"Das Schwitzen hat ein Ende", titelt das GrenzEcho. "Endlich kühler", freut sich Het Nieuwsblad in seinem Innenteil. "Die Küste atmet erleichtert auf", bemerkt Gazet van Antwerpen.
Die Hitzewelle ist fürs Erste vorbei. Zumindest in den nächsten Tagen werden erst einmal etwas kühlere Temperaturen erwartet. Am Dienstag ist erneut ein Hitzerekord gepurzelt: Es war der mit Abstand wärmste 7. August seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1833.
Von einer Normalisierung kann freilich erst einmal noch keine Rede sein: Die anhaltende Dürre hat Spuren hinterlassen. Und das gilt nicht nur für die verdorrten Rasenflächen, die L'Avenir am Mittwoch auf die Titelseite hebt. "Diese Produkte werden wegen der Hitzewelle teurer", bemerkt La Libre Belgique auf Seite eins. Zu sehen sind Kartoffeln. Der Ertrag war so schlecht, dass die Preise wohl explodieren werden. Bei Äpfeln und Birnen wird die Ernte auch eher mager ausfallen. Die wallonischen Winzer hingegen sind fast schon euphorisch: 2018 werde wohl ein außergewöhnlich guter Jahrgang. Einzige Grundbedingung: Es darf jetzt bitte bloß nicht hageln.
Die Schlafwandler
"Dieser Sommer 2018 wird mit Sicherheit in die Geschichte eingehen", bemerkt Het Nieuwsblad in seinem Leitartikel. Das allerdings nicht nur wegen des tollen Feelings, der relaxten Momente an der Küste - nein, dieser Sommer dürfte wohl auch als Wendepunkt in Erinnerung bleiben. Spätestens jetzt muss uns bewusst werden, dass die Klimaforscher Recht gehabt haben, dass es sich nicht um bloße Unglückspropheten handelt, die Panik schüren wollen. Nach diesem Jahrhundertsommer wartet also auf unsere politisch Verantwortlichen eine große Herausforderung: Wir brauchen jetzt endlich eine entschlossene Klimapolitik. Wir müssen mehr tun, als Bauern Entschädigungen für ihre Ernteausfälle zu zahlen.
"Die Schlafwandler", so fasst denn auch La Libre Belgique unser derzeitiges Verhalten zusammen. Bis vor Kurzem war man ja angeblich immer noch nicht hundertprozentig sicher, dass diese Schreckensszenarios über den drohenden Klimawandel wirklich stimmten. Also haben wir gewartet. Gewartet auf sauberere Autos. Gewartet auf Flugzeuge, die um die Welt fliegen und dabei nur einen dezenten Rosenduft hinterlassen. Und in der Zwischenzeit haben wir - eben wie Schlafwandler - weitergelebt, wie bisher. Den schönen Worten sind keine Taten gefolgt, zumindest keine, die der Herausforderung gerecht geworden wären. Jetzt sollten wir aber endlich wach geworden sein. Eher früher als später müssen Maßnahmen ergriffen werden, die wohl nicht die populärsten sein werden. Es ist noch nicht zu spät, aber es ist eine Minute nach zwölf.
Leider wurden insbesondere in der Wallonie die Menschen immer noch nicht psychologisch darauf vorbereitet, meint sinngemäß L'Avenir. Dürre? Welche Dürre, mag man sich im südlichen Landesteil fragen. Mit Ausnahme einiger Gemeinden wurden so gut wie keine Dringlichkeitsmaßnahmen ergriffen, die den Bürgern den Ernst der Lage einmal vor Augen geführt hätten. Von den durchaus realen Folgen der Hitzewelle hat man in der Wallonie schlichtweg nichts gemerkt. Da durften fröhlich weiter Autos gewaschen, oder der Garten bewässert werden. Sensibilisierung? Fehlanzeige! Statt den Moment zu nutzen, um den Leuten die richtigen Reflexe einzuimpfen, hat man so getan, als wären unsere Wasservorräte unendlich.
Keine mildernden Umstände
In Flandern sorgt ein außerordentlich brutaler Vorfall weiter für Diskussionsstoff: In Gent wurde ein Schwulenpaar brutal angegriffen. Die beiden 59-, beziehungsweise 56-jährigen Männer wurden übel zugerichtet und schwer verletzt. Es besteht offensichtlich kein Zweifel daran, dass der Grund für die Attacke Schwulenhass war. Bei den Tätern handelt es sich offenbar um Nachbarn des Paars.
Die Attacke in Gent war sehr gewalttätig, aber nicht außergewöhnlich, stellt De Morgen fest. Fast jeder Homosexuelle, ob nun Mann oder Frau, ist schon in Situationen geraten, in denen er oder sie eingeschüchtert oder sogar körperlich bedroht wurde. Der Vorfall in Gent ist allenfalls die Spitze des Eisbergs, eines bedauerlich großen noch dazu. Man kann in einer freien Gesellschaft niemanden dazu zwingen, seine Meinung zu ändern. Man kann ihn aber dazu zwingen, einzusehen, dass Gewalt gegen Andersdenkende oder Andersfühlende eine rote Linie ist, die nicht verhandelbar ist.
So etwas können wir nicht durchgehen lassen, empört sich auch Het Laatste Nieuws. Für Hass auf Homosexuelle darf es nicht den Hauch von Verständnis geben, keine mildernden Umstände, etwa wegen kultureller oder religiöser Befindlichkeiten. Wenn zwei Schwule aus Gent aufrichtig Angst davor haben, dass ihre Nachbarn sie umbringen wollen, nur weil sie einander lieben, dann wurde ganz klar eine Grenze überschritten. Belgien muss ein Land sein, in dem man lieben kann, wen man will. Ungefährdet, ungestört, unbefangen, öffentlich.
Der Anfang vom Ende
Viele Zeitungen erinnern schließlich noch an einen vielleicht nicht ganz so bekannten Jahrestag: "Der 8. August 1918, der Tag, an dem der Erste Weltkrieg eine entscheidende Wende nahm", bemerkt etwa De Standaard auf Seite eins. "Vor hundert Jahren begann die Hunderttageoffensive", schreibt auch L'Avenir.
Am 8. August 1918 begannen die Alliierten mit einer Serie von Angriffen, vor allem am Frontabschnitt um Amiens. "In Amiens erlebten die Deutschen ihren dunkelsten Tag", so formuliert es De Standaard. Het Nieuwsblad spricht von einer "Symphonie von tausend Kanonen". Diese Offensive war der Anfang des Endes des Ersten Weltkriegs.
Roger Pint