"Brüssel erlebt den besten Börsentag seit anderthalb Jahren", schreibt De Tijd auf Seite eins. "Bester Börsentag seit April 2017", titelt auch Het Nieuwsblad.
Es gibt also auch mal positive Meldungen von den Börsen. Das Jahr 2018 war ja an vielen Finanzplätzen nicht so gut. Am Freitag machte der Bel20-Index einen Sprung: ein Plus von knapp drei Prozent. Bemerkenswert: Alle im Bel20 notierte Werte sind gestiegen, ohne Ausnahme. Als wichtigsten Grund für die Euphorie nannten Analysten die bevorstehenden Verhandlungen zwischen den USA und China über den Handelsstreit zwischen beiden Ländern. Auf beiden Seiten gibt es offensichtlich eine grundsätzliche Bereitschaft, sich zu einigen, nach einem "Big Deal" zu suchen.
Donald Trump auf einem schmalen Grat
Aber apropos Donald Trump: "Für seine Mauer ist Trump bereit, sein Land für mehr als ein Jahr zu lähmen", notiert Le Soir auf Seite eins. Genau diese Drohung hat der US-Präsident am Freitag ausgesprochen. Um die Finanzierung für seine Mauer an der mexikanischen Grenze zu bekommen, würde er auch vor einer längeren Kraftprobe nicht zurückschrecken, sagte Trump. Und wenn der sogenannte Shutdown Monate oder gar mehr als ein Jahr andauere, dann nehme er das in Kauf.
Donald Trump bewegt sich auf einem schmalen Grat, meint sinngemäß La Libre Belgique in ihrem Kommentar. Auf der einen Seite setzt er die halbe Welt unter Druck. Seine Methode besteht ja darin, seinem jeweiligen Gegenüber erstmal einen gehörigen Tritt vors Schienbein zu geben, in der Hoffnung, danach aus einer Position der Stärke heraus verhandeln zu können. China und auch Europa können ein Lied davon singen. Nur ist die Realität komplexer als ein paar Slogans von maximal 280 Zeichen. Das amerikanische Haushaltsdefizit hat einen Rekordstand erreicht, die Börsen fahren Achterbahn und am Beispiel Apple sieht man, dass der Handelsstreit mit China auch amerikanischen Unternehmen durchaus schadet. Obendrauf kommt noch der Shutdown. Indem er China versenken will, muss Trump aufpassen, dass er nicht selbst ertrinkt.
Wirtschaft im grünen Bereich, aber mit Herausforderungen
"Ich habe keine Angst vor einer tiefen Rezession", sagt aber der neue Gouverneur der Nationalbank, Pierre Wunsch, auf Seite eins von La Libre Belgique. Auch De Standaard bringt heute ein Interview mit dem 51-Jährigen. Er sei sich zwar durchaus der Risiken bewusst, die die Weltwirtschaft bedrohten, dennoch bleibe er optimistisch, sagt Pierre Wunsch. In Belgien seien jedenfalls alle wirtschaftlichen Basisdaten im grünen Bereich.
Doch es warten große Herausforderungen. Einige Zeitungen beschäftigen sich in ihrem Leitartikel einmal mehr mit dem Klimaschutz. "Was kann jeder Einzelne zur Senkung des CO2-Aussstosses beitragen?", fragt sich etwa Le Soir. Beispiel: Gerade wurden neue Prognosen für den weltweiten Flugverkehr veröffentlicht. Demnach könnte sich die Zahl der beförderten Passagiere bis 2037 verdoppeln. "Toll!", könnte man jetzt sagen. Das ist gut für die Flugzeugindustrie und auch für unsere Flughäfen. Allerdings: Wie ist das mit dem Klimaschutz zu vereinbaren? Natürlich ist es möglich, als Kompensation etwa Aufforstungsprojekte finanziell zu unterstützen. Nur: Wie viele Leute machen das? Allein dieses Beispiel zeigt, wie schwierig es ist, die Klimaschutz-Gleichung zu lösen. Ohne eine grundlegende Änderung unserer Lebensweise wird es wohl nicht gehen.
Het Nieuwsblad macht eine ähnliche Analyse. Gerade sind Zahlen veröffentlicht worden über den ökologischen Fußabdruck von Haustieren. Und der ist, wie sich zeigt, doch erheblich. Nur: Wie gehen wir jetzt damit um? Müssen wir jetzt Katzen- oder Hundebesitzer schief angucken? Je länger die Liste der klimaschädigenden Faktoren wird, desto größer wird das Vakuum, das die Politik da gerade hinterlässt. Unsere Gesellschaften brauchen einen wirklichen Klimaplan. Und der darf nicht darauf hinauslaufen, dass allein der Bürger die Zeche zahlt und die Wirtschaft ungeschoren davonkommt.
Klimaschutz vs. wirtschaftliche Realität
Genau dieses Spannungsverhältnis thematisiert auch De Tijd in ihrem Kommentar. Die Zeitung bringt die Meldung, dass der britische Chemiekonzern Ineos 2,7 Milliarden Euro in zwei Fabriken im Antwerpener Hafengebiet investieren will. Die Chemieindustrie ist also mehr denn je ein wichtiges Standbein des Antwerpener Hafens und damit der flämischen Wirtschaft, analysiert das Blatt. Und das muss auch so bleiben.
Dafür bedarf es zunächst einer garantierten Stromversorgung und auch Rechtssicherheit. Vor diesem Hintergrund ist es da fast schon verständlich, dass Flandern sich bei der Klimaschutzkonferenz in Kattowitz geweigert hat, seine CO2-Ziele anzuschärfen. Ein ehrgeiziges Klimaschutzengagement ist eine Sache, die wirtschaftliche Realität ist eine andere.
Bei alledem müssen wir gar nicht sehnsüchtig den Mond betrachten, mahnt L'Echo. Seit die Chinesen vor einigen Tagen eine Sonde erfolgreich auf die dunkle Seite des Mondes gebracht haben, fühlte man sich ja fast schon um 50 Jahre zurückversetzt. Das Weltraumzeitalter schien wieder angebrochen zu sein. Jetzt ist aber definitiv der falsche Zeitpunkt, um die Gedanken zu den Sternen schweifen zu lassen. Wir haben hier unten sehr konkrete Probleme: Die europäischen Sterne zerfetzen sich gerade. Auf der Erde wird es immer wärmer, im buchstäblichen und auch im übertragenen Sinne. Die Welt braucht Ambitionen und Visionen. Auf der Erde gibt es genug zu tun, wir müssen es nur wollen.
Roger Pint