"Der britische Notfallplan für einen Brexit ohne Deal", titelt De Morgen. "London bereitet sich auf einen No-deal-Brexit vor", so die Schlagzeile auf Seite eins von La Libre Belgique. "Die Briten befürchten einen 'No deal'", schreibt Het Nieuwsblad.
Der für den Brexit zuständige britische Minister Dominic Raab hat gestern einen Plan vorgelegt, der das Land in gewisser Weise auf einen "No-deal-Brexit" vorbereiten soll. Also auf eine Situation, in der Großbritannien ungeordnet die EU verlassen würde, ohne dass man sich etwa auch nur im Kern auf die zukünftigen Handelsbeziehungen geeinigt hätte. Der Plan liest sich teilweise wie das Handbuch für ein Katastrophenszenario: Zollschranken, administratives Chaos, möglicherweise sogar Medikamentenknappheit; Briten, die in der EU leben, müssen vielleicht sogar damit rechnen, dass ihre Bankkarten nicht mehr funktionieren. Der Notfallplan enthält denn auch eine Reihe von Empfehlungen und Maßnahmen, um die Folgen möglichst abzufedern. Brexit-Minister Raab betonte aber, dass man nach wie vor alles tun werde, um einen No-deal-Brexit zu verhindern.
Hoffentlich ist dieser Notfallplan ein Indiz dafür, dass der Realitätssinn nach London zurückgekehrt ist, meint De Tijd in ihrem Leitartikel. Immerhin räumt jetzt auch die britische Regierung mal offiziell ein, dass nach dem Ausstieg aus der EU wohl doch nicht alles so rosig wird, wie so mancher es der Bevölkerung vorgegaukelt hatte. Es gibt allerdings auch Leute, die in dem Notfallplan einen strategischen Winkelzug sehen. Schließlich hatte ja schon Premierministerin Theresa May das Motto ausgegeben, dass ein "No deal" immer noch besser ist als ein schlechtes Abkommen. Es wäre aber wünschenswert, wenn das nicht ein neues strategisches Manöver wäre, sondern die Briten sich jetzt tatsächlich mal ernsthaft um eine Einigung bemühen würden.
Bei einem No-deal-Brexit gäbe es nur Verlierer, warnt De Standaard. Jeder weiß seit langem, dass selbst ein geordneter Ausstieg der Briten seinen Preis hätte. Zu eng verwoben sind die Insel und der Kontinent, politisch, wirtschaftlich, finanziell und auch logistisch. Und doch haben es die Briten auf die harte Tour versucht. Wenn der Brexit-Minister jetzt einen Notfallplan vorlegt, dann kann das ein Signal sein, dass London notfalls einen "No deal" in Kauf nimmt. Auf europäische Milde muss man aber nicht hoffen. Die EU kann keinen Präzedenzfall schaffen, indem sie sich dem Willen eines Ausreißers beugt.
Auch Bluffpoker wird die Briten nicht retten, meint auch Het Nieuwsblad. Es mag so aussehen, als fuchtele London jetzt nur mit einem Notfallplan, um den Druck auf die EU zu erhöhen. Und klar: Insbesondere für Belgien, das sehr intensive Handelsbeziehungen mit Großbritannien unterhält, wäre ein unkontrollierter Brexit mit Sicherheit die schlechteste Option. Von dem Erschießungskommando, das die Briten gerade theatralisch vor sich selber aufstellen, wird Europa aber allenfalls die Querschläger abbekommen. Mit ihrem Notfallplan scheint die Regierung in London ihren Bürgern fast schon wieder eine "Blitz"-Mentalität einimpfen zu wollen, nach dem Motto "Keep calm and carry on", ruhig bleiben und weitermachen. Damit streut man den Menschen aber allenfalls Sand in die Augen.
Die Jagd auf den Mörder geht weiter
Viele flämische Zeitungen blicken derweil weiter in die Niederlande, wo man intensiv die Suche nach dem mutmaßlichen Mörder des elfjährigen Nicky verfolgt. Der Fall liegt 20 Jahre zurück, konnte aber jetzt möglicherweise aufgeklärt werden. Der Verdächtige hat sich aber ins Ausland abgesetzt; er soll sich in den Vogesen verstecken. "Es gab schon 200 Hinweise aus der Bevölkerung", bemerkt dazu Gazet van Antwerpen. "Eine Hundestaffel war zehn Tage lang auf seiner Spur", schreibt Het Nieuwsblad auf Seite eins.
Gut gemeint, aber...
Einige Zeitungen beschäftigen sich heute mit dem Drama von Moresnet-Chapelle mit drei Toten: "Fassungslos nach Messerattacke", titelt etwa das GrenzEcho. Le Soir fasst das Ganze etwas weiter: "In diesem Jahr gab es schon 25 Morde an Frauen", schreibt das Blatt. Auch der Doppelmord von Moresnet sei letztlich ein Fall von "Macho-Gewalt".
Le Soir befasst sich in seinem Leitartikel mit der Kommunikation rund um die Tragödie: Der Bürgermeister von Bleyberg hatte die Bevölkerung zu beruhigen versucht, als er betonte, dass es sich um ein Familiendrama handele. Kein Terrorismus also. Man muss sich demnach keine Sorgen machen. Natürlich hat der Bürgermeister es gut gemeint. Indirekt hat er damit aber häusliche Gewalt gewissermaßen verharmlost. Dazu nur so viel: Im Jahr 2018 hat "Macho-Gewalt" in Belgien mehr Todesopfer gefordert als Terrorismus. Häusliche Gewalt ist auch eine Form von Terrorismus, Terror in der Privatsphäre.
Kinder und die Gefahren des Straßenverkehrs
Bemerkenswerte Schlagzeile heute auf Seite eins von L'Avenir: "Täglich werden zwei Kinder angefahren", schreibt das Blatt. Im vergangenen Jahr wurden 828 Kinder das Opfer eines Verkehrsunfalls. Da gibt es nur eine Lösung, meint L'Avenir: mehr Tempo 30-Zonen.
Indirekt befasst sich auch Het Laatste Nieuws mit dieser Thematik: Einer Erhebung zufolge werden in Flandern nämlich beim diesjährigen Schulanfang weniger Kinder mit dem Rad zum Unterricht fahren als noch 2017. Und dieser Trend ist schon seit Jahren zu beobachten. Eigentlich sind wir hier in einem Teufelskreis gefangen, meint das Blatt. Je mehr Eltern ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, desto mehr andere Eltern bekommen den Eindruck, dass es wohl besser wäre, ihre Kinder mit dem Auto zur Schule zu bringen. Dabei ist objektiv betrachtet Radfahren nicht gefährlicher als früher. Das Gegenteil ist richtig. Viel mehr mag es so aussehen, als würden die Kinder heutzutage von ihren Eltern überbehütet. Ein Kinderleben ist heute heiliger und kostbarer als jemals zuvor. Das ist fantastisch, aber zugleich doch ziemlich beklemmend, nicht wahr?
Roger Pint