"Streik trifft Bpost schwer", titelt De Standaard. "Postgewerkschaften drohen mit zehn Tagen Streik", schreibt Gazet van Antwerpen. Und La Libre Belgique weiß: "Bpost: Die Gründe eines tiefen Problems".
Seit gestern 22:00 Uhr ist das Bpost-Personal im Streik. Sollte es in den Verhandlungen mit der Direktion nicht zu einer schnellen Einigung kommen, dann könnten aus den ursprünglich fünf Tagen zehn Tage, wenn nicht gar 15 Tage werden.
La Libre Belgique will die Wurzel des Übels erkannt haben: der chronische Personalmangel. Laut Quellen fehlen bei Bpost zwischen 500 bis 1.000 Mitarbeiter. Die Zahl der unbesetzten Stellen beläuft sich auf mehrere hundert. Das Unternehmen möchte 340 Briefträger einstellen, schafft es aber nicht.
Der Grund vor allem in und um Brüssel: die starke Konkurrenz der Paketdienste. Diese sind voll auf Expansionskurs und auf der Suche nach ähnlichen Bewerberprofilen. Selbst Postler mit mehr als zehnjähriger Betriebszugehörigkeit verlassen Bpost, um zu schauen, ob das Gras auf der anderen Seite nicht doch vielleicht grüner ist. Dieser Personalmangel wirkt wie eine Splitterbombe: erdrückende Arbeitsüberlastung, verkürzte oder ganz gestrichene Touren, Nicht-Ersetzen von ausfallenden Kollegen, Postboten, die nicht mehr selbst über ihre Urlaubstage entscheiden dürfen...
Und auch, wenn die Gehälter weit davon entfernt sind, attraktiv zu sein, die Erwartungen und Forderungen liegen eher in einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen als im Lohnbereich. Gleichzeitig verspricht Bpost-Chef Koen Van Gerven, das Dividenden-Niveau auf 262 Millionen Euro zu halten, um die Aktionäre – sprich auch den belgischen Staat – nicht zu enttäuschen, analysiert La Libre Belgique.
Eine schwere Aufgabe für Bpost
Gazet van Antwerpen weist noch auf einen anderen Aspekt hin: In Belgien werden täglich noch 8,1 Millionen Briefe ausgetragen. Das scheint viel, ist es aber nicht. Bpost bekommt immer mehr Konkurrenz durch den E-Mail-Verkehr, der langsam aber sicher die Rolle des Briefes übernimmt. Das bedeutet, dass die Postboten auf der gleichen Route weniger Briefkästen bedienen müssen und dass man deshalb von ihnen erwartet, dass sie auf ihrer Runde auch noch Pakete verteilen sollen.
Das Paketgeschäft ist ein enormer Wachstumsmarkt, aber vorerst für Bpost noch nicht rentabel. Und das wird auch so bleiben, solange Onlinehändler zum Minimaltarif nach Hause liefern. Die Bpost-Geschäftsführung steht also vor einer schweren Aufgabe: Sie muss dafür sorgen, dass Bpost rentabel ist und nicht durch Dumpingpreise aus dem Markt gedrängt wird. Eine Herausforderung, die aber nicht auf Kosten des Personals gehen darf, fordert Gazet van Antwerpen.
Schon wieder eins!
L'Avenir kommentiert den Verkauf der Lütticher Chocolaterie Galler an die katarische Al Thani-Familie. Diese hat bereits seit 2011 die Mehrheit am Unternehmen, jetzt hat die Familie Galler auch die restlichen Anteile abgestoßen. Dazu meint die Zeitung: Schon wieder eins! Definitiv: Die belgische Schokolade macht Appetit. Und nicht nur die. Ob Cidre Stassen, Alken-Maes, Chaudfontaine, Maredsous, Tirlemont, Lutosa, Quick oder De Beukelaer – viele große Marken der belgischen Industrie sind in ausländischer Hand.
Und es gibt auch keinen ersichtlichen Grund, warum unser Lebensmittelsektor sich nicht den gleichen Regeln des Marktes unterwerfen muss wie unsere Stahlindustrie, unsere Banken oder unsere Biotech-Firmen: Die kleinen Fische werden von den mittleren gefressen, diese wiederum von den größeren. Und gerade in einem kleinen Land wie Belgien ist es oft schwierig, die kritische Größe zu erreichen, die es erlaubt, sich gegen die ausländische Konkurrenz wehren zu können. Nichts kann einen Inhaber daran hindern, sein Unternehmen ganz oder teilweise zu verkaufen, wenn ihm danach ist. Doch das Beispiel Galler zeigt wieder einmal, dass unsere Kapitalstruktur nicht ausreicht, um unsere Schmuckstücke zu bewahren, analysiert L'Avenir.
Am Ende entscheidet immer der Aktionär
Le Soir sieht in der Geschichte vor allem ein grundlegendes Problem der wallonischen Wirtschaft: Es werden zu wenige Unternehmen gegründet, und wenn, dann bleiben sie zu klein. Aus Mangel an eigenen Schwergewichten bemüht sich die Wallonische Region, diese aus dem Ausland anzulocken, indem sie ihnen den roten Teppich ausrollt.
Wäre es da nicht viel gesünder und nachhaltiger, wallonische Unternehmen in der Wallonie zu stärken? Doch wie soll deren Wachstum finanziert werden? Ambitionierte Unternehmen suchen nämlich oft ihr Kapital bei ausländischen Investoren. Und wie kann man den Verbleib dieser Unternehmen in der Region dann auch langfristig garantieren? Es bleibt festzustellen, dass man sich diese Frage seit Jahren stellt, ohne eine Antwort zu finden. Ökonomischer Nationalismus aus einer anderen Zeit? Nein, nur Ausdruck einer unumstößlichen Wahrheit: Am Ende entscheidet immer der Aktionär, wo er wachsen und sich entwickeln will, so Le Soir.
Volker Krings