"Die Mutter litt an postnataler Depression", titelt Het Nieuwsblad. "Könnte ich die Uhr doch einfach nur zurückdrehen!", so die Schlagzeile von Het Laatste Nieuws und Gazet van Antwerpen.
Vor allem in Flandern sorgt das Familiendrama im westflämischen Varsenare weiter für Bestürzung. In der Nacht zum Mittwoch hatte eine 30-jährige Frau ihre drei Kinder getötet. Anschließend versuchte sie, sich selbst das Leben zu nehmen. Sie wurde dabei aber nur leicht verletzt und konnte gestern bereits vernommen werden. Gegen sie wurde inzwischen Haftbefehl erlassen. Warum sie diese schreckliche Tat begangen hat, ist noch unklar. Vermutet wird aber, dass sie unter einer postnatalen Depression litt. Ihr jüngstes Kind, das sie ebenfalls getötet hat, war gerade einmal drei Monate alt. In ersten Verhören hat die junge Frau jedenfalls ihr tiefes Bedauern zum Ausdruck gebracht. "Sie war nicht sie selbst", sagt ihr Vater in Het Nieuwsblad. Trotz des schrecklichen Dramas stehe er weiter zu seiner Tochter.
"Drei von zehn Flamen droht ein Eltern-Burnout", berichtet Het Laatste Nieuws. Diese Menschen haben demnach den Eindruck, dass sie ihren elterlichen Pflichten und Aufgaben nicht genügen. Diese Selbstzweifel führen dazu, dass sie sich schwertun, ihren Kindern gegenüber ihre Liebe zum Ausdruck zu bringen. Vier Prozent der Befragten geben sogar an, an einem regelrechten elterlichen Burnout zu leiden. "Sie wollen Perfektion, aber Erziehung heißt eben, Fehler zu machen", sagt ein Psychologieprofessor.
"Als wäre das Leben nicht schon schwer genug: Jetzt riskieren die Menschen also auch noch einen Eltern-Burnout", bemerkt Het Laatste Nieuws in seinem Leitartikel. Aber das ist eigentlich nicht zum Lachen. Die Studie der Universität Gent ist ein Alarmsignal. Einige Eltern scheinen an ihren tatsächlichen und vermeintlichen Aufgaben und Pflichten regelrecht zu zerbrechen. Selbstzweifel sind aber durchaus normal. Jeder macht Fehler, jeden Tag. Stress? Klar! Regelmäßig! Und selbst, wenn alles super zu laufen scheint, hat man das Gefühl, dass andere Mamas und Papas doch so viel spontaner, energischer oder auch sorgloser mit ihren Sprösslingen umgehen. Zum Glück können die meisten relativieren – das beste Mittel gegen Burnout.
"Recht auf Unerreichbarkeit"
Apropos Burnout: "Heute Abend bitte nicht mehr, Chef!" Diese kryptische Schlagzeile steht heute auf Seite eins von De Standaard. Gemeint ist damit das sogenannte "Recht auf Unerreichbarkeit". Die Supermarktkette Lidl setzt ab heute de facto eine solche Maßnahme in die Tat um: Das Unternehmen verspricht, seinen Mitarbeitern zwischen 18 Uhr abends und 7 Uhr morgens keine beruflichen E-Mails mehr zu schicken. Dafür gibt es ein dickes Lob von einem Arbeitspsychologen: "Rund um die Uhr erreichbar zu sein, führt zu Problemen; und das Phänomen wird unterschätzt". Zwar hat Arbeitsminister Kris Peeters inzwischen eine gesetzliche Regelung auf den Weg gebracht. Die besagt aber lediglich, dass Arbeitgeber und Personal über eine "digitale Pause" beraten müssen; zwingend vorgeschrieben ist ein solches Recht aber nicht.
"Die MR will die 'Schwedische Koalition' fortsetzen" – so derweil die Aufmachergeschichte von Le Soir. Das Blatt veröffentlicht heute ein Interview mit dem MR-Vorsitzenden Olivier Chastel. Der sähe also am liebsten eine Neuauflage der derzeitigen Regierung aus Liberalen, N-VA und CD&V. Der Wähler müsse sich entscheiden: entweder für diese Mitte-Rechts-Konstellation, die gut ist für die Kaufkraft und den Arbeitsmarkt – oder für das Chaos. Denn auf der linken Seite des politischen Spektrums gäbe es nichts, was Koalitionen mit der marxistischen PTB verbiete.
Digitale Stigmatisierung
De Morgen kommt in seinem Leitartikel zurück auf eine bemerkenswerte Meldung von gestern: Die Zeitungen L'Echo und De Tijd hatten berichtet, dass die Polizei ein Computerprogramm anschaffen will, das es erlaubt, Straftaten vorherzusagen. Das erinnert verdächtig an den Science Fiction-Klassiker "Minority Report" des amerikanischen Schriftstellers Philip K. Dick, meint das Blatt. Und irgendwo ist es ja auch normal, dass die Polizeidienste mit den neuesten Technologien arbeiten wollen. Das Problem: Algorithmen können nur mit den Daten arbeiten, über die sie verfügen. Außerdem weiß niemand so ganz genau, nach welchen Kriterien solche Programme nun denn genau arbeiten. Algorithmen sind im Grunde nichts anderes als Vorurteile. Und das im wahrsten Sinne des Wortes. Algorithmen urteilen allein auf der Grundlage von früheren Informationen. Digitale Stigmatisierung also. Hier stellen sich jedenfalls viele ethische Fragen.
Doch (noch) keine neue "Volksaktie"
"Belfius ist eine Milliarde weniger wert als noch vor einigen Monaten", das titeln heute die beiden Wirtschaftszeitungen L'Echo und De Tijd. Das ist eine schlechte Neuigkeit für die Regierung. Denn eigentlich wollte man Teile des Kapitals der Bank an die Börse bringen. Das Börsenklima ist aber in den letzten Wochen schlechter geworden; und darunter leidet jetzt auch die Bewertung der Belfius-Bank. Vor einigen Monaten hieß es noch, sie sei "sechs bis acht Milliarden" wert; jetzt sind es "fünf bis sieben" Milliarden; also eine Milliarde weniger.
Chance verpasst!, schimpft De Tijd in ihrem Leitartikel. Die Regierung hat zu lange gewartet. Jetzt sorgen die Währungskrisen in der Türkei und in Argentinien für spürbare Unruhe an den Finanzmärkten. Und das wird wohl so bald nicht besser: Über Italien ziehen auch schon dunkle Wolken auf, nicht zu vergessen der Brexit. In solch turbulenten Zeiten wäre es wohl ein Wagnis, die Belfius-Bank an die Börse zu bringen. Und die Regierung sollte jetzt bitte nicht ihrer politischen Agenda folgen, sondern allein die makroökonomischen Rahmenbedingungen vor Augen haben. Vor einigen Monaten noch hätte Belfius eine Art "neue Volksaktie" werden können; die Brüsseler Börse hätte den frischen Wind auch gut gebrauchen können. Hätte, hätte, Fahrradkette.
Roger Pint