten belgischen Gesundheitssystems ist vielleicht, dass wir ab und zu die eine oder andere Tablette zu viel schlucken. Und dennoch: Ob es um Impfungen oder die übertriebene Einnahme von Antibiotika geht, die größte Verantwortung liegt am Ende in der Beratung durch die Ärzte, meint De Standaard.
Wer wird der belgische Thomas Jefferson?
La Libre Belgique macht sich auf die Suche nach dem Glück. Wo ist das Glück in den Parteiprogrammen? Natürlich geht es dort indirekt auch um Glück: Die Politiker wollen, dass wir in guter Gesundheit in einem wohlhabenden Land leben, dass wir einen Beruf und eine Familie haben und uns Haus, Urlaub und Freizeit leisten können. Und dennoch sollte das Wort "Glück" auch in den Programmen vorkommen. Ist das naiv? Nein! In den USA hat der dritte Präsident, Thomas Jefferson, damals das "Streben nach Glück" in seinem Entwurf der Unabhängigkeitserklärung verankert. Wer wird der belgische Jefferson?, fragt La Libre Belgique.
Peter Eßer